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Dorian Concept über die ‚Schönheit des Scheiterns’ auf seinem großartigen neuen Album

Der Österreicher spricht mit uns über Limitation, Imitation und MySpace-Konversation mit Flying Lotus.

Wir befinden uns gerade zweifellos in einer ertragreichen Zeit für Künstler, die sich im tanzbaren Bereich irgendwo zwischen dem Organischen und dem Elektronischen bewegen. Acts wie Bonobo, Caribou, Tycho und DARKSIDE konnten von fast allen Seiten frenetischen Applaus ernten. Anscheinend gibt es für Ravekids doch noch mehr als heftige Drops und fette Basslines.

In dieser Reihe von Künstlern wird sich schon bald ein neuer Name einfinden. Dorian Concept ist zwar kein brandneues Projekt—das Debütalbum When Planets Explode kam schon 2009 raus—aber sein schon bald auf Ninja Tune erscheinendes Joined Ends wird ihn schleunigst in die obige Liste katapultieren. Das Album durchkreuzt so unterschiedliche Genres wie Folk, Postrock und House und wird dabei von einer gewissen Melancholie und Oliver Johnsons Vorliebe für Hardware Synths zusammengehalten. Es hat was von Sadboy-Pop für die heimlich Verliebten.

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Die Tracks auf dem Album vermitteln oft eine Illusion von Üppigkeit, tatsächlich aber ist die Instrumentation sehr reduziert, was nur von Jonsons geschickten Arrangements kaschiert wird. Dieser Kontrast ist ein integraler Bestandteil des Ethos von Dorian Concept. „Software-technisch war ich immer schon sehr eingeschränkt", sagt er gegenüber THUMP. „Durch meine musikalische Vergangenheit als Keyboarder und dadurch, dass ich als Kind Klavier gespielt habe, habe ich immer schon ein richtiges Instrument in meinen Händen gebraucht. Mir hat daran schon immer gefallen, dass damit auch gewisse Einschränkungen einhergehen. Ich habe noch nie wirklich mit Software-Synthesizern gearbeitet. Wenn du MIDI-Noten hast und einfach durch verschiedene Sounds skippen kannst, bin ich für meinen Teil schnell überfordert. Ich tendiere immer dazu, auf etwas zurückzugreifen, das limitierter ist."

In einer Ära, in der die Büchse der Pandora im Bereich Studiotechnik schon längst geöffnet worden ist, erfreut sich Johnson an Einschränkungen und daran, wie er selber damit umgeht. „Für mich war es noch nie von Vorteil, bei meiner Arbeit zu viele Möglichkeiten zur Hand zu haben. Es hängt eigentlich alles davon ab, wie du in den kreativen Schaffensprozess kommst. Selbst der MicroKorg, den ich gerade viel verwende, ist durch die ganzen Reisen ziemlich ramponiert. Es fehlen sogar Tasten, so dass ich improvisieren muss. Ich kompensiere die fehlenden Noten zum Beispiel dadurch, dass ich eine Oktave höher oder runter springe. Einschränkungen haben mich schon immer dazu gebracht, mein Denken zu verändern."

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Und weiter, „Wenn du aufwächst, lernst du viel durch Imitation. Heutzutage mit den ganzen Software Synths und den Ableton Tutorials kannst du Sachen viel zu schnell und zu genau nachahmen. Wenn du aber nur ein schrottreifes Keyboard hast und damit versuchst, den Klang eines Orchesters nachzuahmen, dann wirst du auf eine wunderschöne Art daran scheitern. Du wirst dem so nahe kommen, wie du nur kannst; weil es technisch aber einfach unmöglich ist, wirst du gleichzeitig etwas Anderes, etwas Einzigartiges erschaffen. Es ist das Scheitern der Imitation, das ich schon immer spannend fand."

Sein Verhältnis zum ebenfalls unnachahmlichen Label Ninja Tune begann offiziell zwar 2009, für den Österreicher ging die Kreativ-Beziehung aber schon viel früher los. „Mein erstes Konzert überhaupt war Kid Koala und Bullfrog. Da war ich 15 oder 16 Jahre alt", so Johnson. Und auch seine aktuellen Labelkollegen sind gleichzeitig Künstler, die ihn beeinflusst haben. „Simon [Green, Bonobo] und ich haben eine ähnliche Art zu arbeiten. Ich habe ihn immer dafür bewundert, dass er einer der wenigen Menschen ist, der eine Platte durch reine Studioarbeit so warm und schön klingen lassen kann. Machinedrum, Travis, ist auch ein guter Freund von mir. Auf dem Label ist schon ein netter Mix aus Leuten vertreten."

Wenn du jetzt aber denkst, du würdest zur schnellen Sorte gehören, dann muss ich dich enttäuschen. Flying Lotus hatte Dorian Concept schon 2008 für sich entdeckt. „Wir sind vor langer Zeit über MySpace in Kontakt gekommen", erklärt Johnson, „damals, als die Seite noch eine Rolle gespielt hat. Das muss 2008 gewesen sein. Er hatte einen meiner Tracks in seinem Essential Mix gespielt. Als er dann nach Europa kam, war das das erste Mal, dass er versuchte, seine Liveshow etwas auszuarbeiten, und hat dann mich und seinen Drummer Richard Spaven gebeten, ihn bei 10 Terminen zu begleiten. Es war hart, da seine Soloshows für sich schon sehr stark und seine Produktionen so dicht sind. Es gab schon einen Druck, diese Energie hochzuhalten. Für mich als Keyboarder war das eine große Herausforderung. Jede Nacht baute er das Set komplett um. Er ist schon immer ein großer Befürworter der Jazz-Tradition gewesen und möchte auch, dass das Publikum davon etwas abbekommt. Er will zeigen, dass Improvisation noch immer eine relevante und lebendige Kunstform ist."

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Ein Gespür für Improvisation ist auch ein fester Bestandteil von Dorian Concepts Konzerten, aber die Tour für Joined Ends wird mit seinem bislang ambitioniertesten Live-Setup aufwarten: „Bis jetzt habe ich immer nur Ableton und MicroKorg-Shows gespielt, bei denen ich dann zu meinen eigenen Tracks improvisiert und verschiedene Elemente gesteuert habe. Für dieses Album arbeite ich gerade daran, ein Trio zusammenzubekommen. Mein ganzes Leben lang, auch als ich als Teenager in Bands gespielt habe, läuft es schon so, dass ich allein im Studio sitze und merke, dass es mich nicht glücklich macht, und dann will ich mit Musikern spielen, merke aber schon bald, dass das sehr frustrierend ist, und gehe wieder zurück ins Studio. Es ist ein ewiger Kreislauf. Zum Glück sind die beiden Menschen, mit denen ich spiele, auch sehr gute Freunde von mir!" In den nächsten Wochen wird Dorian Concept jedenfalls ganz und gar nicht alleine im Studio sitzen, er ist für fünf Wochen in der Red Bull Music Academy in Tokio dabei, um mit den jungen Teilnehmern Musik zu machen, im Studio zu arbeiten und natürlich auch live spielen—an einem Abend mit dem Tokyo Secret Strings Quartet.

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