FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Virtual Cookie: Kekse Essen in der Virtuellen Realität

Japanische Forscher gaukeln ihren Probanden mit künstlichen Dürften und VR-Brillen vor, dass sie etwas ganz anderes essen, als das, was sie sich eigentlich in den Mund schieben.
Ein Proband beim Kekstest. Bild: Munchies | YouTube

Ein Keks, der mit fünf verschiedenen Geschmacksrichtungen aufwartet, obwohl sich seine Zusammensetzung nie verändert? Willkommen in der experimentellen Küche des Cyber Interface Labs an der Universität Tokio. Hier kredenzen die Wissenschaftler neue Speisen, indem sie die Gehirne ihrer Probanden hacken statt die Zutaten oder das Essen selbst zu verändern.

Die Ausgangsfragestellung der Labor-Connaisseure lautet dabei: „Wie können wir die menschlichen Sinne so manipulieren, dass wir neue Essenserlebnisse schaffen?" Bei einem Besuch an seinem Institut erklärte uns der Assistenzprofessor Takuji Narumi, wie er dieses Grenzgebiet erforschen will: Mit einer Kombination aus Virtual-Reality-Brillen und wohl vorbereiteten Düften, die Wunder wirken, sollen gänzlich neue Geschmackserlebnisse entstehen.

Anzeige

Mit VR-Brillen wollen die Tokioter Forscher unseren Geschmacksnerven ein Update verpassen.

So projizieren die Forscher zum Beispiel ein Schokoladen-Bildnis auf einen Keks und leiten künstliche Kakao-Aromen über Schläuche in die Nase eines Probanden—und schon schmeckt ein durchschnittlicher Butterkeks plötzlich, als wäre er mit brauner Schokomasse überzogen.

Skeptisch betrachtet unser Host die Farbveränderungen des Kekses durch seine VR-Brille.

Ein Blick in das Cyber Interface Lab der Universität Tokio. Alle Bilder: Munchies | YouTube.

Die Tokioter Forscher könnten mit ihrem Ansatz, nicht das Essen, sondern die menschliche Wahrnehmung zu manipulieren, sowohl die Ernährungswissenschaft als auch die Gastronomiebranche grundlegend revolutionieren.

Menschen, die zum Beispiel im All unterwegs oder auch aus gesundheitlichen Gründen auf bestimmte Nahrungsmittel angewiesen sind, dürften sich über Virtual-Reality-Aromen freuen. Und auch eine Diät könnte durch die VR-Brille erleichtert werden, wie die Forscher hoffen: Wer weniger essen möchte, kann in Zukunft die Größe eines Gerichts mit Virtual-Reality-Brillen verändern—das Essen wirkt reichhaltiger und ein Sättigungsgefühl stellt sich schneller ein.

Auch im Falle von Dürren und Nahrungsknappheit kann die Technologie hilfreich sein. Die VR-Brillen könnten Lebensmittel genießbar machen, die die Menschen eigentlich nicht gewohnt sind und deshalb ablehnen: „Jeder Mensch bevorzugt unterschiedliche Gerichte", sagt Narumi und schiebt eine weitere wichtige Forschungsfrage der Tokioter Wissenschaftler hin: „Wie können wir dafür sorgen, dass allen das gleiche Essen schmeckt?"

Anzeige

So sieht der Cookie durch die VR-Brille aus. Innerhalb weniger Sekunden können die Kekse für den Träger der Brille ihr Aussehen und ihren Geruch verändern, und schon wird aus dem Haselnusskeks ein Erdbeerkeks.

Das Unglück von Fukushima hat in Japan das Verhältnis zu Nahrung und Technologie grundlegend verändert. Viele Menschen sind beim Supermarkteinkauf skeptischer und wählerischer, womit sie sich ernähren.

Narumi und sein Team am Cyber Interface Lab lassen sich durch die zunehmende Technologie-Skepsis in der eigentlich innovationsverliebten japanischen Bevölkerung nicht bremsen. Mit einer weiteren Food-Tech-Innovation aus dem japanischen Labor nehmen sie sich den menschlichen Appetit vor: Dank Projektionen lassen die Forscher Essensportionen auf speziellen Tischen kleiner oder größer aussehen als sie eigentlich sind.

Die Forscher lassen jetzt schon mit einfachen Tricks zwei Spaghetti-Portionen, die eigentlich exakt gleich groß sind, unterschiedlich üppig aussehen.

Ihre Entwicklungen eröffnen so nicht nur neue menschliche Geschmackserlebnisse, sondern stellen ein Update der Biologie des Menschen dar, erklärt uns ein begeisterter Narumi während der Tour durch sein Labor. „Wir sind darauf programmiert, so viel zu essen wie möglich. Unsere Instinkte, die früher evolutionär sinnvoll waren, machen uns heute dick."