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Satire

Was diese Emoji-Studie über Deutschland verrät *Zwinkersmiley*

Menschen aus Dresden twittern am negativsten und alle sind ein bisschen ambivalent.
Emojis in Aktion || Foto: We Are Social | Flickr | CC BY 2.0 

Kim Kardashian hat ein eigenes Set, manche Menschen kämpfen jahrelang, um einen eigenen zu bekommen, und im letzten Jahr drehte ein Animationsstudio sogar einen als Blockbuster missverstandenen Kunstfilm über sie: Emojis. Diese kleinen runden Gesichter, mit denen du alles und nichts sagen kannst. Das Berliner Softwareunternehmen Brandwatch hat ausgewertet, wie die Twitter-Nutzer dieser Welt Emojis verwenden. Von Oktober 2015 bis September 2017 haben die Analysten über sechs Milliarden Emojis registriert. Das Ergebnis lässt sich am besten mit zwei Emojis zusammenfassen: ein "lachender Kackehaufen" für die Welt, ein "Kuss werfender Smiley" für eine westdeutsche Großstadt, die bislang wohl kaum jemand in seiner Must-follow-Liste hatte.

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Für alle, die das nicht verstehen, folgt jetzt eine ausführliche Zusammenfassung der Studie.

Warum ausgerechnet Duisburger mehr zu lachen haben als Dresdener

Wenn Menschen die SPD bashen, über Rechtschreibfehler in der Mittagsmenükarte der Bürokantine lästern möchten oder einfach nur der dreihunderteinundsiebzigste Berliner sein wollen, der bemerkt hat, dass nach 13 Tagen Wolken wieder mal die Sonne scheint, geht ihre Hand zum Smartphone und die Twitter-App steht parat. Die Deutschen drücken ihre Gefühle jedoch sehr unterschiedlich aus. Brandwatch hat in seiner Studie analysiert, welche Emojis in den 15 einwohnerstärksten Städten am häufigsten getwittert werden. Der überraschende Gute-Laune-Sieger: Duisburg im Ruhrpott. Dabei finden sich nur drei Gründe, warum Deutschland überhaupt von der zwischen den Metropolen Moers und Oberhausen eingeklemmten Stadt Notiz nimmt: In Duisburg kämpft ein Herrenfußballverein wieder mal um den Aufstieg in die Bundesliga, ein "Problemviertel" sorgt bundesweit für Schlagzeilen und verwesende Leichen liegen dort drei Jahre lang unbemerkt in Wohnungen herum.


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München und Leipzig landen im oberen Drittel, Frankfurt und Köln in der Mitte, Hamburg und Berlin im unteren Drittel. Den abgeschlagenen letzten Platz belegt Dresden. Die Stadt hat ein ebenso angekratztes Image wie Duisburg, wirtschaftlich geht es ihr jedoch gut und das Elbflorenz mit seinen Barockbauten ist zweifellos schöner anzusehen als der Duisburger "Magic Moutain". Wie kann es also sein, dass Duisburg "positiver" twittert als Dresden?

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Erklärungsansatz Nummer 1: Duisburger haben das Konzept Galgenhumor verstanden, Dresdener nicht.

Erklärungsansatz Nummer 2: In Duisburg hat sich – selbst von Motherboard unbemerkt – eine Anti-Troll-Armee zusammengetan, die für gute Laune und freie Liebe twittert. In Dresden marschiert und twittert Pegida.

Erklärungsansatz Nummer 3: Duisburger verreisen (notgedrungen) oft, Dresdener bleiben lieber zu Hause. Das wirkt sich auf den Emoji-Einsatz aus, denn laut Brandwatch verwenden Deutsche am ehesten positive Emojis, wenn sie über Hotels twittern. Verwaltung, Versicherungen und Banken – die drei Branchen, die am negativsten betwittert werden – haben Duisburger und Dresdener dagegen gleichermaßen vor der Haustür.

Aber Duisburg arbeitet bereits an seinem Abstieg. Das aktuelle Karnevalsmotto lautet: "Duisburger Karneval besuchen, ist wie tierisch guten Urlaub buchen". Lustig.

Twitter-Nutzer sind ambivalent

Es gibt ein Emoji, das die Welt eint, das Dresden und Duisburg, Kapstadt und Kathmandu miteinander vereint: das "Gesicht mit den Freudentränen". Doch niemand weiß so recht, wofür das weltweit am meisten genutzte Emoji überhaupt steht. Weint das Emoji in Wahrheit nicht so sehr, dass es schreit? Ist ihm die Hysterie ins gelbe Gesicht gefahren? Oder freut sich da einfach jemand, dass er Jahrzehnte nach seiner ersten SMS mit einem :D-Smiley endlich auch mal einen anderen lachenden Smiley verwenden kann?

Mit Emojis verhält es sich wie mit anderen Internetabkürzungen: Niemand rollt lachend über den Boden, wenn er "ROFL" schreibt, und das Gesicht der Kollegin am Nachbartisch bleibt regungslos, während sie "lol" tippt. So ist es auch mit dem "Gesicht mit den Freudentränen". Außerhalb eines Kinos hat jeder Mensch wohl bestenfalls ein oder zwei Bekannte mal vor Freude weinen gesehen haben.

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Weniger Verwirrung bietet der Rest des Emoji-Rankings. Auf den Plätzen zwei und drei folgen das – nennen wir es – "anatomisch nicht ganz korrekte Gesicht mit den Herzaugen" und das "klar erkennbar weinende Gesicht". Liebe, Trauer, Ambivalenz – auf Twitter liegt alles so nah beinander.

Schlechte Laune kommt zu später Stunde – und von Frauen

Vor allem im Bett liegt die schlechte Laune. Die Studie ordnet jedes vierte getwitterte Emoji als negativ ein, besonders bemerkbar macht sich das zwischen 18 Uhr und 6 Uhr morgens. Dann steigt die Zahl trauriger und wütender Rundgesichter auf Twitter um 21 Prozent. Besonders viele negative Emojis erschienen laut Brandwatch während der US-Präsidentschaftswahlen. Ein Tweet, in dem Wahlgewinner Donald Trump diese statistische Messung als "Fake News" abtut, steht zur Stunde noch aus.

Ebenfalls auffällig: Frauen auf Twitter verwenden 6,83 Prozent häufiger negative Emojis als jenes Geschlecht, das Twitter gerne mal zum digitalen Knopf- und Schwanzvergleich heranzieht. Im Detail nähren die Emoji-Zahlen einen schrecklichen Verdacht: Sind Frauen tatsächlich gefühlsduseliger? Wo Männer (die alten Skeptiker!) eher das "fragende Gesicht", das coole "Sonnenbrillen"-Emoji oder einfach die "100 Punkte" verwenden, twittern Frauen wahlweise küssende oder erschöpfte Emojis und doppelte, obendrein rosafarbene Herzen.

Unsicherheitsfaktor Ironie

Einen Faktor lässt Brandwatch in seiner Analyse unerwähnt: die Ironie. Denn wie aussagekräftig bleibt die Studie, wenn, grob geschätzt, ein Fünftel aller Emojis ironisch eingesetzt wird?

Zwar gilt: "IRONIE FUNKTIONIERT NICHT IM INTERNET!!11ELF" Das hat SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil erst am Mittwoch mit seiner Toaster-Aktion für den Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert bewiesen. Das weiß sogar Jan Böhmermann. Aber weiß das auch der Rest von Twitter-Deutschland?

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