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N24 und n-tv streichen Podolskis Türkei-Werbeclip

Bis gestern machte der Ex-Spieler von Galatasaray Istanbul im deutschen Fernsehen noch Werbung für die Türkei. Nachdem die Bundesregierung reagierte, wurde das den Nachrichtensendern zu heikel.
Foto: Screenshot aus dem Youtube-Video "'Come to Turkey, Discover your own story!' - GALATASARAY FC Players / W. Sneijder - L. Podolski" von "Türkiye İhracatçılar Meclisi"

"Ich habe hier meine Erfolgsgeschichte geschrieben", sagt ein grinsender Lukas Podolski im schönsten Poldi-Englisch in die Kamera. Anschließend werden Tore von ihm im Galatasaray-Trikot eingeblendet. Der an ein Compilation-Video erinnernde Werbespot ist eine riesige Imagekampagne für die Türkei. Und Poldi, der bis vor wenigen Wochen noch bei Galatasaray Istanbul spielte, wirbt darin mit Gala-Mannschaftskollege Wesley Sneijder für den Wirtschaftsstandort Türkei und Investitionen im Land. Damit das auch jeder sieht, wurde der Clip auch bei den deutschen Nachrichtensendern N24 und n-tv ausgestrahlt. Damit ist jetzt aber Schluss.

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Verantwortlich für die Werbeclip ist die Vereinigung türkischer Exporteure – unter der Schirmherrschaft der Erdogan-Regierung. Podolski ist neben Antalyaspor-Stürmer Samuel Eto'o und internationalen Großkonzernen wie Nestlé, Vodafone, Ford und Toyota das einzige deutsche Gesicht der Kampagne. N24 und n-tv nehmen nun – unter anderen nach massiver Kritik von ihren Zuschauern – die Clips aus dem Programm. „Auch wenn wir klar zwischen Programm und Werbung trennen, ist es uns auch wichtig, unser Publikum in Anbetracht der neuesten Entwicklungen nicht zu irritieren", erklärte N24-Sprecherin Kristina Faßler gegenüber Der Westen.

Das Unternehmen WeltN24, für das ausgerechnet auch der seit mehr als 150 Tagen in der Türkei inhaftierte Journalist Deniz Yücel tätig ist, reagiert damit auch auf den neuesten Ton der Bundesregierung. Außenminister Sigmar Gabriel hatte gestern nach der Verhaftung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner die Reisehinweise des Auswärtigen Amts für das Land verschärft.

Seit dem Putsch-Versuch, Anschlägen und zahlreichen Festnahmen von Journalisten, Oppositionellen und Kritikern kehren Unternehmen und Touristen dem zunehmend autoritären Land den Rücken zu. So ist die Zahl der deutschen Touristen um fast einen Drittel auf knapp vier Millionen gesunken. Seit der Ausstrahlung muss sich "Everybody's Darling" Podolski mit viel Kritik in den sozialen Netzwerken auseinandersetzen. Ein wenig grotesk wirken die Worte von ihm, der mittlerweile in Japan für Vissel Kobe sein Geld verdient, schon. „Come to Turkey, discover your own story", sagt er am Ende des Clips. Für den deutschen Journalisten Deniz Yücel dürfte dieser Satz mehr als zynisch klingen.