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Sexuelle Gewalt

Quentin Tarantino gesteht: Er wusste von Weinsteins Taten und hat geschwiegen

"Alle, die Harvey nahestanden, hatten zumindest von diesen Vorfällen gehört."
Harvey Weinstein mit Quentin Tarantino | Foto: Imago | IP3Press

In Hollywood gibt es viele mächtige Regisseure, Produzenten und Schauspieler. Und keiner von ihnen will gewusst haben, dass der Film-Mogul Harvey Weinstein mutmaßlich routinemäßig sexuelle Übergriffe gegen Frauen beging. Jetzt hat sich allerdings Kultregisseur Quentin Tarantino zu Wort gemeldet und gestanden: Er habe es gewusst und nichts unternommen.

"Ich wusste genug, um mehr dagegen zu tun, als ich getan habe", sagte Tarantino am 19. Oktober der New York Times. Tarantino und Weinstein haben jahrzehntelang zusammengearbeitet und sind Freunde. "Bei ihm wusste ich mehr als die üblichen Gerüchte, den Klatsch. Es war nicht aus zweiter Hand. Ich wusste, dass er ein paar dieser Dinge getan hat."

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Tarantino sprach auch über die Dutzenden männlichen Hollywood-Bosse, Filmemacher und Autoren, darunter Weinsteins Bruder Bob, die sich über die Enthüllungen schockiert geben.

"Alle, die Harvey nahestanden, hatten zumindest von diesen Vorfällen gehört", sagte er der Zeitung. "Es war unmöglich, das nicht mitzukriegen."


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Bob Weinstein sitzt weiterhin im Vorstand der Produktionsfirma The Weinstein Company. Berichten zufolge soll Harvey Weinstein glauben, sein Bruder habe etwas mit der Enthüllung des Skandals zu tun. Dagegen sagte Bob Weinstein vor Kurzem in einem Interview: "Ich hatte definitiv keine Ahnung, dass er auf diese Art gefährlich ist."

Inzwischen haben mindestens 40 Frauen Weinstein öffentlich sexuelle Belästigung oder Übergriffe vorgeworfen. Wie die New York Times Anfang Oktober berichtete, hat der Produzent mindestens acht Frauen außergerichtlich größere Summen gezahlt, darunter Rose McGowan. Die Schauspielerin und Regisseurin hat inzwischen dennoch deutlich gemacht, Weinstein habe sie vergewaltigt. 2007 spielte McGowan in dem Double-Feature-Film Grindhouse von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez mit.

Tarantino sagte der Times, er habe von der außergerichtlichen Einigung zwischen McGowan und Weinstein gewusst. Außerdem habe seine Ex-Freundin, die Schauspielerin Mira Sorvino, ihm erzählt, dass Weinstein sie gegen ihren Willen massiert habe, so Tarantino. Weiterhin habe Weinstein laut Sorvino wiederholt versucht, sie zu einer sexuellen Beziehung zu zwingen.

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Dazu sagte Sorvino selbst dem New Yorker: "Er fing an, meine Schultern zu massieren, was ich sehr unangenehm fand. Dann versuchte er, noch mehr Körperkontakt zu kriegen, und jagte mich sozusagen durchs Zimmer." Danach sei er zu ihrer Wohnung gekommen, ohne sich vorher beim Portier anzumelden, sodass er plötzlich vor ihrer Tür gestanden sei. Erst als sie ihm gesagt habe, ihr Freund werde gleich eintreffen, sei Weinstein gegangen. Sorvino ist der Ansicht, ihre Karriere habe darunter gelitten.

Als Sorvino ihm diese Dinge mitteilte, sei Tarantino "schockiert und entsetzt" gewesen, sagte er der Times. "Ich konnte nicht glauben, dass er das so offen machen würde. Ich fragte immer wieder: 'Wirklich? Wirklich?' Aber dann kam ich darauf, dass er damals wirklich auf Mira fixiert wirkte. Weil er besessen von ihr war, übertrat er die Grenze auf schreckliche Art und Weise."

Weiterhin sagte Tarantino der Times, er sei davon ausgegangen, dass sein Status als Sorvinos Freund sie vor Weinstein beschützen würde. Er habe gedacht: "Ich bin mit ihr zusammen und er weiß es. Er wird nichts mit ihr anstellen, weil sie meine Freundin ist."

Tarantino gestand außerdem, er habe von "mehreren Episoden" mit einer weiteren bekannten Schauspielerin gewusst, die er nicht namentlich nennen wollte. Dem Regisseur tue es leid, dass er nicht früher aktiv geworden sei.

"Ich wünschte, ich hätte Verantwortung übernommen für das, was ich erfahren habe", sagte er. "Wenn ich es damals richtig gemacht hätte, dann hätte ich nicht mehr mit ihm arbeiten dürfen."

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Harvey Weinstein hat Quentin Tarantinos Karriere im Grunde gestartet und vorangetrieben. Vergangene Woche sagte Tarantino, er sei "fassungslos und tief traurig über die Enthüllungen, die über einen Freund von 25 Jahren ans Licht gekommen sind". Er bat die Öffentlichkeit um "ein paar Tage mehr, um meinen Schmerz, meine Gefühle, meine Wut und meine Erinnerungen zu verarbeiten", bevor er den Skandal weiter kommentiere.

Tarantino war ein stiller Mitwisser, doch er betont, er habe nicht von dem vollen Umfang von Weinsteins mutmaßlichen Vergehen gewusst.

"Ich habe diese Vorfälle heruntergespielt", sagte er der Times. "Egal was ich jetzt sage, es wird wie eine dumme Ausrede klingen."

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