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100 Jahre SVP

Fragen, die Mr.Da-Nos' Auftritt an der 100-Jahre-SVP-Afterparty aufwirft

Agglo-Mukke für die Volkspartei: Mr.Da-Nos rundete klammheimlich die 100-Jahres-Feier der SVP mit seinem Auftritt ab.

Am Samstag feierte die SVP, die Lieblingspartei aller Schwarz-Schaf-Denker, ihr 100-jähriges Bestehen. Rund 1.000 Gäste hörten sich im Zürcher Kongresshaus Lobeshymnen auf die glorreiche Erfolgsgeschichte der rechtskonservativen Partei an, während draussen 100 Demonstranten von der Polizei festgemacht wurden (die Kollegen von VICE waren vor Ort). Danach gings für die Zürcher Fraktion ins Schützenhaus Albisgütli, wo die Mitglieder und Freunde der Partei die Korken knallen liessen – so gut kulturfremde Mittelstands-Politiker das eben können.

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Dort sorgte kein geringerer als Mr.Da-Nos für die musikalische Abendunterhaltung – wie wir investigativ einem After-Movie der Party entnommen haben. Ausser dem kurzen Cameo im Video ist über seinen Auftritt für die Volkspartei nichts bekannt. Es gab keine Ankündigung und keine Social-Media-Selfies von Da-Nos mit SVP-Hochkarätern. Und so sitze ich nun hier mit so vielen Fragen, die mir Roland Bunkus, wie der Seuzacher DJ bürgerlich heisst, nicht einmal bei einer telefonischen Nachfrage beantworten wollte. Deswegen versuche ich mich eben selbst mit ein paar Erklärungsversuchen in Sachen Wahrheitsfindung.

War es Mr.Da-Nos peinlich, für die SVP aufzulegen?

Normalerweise schmückt sich jede Hundsverlochete ausserhalb der Stadtgrenzen der grossen Schweizer Städte liebend gerne mit Mr.Da-Nos' Namen. Nur die SVP nannte den DJ in keiner Form auf ihren Flyern – die Headliner der 100-Jahres-Feier waren La Compagnia Rossini und die Superländlerkapelle Carlo Brunner (ich frage mich gerade, was Carlo Brunners Superländlerkappelle von einer normalen Ländlerkapelle abhebt). Wieso also wurde Da-Nos nie in der Kommunikation genannt? Vielleicht hatte er Angst, dass sein lupenreines apolitisches Image drunter leiden und er deswegen einen Teil seiner Fanschaft verlieren könnte und untersagte der SVP deswegen die Ankündigung seines Gigs. Vielleicht aber auch einfach, weil es sich bei der Afterparty um einen supergeheimen Rave nur für geladene Gäste hielt.

Wen hat die SVP neben Mr.Da-Nos noch angefragt?

Wir wollen jetzt nicht sagen, dass Mr.Da-Nos nicht als erste Wahl taugt. Aber da sind sicher noch andere Namen im Kreise des OKs der 100-Jahres-Feier-Afterparty gefallen. Gölä wahrscheinlich als erstes. Wer SVP-Propaganda so gut verbreitet, sollte mit einem Gig an der 100-Jahres-Feier geehrt werden. Aber Gölä macht halt keine Party-Mukke, taugt also nicht für die Afterparty. Es sollte also schon ein DJ sein. DJ Antoine wäre eine naheliegende Alternative. Der Basler hat schliesslich der SVP seinen Segen gegeben, "Welcome to St. Tropez" zu covern. Aber der war wahrscheinlich irgendwo im Ausland am Jetsetten. Also fiel die Wahl wohl eben doch auf Mr.Da-Nos.

Musste Mr.Da-Nos "Welcome to SVP" in sein Set einbauen?

Wenn wir schon von DJ Antoine und der SVP-Version seines Hits reden: Ich kann mir gut vorstellen, dass das OK von Mr.Da-Nos verlangte, zur Belustigung aller anwesenden Gäste (und Veranschauung ihres schlechten Musikgeschmacks), "Welcome to SVP" zu spielen – "am beste zwei, drü Mal, Roli!". Professionell wie Da-Nos ist, hat er wahrscheinlich Folge geleistet und dazu noch enthusiastisch in die Hände geklatscht. Die Frage ist nur: Was ging in diesem Moment in Mr.Da-Nos vor sich? Hat sich Da-Nos dabei gekränkt gefühlt, weil er irgendwie immer auf Augenhöhe mit DJ Antoine spielen wollte und nun einen schlechten Abklatsch von einem seiner Songs auflegen musste?

Gab es eine Blacklist von Songs, die Mr.Da-Nos nicht spielen durfte?

Wenn ja, sah sie wohl folgendermassen aus: "Ni**as in Paris" von Jay Z & Kanye West, "Oberwil-Lieli" von den Kummerbuben, "Run The World (Girls!)" von Beyoncé, "F**k Blocher" von Greis, Bligg (der hat mitgemacht?!) und Stress, jeder Song von jedem Künstler, der jemals in der Reitschule aufgetreten ist.

Hat Mr.Da-Nos das typische DJ-Hand-Herz-Zeichen für sein Publikum gemacht?

Auf dem After-Movie der SVP-Afterparty ist Mr.Da-Nos zu sehen, wie er mit In-Die-Hände-Klatschen versucht, die Politiker etwas zum Tanzen zu animieren. Macht er auch wie ein typischer DJ dieses Herzchen mit beiden Händen? Nach genauem Studieren von Aufnahmen seiner Auftritte habe ich festgestellt, dass – auch wenn Da-Nos ein Hände-In-Die-Luft-Typ ist, der der Kamera gerne das Teufels- oder Peace-Zeichen zeigt und sich in coole Posen schmeisst – er kein Herzchen-Typ ist. Sorry, auch kein Herz für die hartgesottensten SVP-Raver.

Zahlt die SVP DJs besser als andere Parteien?

Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist diese Frage mit einem einfachen Ja zu beantworten – und nicht etwa nur, weil sie etwas höher mit der Gage einsteigen muss, weil sie wohl in der Pop-Welt nicht so viele Fans hat. Wenn die SVP jedes Jahr Millionen für Propaganda in Werbeform ausgeben kann, dann kann sie wohl auch DJs stattlich bezahlen. Ich weiss zwar nicht, wie viel die SVP Mr.Da-Nos gezahlt hat, aber es muss sich für ihn gelohnt haben, beachtet man, dass ich deswegen jetzt diesen Artikel schreiben darf.

Hat Mr.Da-Nos nach seinem Set noch ein wenig mit Andreas Glarner über Musik philosophiert?

Ich habe recht blöd aus der Wäsche geschaut, als ich Andreas Glarner an den Swiss Music Awards entdeckte: Ich habe keinen Plan, was der Poster-Populist der SVP mit der Schweizer Musikindustrie zu tun hat. Aber vielleicht hege ich auch völlig falsche Vorurteile. Wer weiss, vielleicht ist er ja grosser Dabu-Fantastic-Fan und hat sich mit Nemo über seinen gewonnen Award gefreut. Und dann hat er sich nach Da-Nos' Auftritt an der 100-Jahres-Feier-Afterparty mit dem Star des Abends noch etwas über EDM und den DJ-Lifestyle unterhalten.

Wählt Mr.Da-Nos SVP?

Das kann ich nicht mal aus Scherz beantworten. Da-Nos hat sich nie zu politischen Themen geäussert und trat noch nie im Zusammenhang mit der SVP in Erscheinung. Wenn, dann hat er allerhöchstens mal mit den Grünen leicht angebandelt: 2013 tauschte er seinen Lambo gegen einen Smart ein, zeigte sich als umweltbewusster DJ und war Testimonial der Klima-NGO South Pole. Ausserdem versichert er mir, Bastien Girod zu seinen privaten Freunden zu zählen.

Wie kommt ein DJ dazu, ein Booking der SVP anzunehmen?

Ganz ehrlich: Ich finde es besonders in der heutigen Zeit inakzeptabel, sich von einer Partei wie der SVP kaufen zu lassen – auch wenn nur hintergründig und für eine interne Feier. Wie Simon Jäggi von den Kummerbuben zuletzt im Interview mit Noisey sagte, ist es Zeit als "Star" und Musiker Farbe zu bekennen. So hätte das Ganze rauskommen müssen, wie die Vereidigungsfeier von Donald Trump: Kein Schwein, das bei Verstand ist, wollte für den neuen US-Präsidenten spielen. Deswegen finde ich, man darf enttäuscht von Mr.Da-Nos sein – wenn du als cooler Hipster den DJ überhaupt vorher noch ernst nehmen konntest. Die letzte Frage, die ich nicht beantworten kann, ist: Darf man Mr.Da-Nos jetzt als SVP-Sympathisant abstempeln?


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