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"Ich wollte mir doch einen reinstellen" – Auf Bustour mit Zugezogen Maskulin

Zugezogen Maskulin haben ihre neuen Songs live und Open Air unter die Leute gebracht. Wir waren dabei.
Alle Fotos: William Minke

Es ist grauenhaft früh. Bestimmt 8 Uhr morgens oder so. Was für eine Zeit. Ein kurzer Blick auf das Telefon verrät: Metzgermeister essen jetzt schon Mittag. Na gut, dann ist es halt das graue Wetter, was uns alle so verquollen wirken lässt. Auf dem Parkplatz vor dem Festsaal Kreuzberg in Berlin-Treptow (was für ein Paradoxon!) warten schon die ersten Fans, das Release des neuen Albums von Zugezogen Maskulin steht kurz bevor. Alle gegen Alle heißt das neue Werk. Erst mal heißt es aber ZM gegen die Major-Industrie, die hat nämlich das Bier vergessen. "Ich wollte mir doch einen reinstellen", murmelt Grim, Testo ist lösungsorientierter: "Ja, da soll Four Music jetzt halt mal paar Bier ran bringen!" Passiert dann auch. Prompt kommt die Sonne raus.

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Alle Fotos: William Minke

Geplant ist eine Listening-Session auf einem offenen Doppeldecker-Bus, während wir durch die Stadt fahren und die Band an verschiedenen Orten Songs aus dem neuen Album live performt. Es gibt keinen Grund, warum das nix werden sollte, aber so eine leicht ironische Nervosität liegt dennoch in der Luft: Was, wenn da am Ende nur drei Bauarbeiter und ein Schulschwänzer stehen? Testo unterhält die auserwählten Fans, die mit an Bord des Busses durften, mit ZM-Werbung und 187-Sprechchören, Grim ist froh, kein Megaphon in die Hand gedrückt bekommen zu haben. Läuft doch. Das neue Album geht bei dem Fahrtwind natürlich etwas unter, dafür werden die umstehenden Menschen bestens unterhalten.


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Erster Halt ist das Maxim Gorki Theater. Ganz umsonst Sorgen gemacht, da sind Menschen und die warten auf ZM und die spielen dann einfach und alle sind glücklich. Eine Gruppe hemdsärmliger Bauarbeiter hat sich mit verschränkten Armen auch noch dazugesellt, der hinterste nickt fröhlich mit, die Kollegen können ihn ja nicht sehen und verurteilen. Nach dem ersten Stopp schwingen sich alle wieder in den Bus, plötzlich sind zwei, drei Plätze mehr besetzt, verstohlen hört man schüchternes "Meint ihr das ist OK, dass ich einfach hier bin?"-Gemurmel. Fällt keinem auf und ich bin keine Petze, also weiter.

Die Magical Mystery-Tour zieht weiter durch die Stadt. Für alle unter euch, die nicht wissen, was das ist, hier ein kurzer Wiki-Auszug dieses Beatles-Projekts: "Inhalt war eine psychedelische Busreise voller skurrilem Humor". Wieder was gelernt, Kids. Skurriler Humor klingt zum Beispiel so: Als die Busfahrerin anmerkt, dass wir die Köpfe einziehen sollen sobald sie pfeift, damit wir nicht mit den Köpfen gegen eine Brücke knallen, sagt jemand "Brügge sehen und sterben". Also, ich finde das lustig, aber es gibt ja auch Bier.

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Next stop Mauerpark, von da geht es zur Warschauer Straße, dann zum Lausitzer Platz. Überall erwarten junge Menschen die Band: Boxen raus, Mikro an, Songs performen, bisschen pogen, Dankeschön, rein in Bus, weiterfahren, Party! Hätte alles glatt laufen können. Doch kaum in Kreuzberg angekommen, schneidet ein Polizeiauto den Bus. Die merkwürdigen Menschen, die vor der Kirche warten, hatten davor schon den Unmut der Beamten auf sich gezogen. Mehr als zehn Menschen auf einem Fleck in Kreuzberg, das riecht immer sofort nach politischer Agitation und zehn leere Flaschen Wein können schnell zehn Mollies sein, ihr kennt das Spiel. Erst mal geht nix mehr. Man will wissen, was das hier alles soll. So geht's ja nicht, einfach Konzerte spielen. Die Parole "Free ZM" macht die Runde.

Geht dann am Ende doch alles. Wenn auch ohne Partybus. Der fristet sein trauriges Dasein jetzt in einer Nebenstraße, vollkommen allein gelassen, ohne Beschallung und Alkoholkonsum. Manchmal muss man einfach Abschied nehmen und was Neues auf sich zukommen lassen. Mach's gut Bus, war schön mit dir. Hallo Alle gegen Alle, wird gut mit dir.

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