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Sex

Oralsex während der Schwangerschaft kann dem Baby schaden

Es gibt da eine Sache, die viele Gynäkologen verschweigen.

Wenn eine Frau in den letzten Wochen der Schwangerschaft Sex haben will, sind viele Positionen so gut wie unmöglich. Oralsex lässt sich allerdings fast immer irgendwie bewerkstelligen. Aber genau das könnte für Schwangere und ihre Babys ernste Folgen haben.

Und zwar so ernst, dass einige Experten für Geschlechtskrankheiten empfehlen, im letzten Drittel der Schwangerschaft komplett auf Oralsex zu verzichten. Ob du dabei in einer monogamen Beziehung bist oder nicht, spielt keine Rolle. Das klingt ein wenig extrem, aber Schwangere haben während dieser Wochen ein beeinträchtigtes Immunsystem und müssen sich deshalb besonders vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen.

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"Die größte Gefahr droht, wenn eine Frau im letzten Drittel der Schwangerschaft Herpes bekommt", sagt Terri Warren, Krankenpflegerin und Autorin eines Buchs zum Thema Herpes. "Wenn du im letzten Drittel Herpes kriegst, besteht eine fünfzigprozentige Chance, dass dein Baby es bei der Geburt auch bekommt. Das Immunsystem ist in dieser Zeit geschwächt und kann darauf nicht reagieren wie sonst. Bei einer neuen Infektion so kurz vor der Geburt sind Schwierigkeiten vorprogrammiert."

Dazu gehört, dass eventuell ein Kaiserschnitt nötig wird. Und wenn sich das Baby bei der Geburt (oder auch danach) ansteckt, könnte es daran sterben. Warum sprechen also nicht mehr Gynäkologen über dieses Thema?


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"Ich denke, bei schwangeren Frauen entwickeln wir eine Art 'Jungfrau-Maria-Komplex'", sagt Peter Leone, ein Medizinprofessor an der University of North Carolina. "Menschen haben Sex und davon werden Frauen schwanger, aber wenn sie dann erst einmal schwanger sind, können wir nicht mehr über Sex sprechen." Dieses Schweigen und das Vorurteil, Schwangere wären nicht sexuell aktiv, seien sehr gefährlich.

Leone ist auf Geschlechtskrankheiten spezialisiert und sagt, die meisten Frauen bekämen nicht alle Informationen zu Safer Sex während der Schwangerschaft. Selbst wenn eine Patientin sich am Anfang der Schwangerschaft testen lasse und kein Herpes habe, könne der Partner oder die Partnerin ja infiziert sein – oder sich während der Schwangerschaftsmonate außerhalb der Beziehung anstecken. Genitalherpes wird oft durch Oralsex übertragen – infizierte Personen können also das Virus auf Genitalien übertragen, mit denen ihr Mund in Kontakt kommt. Spät in der Schwangerschaft noch Cunnilingus zu machen, könnte deshalb sehr gefährlich werden, denn zu einem Herpes-Schub kommt es gerade dann, wenn das Immunsystem des Wirts geschwächt ist, wie in der Schwangerschaft.

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Die negativen Folgen, die hier aufgezählt sind, stellen natürlich Worst-Case-Szenarien dar. Du musst nicht während der gesamten Schwangerschaft auf Oralsex oder überhaupt Sex verzichten, wenn du gut informiert bist, dich testen lässt und Vorsichtsmaßnahmen beachtest.

Doch genau das ist eben das Problem: gut informiert sein. Terri Warren beruft sich auf ihre Erfahrung als Gastrednerin zum Thema Herpes.

Mediziner wehren sich gegen Tests

"Ich sprach darüber, dass man sich während der Schwangerschaft auf Herpes testen lassen kann", sagt sie. Ein Arzt sei daraufhin sehr wütend auf sie geworden. "Er sagte: 'Wieso würden Sie eine einwandfreie Schwangerschaft ruinieren, indem Sie der Frau sagen, dass sie eine lebenslange, sexuell übertragene Infektion hat?' Darauf antwortete ich: 'Warum würden Sie ein einwandfreies Baby ruinieren, wenn es in Ihrer Macht liegt, das zu verhindern?'"

Das Wort "ruinieren" mag ein wenig extrem klingen, aber Warren spricht davon, dass eine Herpes-Infektion bei der Geburt zu neurologischen Schäden und sogar zum Tod führen kann. Wenn Erwachsene sich mit Herpes anstecken, kann sich ihr Immunsystem in der Regel so gut dagegen wehren, dass sich das Virus maximal mit einem recht intensiven ersten Schub bemerkbar macht (der erste ist normalerweise der schlimmste). Doch für ein Neugeborenes könnte dieser erste Schub lebensbedrohlich werden.

Warren sagt, ihre Bemühungen für Aufklärung, regelmäßige Tests und Unterstützung für schwangere Patientinnen seien auf viel Widerstand gestoßen. Ärzte würden sich davor scheuen, die Frauen zu enttäuschen oder zu ängstigen – doch das, so Warren, widerspreche dem Ziel, dem sich Mediziner verschreiben würden. "Wir richten unser Handeln nicht danach, ob eine Information unangenehm ist. Das ist nicht unser Job."

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So beugst du Problemen vor

Und so können Schwangere sich laut Experten am besten vor Herpes schützen: Fragen stellen, in jedem Drittel einen Test machen lassen, jeden Sexualpartner ebenfalls in jedem Drittel testen lassen (und nur keine Scham, weil du auch schwanger Sex hast) – und im letzten Drittel jeglichen Oralsex vermeiden, egal ob in einer monogamen Beziehung oder außerhalb. Das ist vor allem deshalb eine gute Idee, weil laut Warren 30 Prozent aller HSV1-Infektionen bei konventionellen Antikörper-Tests unerkannt bleiben. Selbst mit regelmäßigen Tests kannst du dir da also einfach nicht sicher sein.

Wer sich im letzten Drittel noch mit Herpes ansteckt, sollte laut Medizinprofessor Leone verstehen, dass jetzt zwar ein anderes Verhalten nötig wird, aber dass man deswegen nicht verantwortungslos ist. "Sie sollten nicht glauben, dass sie schlechte Menschen sind", sagt er. Er ruft Frauen dazu auf, sich mit ihrer Diagnose auseinanderzusetzen, eine suppressive Therapie zu beginnen und keine invasiven Eingriffe zuzulassen.

Leone warnt: "Wenn Sie sich im letzten Drittel der Schwangerschaft mit Herpes infizieren, müssen folgende Dinge ausbleiben: Zangengeburten, fetale Blutgasanalyse und frühzeitiges Platzenlassen der Fruchtblase, um die Geburt einzuleiten." Wer zum Zeitpunkt der Geburt einen Herpes-Schub hat, müsse einen Kaiserschnitt statt eine vaginale Geburt wählen. "Man muss anders an alles herangehen, um das Risiko einzudämmen."

Analysiere deine Situation, sprich mit deiner Ärztin oder deiner Hebamme und stelle so viele Fragen wie nötig, um auf der sicheren Seite zu sein. Lass dir Sex nicht für die gesamten neun Monate vermiesen, wenn du Lust darauf hast – und gut aufpasst.

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