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Eisenach

Video: Björn Höcke versucht, eine Gewerkschaftsdemo zu kapern – und scheitert grandios

Mit "Auf Wiedersehen!"-Rufen vertrieben die Opel-Mitarbeiter in Eisenach den AfD-Politiker. Es ist nicht sein erster Demo-Fail.
Höcke am Rand des Protests || Screenshot aus einem Twitter-Video von @Ziang_onge

Politiker nutzen Kundgebungen von Gewerkschaften gerne, um sich öffentlichkeitswirksam zu inszenieren: Bei Protesten können sie sich mit Arbeitnehmern solidarisieren und als Vertreter ihrer Interessen auftreten, Medien berichten über den Auftritt. Das dachte sich auch der thüringische AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke, als er offensichtlich unangekündigt bei einer Kundgebung von Opel-Mitarbeitern am Dienstag in Eisenach auftauchte. Doch die reagierten anders, als Höcke es sich erhofft hatte.

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Am Dienstag pilgerten rund 1.500 Arbeitnehmer und Gewerkschafter der IG Metall auf das Opelwerk in Eisenach, um gegen die Sparpläne des Autoherstellers zu protestieren. In roten Warnwesten schwenkten sie Fahnen und trugen ein Banner mit der Aufschrift "Wir kämpfen für Opel in Eisenach". Opel weigert sich, das Gehalt der Arbeitnehmer um 4,3 Prozent zu erhöhen – und plant stattdessen bundesweite Stellenkürzungen. Laut IG Metall könnte der Konzern die Beschäftigtenzahl am Standort Eisenach fast halbieren.


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Für Höcke und die AfD also die Chance schlechthin zu zeigen, dass sich die Rechtspopulisten den Sorgen und Nöten der Beschäftigten annehmen. Unter den blauen Fahnen des vom AfD-Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Büroleiter Höckes, Jürgen Pohl, gegründeten Alternativen Arbeitnehmerverbands Mitteldeutschland (Alarm) wollten sie sich den Demonstrierenden anschließen. Die Beschäftigten begannen jedoch sofort damit, Höcke unter "Auf Wiedersehen!"-Rufen und Trillerpfeiffen-Lärm vom Gelände zu drängen, wie ein Video des Twitter-Accounts @Ziang_onge zeigt. Die Botschaft: Auf unserer Veranstaltung seid ihr nicht willkommen.

Die AfD und andere Rechte bemühen sich verstärkt um Arbeitnehmer

Bei Björn Höcke ist das jedoch offenbar nicht angekommen. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte er sechs Fotos des Protests, die den Eindruck erwecken, er habe brav protestiert und sei bei der Veranstaltung willkommen gewesen. Das jähe Ende seiner Aktion erwähnte er nicht. Dass der ehemalige Lehrer Gewerkschaftsproteste instrumentalisieren will, ist eine altbekannte Taktik: Im November 2017 lief Höcke bei einem Schweigemarsch von Siemens-Mitarbeitern mit und postete ein Foto des Protests – obwohl er sich am Rest des Protests nicht beteiligte und sich Gewerkschaften von ihm distanzierten. Die IG-Metall teilte damals mit: "Gegen den Willen der Anmelder und gegen die Interessenlage der Siemens-Beschäftigten haben sich auch AfD-Politiker medienwirksam mit Symbolen ihrer Partei unter die Demonstranten gemischt."

Höckes Teilnahme ist nicht der einzige Versuch der AfD und ihres Umfelds, Arbeitnehmer für sich zu vereinnahmen. Das neurechte Kampagnenprojekt Ein Prozent forderte in einem mit pathetischer Musik unterlegtem Video alle "Patrioten" dazu auf, für Betriebsratswahlen zu kandidieren. Oliver Hilburger, ehemaliger Gitarrist der Neonazi-Band Noie Werte, ist in der Vergangenheit immer wieder mit AfD-Politikern aufgetreten – und hat es mit seiner "alternativen Gewerkschaft" Zentrum Automobil bis in den Betriebsrat von Daimler geschafft. All das veranlasste ver.di bereits vor einem Jahr zu reagieren: Die Dienstleistergewerkschaft veröffentlichte eine ganze Anleitung, wie man Rechte im Betrieb erst identifizieren, isolieren und schließlich dem Chef melden kann.

Wie erfolgreich die Anleitung war, lässt sich schwer beurteilen: Bei der Bundestagswahl holte die AfD 19 Prozent unter Arbeitern und 15 Prozent unter Gewerkschaftern, in der Gesamtbevölkerung kam die Partei lediglich auf 12,6 Prozent. Und aktuell können deutsche Arbeitnehmer bei den bundesweiten Betriebsratswahlen bis zum 31. Mai 180.000 Betriebsräte wählen. Zentrum Automobil tritt nach eigenen Angaben etwa im Daimler-Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim, bei BMW in Leipzig oder im Opel-Werk in Rüsselsheim an. Ganz so einfach wie Höcke in Eisenach dürften ver.di und IG Metall die Neurechten hier nicht zurückdrängen können.

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