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Menschen erzählen, wie es ist, vom Schnee eingeschlossen zu sein

"Das Gute an solchen Zeiten ist, dass man mehr zusammenrückt und sich gegenseitig beruhigt, weil eh alle in derselben Situation sind." – Ersen
Ein junger Mann steht neben meterhohem Schnee
Foto mit freundlicher Genehmigung von Ersen

Während es in Wien ungemütlich vor sich hin tröpfelt, versinken weite Teile Österreichs im Schnee. Alleine in der Steiermark sind derzeit rund 2.000 Menschen in ihren Dörfern eingeschneit und in zahlreichen Gemeinden wurde der Katastrophenzustand ausgerufen. Im konkreten Fall bedeutet das, dass die meisten Menschen zwar vor ihre Tür, nicht aber aus ihren Dörfern rauskommen.

Von Vorarlberg, über Tirol, das Salzburger Land bis in die Steiermark: So ungern wir es zugeben, aber der OE24-Wetter-Liveticker, ist mit "WINTER-CHAOS TOBT WEITER" dieses Mal ziemlich nahe an der Realität. In vielen Fällen ist das aber weniger dramatisch, als es klingt. Wir haben uns mit Menschen aus den betroffenen Gebieten unterhalten, um herauszufinden, was man so macht, wenn man den eigenen Ort nicht verlassen kann.

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Monika, 50, Radmer (Steiermark)

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Foto mit freundlicher Genehmigung von Monika

"Es war schon einige Tage vorher abzusehen, dass etwas passiert und seit Sonntag, 15 Uhr, ist die Straße ganz zu. Das passiert aber nicht zack, bumm, von einer Sekunde auf die andere, sondern wir wussten früher Bescheid, darum wurde dafür gesorgt, dass ein Arzt da ist und unser Nahversorger beliefert wird. Dort können wir einkaufen – sofern es noch etwas gibt. Obst und Gemüse bekommt man natürlich nicht mehr.


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In unserem Haushalt haben wir aber alles, was wir brauchen. Manche Situationen sind nicht ganz so einfach: Ein Patient brauchte Sauerstoff, der ihm dann mit dem Helikopter geliefert werden musste. Ansonsten ist es weniger spektakulär, wir verbringen sehr viel Zeit mit Schneeschaufeln, unser Nachbar hilft uns mit seinem Bagger, eine Fräse haben wir zum Glück selbst. Bei uns unterstützen sich sowieso immer alle gegenseitig und in solchen Situationen noch mehr. Das letzte Mal, dass wir gar nicht aus dem Dorf rauskonnten, war 2012. Ich finde aber, es nützt nichts, sich zu beschweren. Wir müssen uns mit der Situation abfinden, das Wetter können wir schließlich nicht selber machen."

Ersen, 23, Lech am Arlberg (Vorarlberg)

Meterhoher Schnee in Lech am Arlberg

Foto mit freundlicher Genehmigung von Ersen

"Ich bin das zweite Mal auf Saison in Lech und wir sind hier seit gestern eingeschneit. Das heißt, wir können nicht aus dem Dorf raus, weil es viel zu gefährlich ist wegen Lawinenabgängen. Dieses Jahr unterscheidet sich durch die Schneemassen schon sehr von anderen. Alleine im letzten Monat hat es an 21 Tagen geschneit und die letzte Woche einfach komplett durch. Man muss vielleicht sogar den Skibetrieb einstellen.

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Viele Gäste haben Angst, dass sie hier nie wieder rauskommen oder sonst etwas passiert, aber die Einheimischen sind daran gewöhnt. Letztes Jahr waren wir allein fünf Tage eingeschneit und Versorgungsmittel wurden mit Helikoptern gebracht. Manchmal wird das so gehandhabt, dass die Straße, wenn es nicht zu gefährlich ist, einen Tag offen ist, damit Gäste an- und abreisen können. Das Gute an solchen Zeiten ist, dass man mehr zusammenrückt und sich gegenseitig beruhigt, weil eh alle in derselben Situation sind."

Thomas, 17, Hohentauern (Steiermark)

Ein Junge steht in Hohentauern

Foto mit freundlicher Genehmigung von Thomas

"Wir sind in Hohentauern seit 7. Jänner im Katastrophenzustand. Ich bin hier geboren und aufgewachsen und kann mich nicht erinnern, dass die Straßen vorher jemals wegen Schnee gesperrt wurden. Trotzdem sind wir gut vorbereitet. Die Grundversorgung ist da, Bauern und lokale Gasthäuser helfen aus. Spezielle Sachen gibt es nicht zu kaufen, weil nichts geliefert werden kann. Wenn jemand Sprit für die Schneefräsen braucht, kann er sich den beim Betreiber unseres Skilifts holen. Die Feuerwehr schaufelt den Schnee von Dächern, damit sie unter dem Gewicht nicht zusammenbrechen. Es helfen wirklich alle zusammen.

Mich nervt, dass das Internet wegen dem Wetter so schlecht ist, weil man nichts Anderes machen kann, als zuhause Videos schauen. Wir können nicht mal rodeln, weil sogar die Straße zu unserer Rodelstrecke gesperrt ist. Für manche Leute im Dorf ist es aber noch blöder: Bei einem Wirt ist die Straße zu seinem Gasthaus gesperrt und er muss jetzt dort auf der Bank schlafen. Ich spiele Zugposaune in unserer Musikkapelle, aber weil keine Gäste da sind, mussten wir unser Konzert absagen. Das ist schade."

Silvia, 56, Stuben (Vorarlberg)

"Wenn die Schranke nach unten geht, heißt das, die Straße ist gesperrt und alle müssen im Ort bleiben. Die Lawinenkommission beschließt je nach Wetterlage, ob eine Straßensperre notwendig ist und die Entscheidung wird zügig an alle Bewohner weitergeleitet. Derzeit sind wir seit gestern Abend eingeschneit. Für mich persönlich ist das weniger schlimm. Man beobachtet ohnehin bereits einige Tage vorher den Wetterbericht und kauft bei Bedarf eben größere Mengen. Ich finde tief verschneite Dörfer sehr romantisch. Im ganzen Ort ist es ruhig, man trifft sich und spricht wieder mehr miteinander."

Stuben in Vorarlberg

Foto mit freundlicher Genehmigung von Silvia

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