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Vom Zeugwart zum schlechtesten Spieler in 'FIFA 18': Die Karriere des Tommy Käßemodel

Er hat einen Profi-Vertrag für die Fußball-Bundesliga, spielt auf dem Rasen aber keine Rolle. In der 'FIFA'-Community ist der 29-Jährige mittlerweile unfreiwillig zum heimlichen Star aufgestiegen.
48 Punkte schlechter als Cristiano Ronaldo: Tommy Käßemodel und sein virtueller Avatar | Großes Foto: Imago / Picture Point LE | Kleines Foto: EA | Bearbeitung: Motherboard

Unter passionierten FIFA-Spielern ist der Name Tommy Käßemodel mittlerweile ebenso berühmt wie ein Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi – allerdings nicht wegen seiner Fähigkeiten am Ball. Im Gegenteil: Käßemodel ist nachweislich der schlechteste deutsche Spieler des gesamten virtuellen Kaders von FIFA 18. Auch im internationalen Vergleich gehört er zu den Schlusslichtern. Und das ist eigentlich kein Wunder, denn in Wirklichkeit ist der 29-jährige Tommy Käßemodel gar kein Profifußballer, sondern gelangte über einen kuriosen Umweg in die Spieler-Datenbank des Videospiels.

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Bundesliga-Profi, aber nie auf dem Rasen

Käßemodel ist begeisterter Fußballfan und kickte in jungen Jahren bereits in der Jugendmannschaft des FC Erzgebirge Aue. Anschließend führte ihn sein Weg aber nicht direkt auf den Rasen, sondern eher daneben: Als Zeugwart arbeitet er heute für seinen alten Verein und übernimmt vornehmlich organisatorische Aufgaben – gegen den Ball tritt er nur noch in seiner Freizeit.

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Käßemodel dürfte nicht schlecht gestaunt haben, als im Jahr 2016 Pavel Dotchev, der damalige Trainer von Erzgebirge Aue, auf ihn zukam und ihm einen Vertrag als Profi-Fußballer vor die Nase hielt. Ein kurioses Angebot, hinter dem allerdings taktisches Kalkül und Paragrafenreiterei gestanden habe, wie Dotchev gegenüber der Presse erklärte: "Wir standen mit den Personalien etwas unter Druck. Er erfüllte die Bedingungen. Warum sollten wir das nicht nutzen?"

Mit den "Bedingungen" meinte Dotchev eine Auflage des Deutschen Fußballbundes (DFB), die besagt, dass im Kader jedes Zweit- und Drittligisten mindestens vier "Local Player" einsatzfähig sein müssen – gemeint sind Fußballer, die in der Jugendmannschaft des jeweiligen Vereins gespielt haben. Drei dieser Local Player konnte der FC Erzgebirge Aue vorweisen, doch lange blieb die Suche nach einem vierten solchen Spieler erfolglos.

Dann allerdings erinnerte sich der Trainer an Käßemodel, der zwar mittlerweile Zeugwart war, aber ansonsten alle Qualifikationen erfüllte. So kam es schließlich dazu, dass der 29-Jährige vergangenes Jahr nicht nur einen Arbeitsvertrag als Betreuer der Mannschaft, sondern auch als Profifußballer unterschrieb. Eingesetzt wurde er zwar nicht, doch seine Unterschrift ermöglichte seinem Verein die Teilnahme an der neuen Saison. Auf Dotchev folgten in der Zwischenzeit drei weitere Trainer, doch Käßemodel ist geblieben und bekam erneut einen Profivertrag ausgestellt – und der sollte ihm nun auch ein Ticket in die virtuelle Fußballwelt von 'FIFA 18' spendieren.

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48 Punkte schlechter als Cristiano Ronaldo

Eines der wichtigsten Verkaufsargumente der 'FIFA'-Reihe sind die vielen Lizenzen, die der Publisher des Spiels, Electronic Arts, in der Tasche hat. Während Konkurrenzspiele vor allem in den unteren Ligen nur Fantasie-Mannschaften mit ausgedachten Spielernamen zur Auswahl anbieten dürfen, liefert 'FIFA' das volle Lizenz-Programm. Darin eingeschlossen ist auch der Zweitligist FC Erzgebirge Aue, dessen kompletter Kader für 'FIFA 18' erfasst und ins Spiel übernommen wurde. Und so gelangte auch Käßemodel in die virtuelle Mannschaft – seine Spielstärke wurde von den Entwicklern nicht gerade optimistisch bemessen.


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Die 'FIFA'-Reihe verleiht allen Spielern einen numerischen Wert, der die Stärken und Schwächen der einzelnen Figur zusammenfasst. Während ein Star-Spieler wie Cristiano Ronaldo beispielsweise auf 94 von 100 Punkten kommt, knabbert Käßemodel eher am unteren Ende der Fahnenstange: Gerade einmal 46 Punkte erreicht der Zeugwart und ist damit nicht nur der schlechteste deutsche Spieler, sondern gehört außerdem zu den zehn schlechtesten Kickern im gesamten Spiel – von insgesamt 700 spielbaren Mannschaften in über 30 Ligen. Innerhalb der 'FIFA'-Community machten dieser Negativrekord und die kuriose Geschichte dahinter den Zeugwart zum Star.

Eigentlich wollten wir mit Käßemodel über seinen Weg zum zweifelhaften Ruhm sprechen, doch offenbar hat der 29-Jährige erst einmal genug vom Trubel. Anderen Medienberichten konnten wir bereits entnehmen, dass Käßemodel sämtliche Interviews ablehnt, und auch die Anfrage von Motherboard Deutschland wurde von der Pressestelle des FC Erzgebirge Aue mit einem kurzen, aber eindeutigen "Das ist leider nicht möglich" beantwortet – ein Satz, der in der Vergangenheit von Tommy Käßemodel, Zeugwart und Profi-Fußballer, ansonsten eher selten gefallen ist.