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Scheißheiß: Der Sommer auf VICE

Das sind die Menschen, die die beschissensten Sommerjobs erledigen

Hitzefrei gibt es vielleicht im Büro, aber nicht am Bau. Genauso wenig wie als Kebabstand-Betreiber, Keramikerin oder Spengler. Wir haben gefragt, wie man das aushält.
Mistkübler
Foto: MA 48

Der Sommer hat seinen Höhepunkt erreicht und wir sind so euphorisch wie nie. OK, das stimmt so nicht ganz. Sommer bedeutet für uns – in Wien und im Büro – vor allem eins: nämlich die Tasten stündlich vom Fingerschweiß zu befreien und dabei zu verelenden. Und nein, eure Urlaubs-Instagrams helfen da leider nur wenig (aber danke).

Aber es gibt auch Österreicherinnen und Österreicher, die mit ihren Jobs in einer noch beschisseneren Situation sind. Menschen, die bei glühenden 38 Grad nicht nur Kleidung tragen müssen und keine Schreibtische mit Mini-Ventilatoren haben (egal wie schlimm ihr Mini-Ventilatoren sonst findet), sogar allen Ernstes da draußen auf Dächern herumklettern, Kebab verkaufen und Straßen reinigen.

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Wir haben uns mit ihnen über die beschissensten und härtesten Jobs im Sommer und das Arbeiten bei Höchsttemperaturen unterhalten.

Kevin, 29, Spengler

VICE: Wie ist es für dich, im Sommer bei Höchsttemperaturen zu arbeiten?
Kevin: Scheiße. Wir klettern den ganzen Tag am Dach herum. Im Sommer ist das echt die Hölle. Die Sonne von oben ist ja gar nicht das Problem, sondern die Hitze, die von unten kommt. Ein Blechdach kann, wenn es gut geht, bis zu 80 Grad heiß werden. Auch das Werkzeug ist brennheiß – und die Schuhe mit den Stahlsohlen, die wir anziehen müssen, wirken dann auch noch dazu. Ganz schlimm ist es, wenn man die Salzsäure beim Löten einatmet. Dann kann es sein, dass dir schwindelig wird und wenn es über 30 Grad hat, wird es dann noch schlimmer.

Was tust du gegen die Hitze?
Meistens trinke ich am Tag so um die 5 Liter Wasser. Um 15 Uhr gibt es dann immer eine Bierpause – aber nicht für mich, ich mag kein Bier. Außerdem verstehe ich nicht, wie man bei der Hitze überhaupt Alkohol trinken kann. Da könnte ich nicht mehr weiterarbeiten. Das Schlimmste ist aber, wenn man kopfüber mit der Motorsäge etwas abschneidet und Korrekturarbeiten macht – und die Sägespäne dann auf den verschwitzten Körper fallen. Das juckt wie Hölle.

Gibt es Bedingungen, wie eine maximale Temperatur, bei denen du nicht mehr arbeiten darfst?
Haha, sowas gibt's nur bei Büroleuten, aber nicht am Bau. Ich habe gehört, dass die Büroleute ab 37 Grad hitzefrei haben. Was soll ich dazu sagen. Wir arbeiten oft von 6 Uhr in der Früh bis 20 Uhr am Abend, weil wir den Tag ausnützen müssen, und unsere Arbeit eben machen müssen.

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Judith, 57, Keramikerin

VICE: Wie gehst du als Keramikerin mit Hitze um?
Judith: Als Keramikerin arbeitet man eigentlich den ganzen Tag mit Hitze. Wir brennen die Keramik im Brennofen und der heizt die Firma natürlich auf. Im Sommer kann es dann drinnen schon um die 33 bis 34 Grad haben. Das einzige, was ich gegen die Hitze machen kann, ist die Fenster am Abend und in der Nacht zu kippen, damit ein wenig Frischluft ins Haus kommt.

Sind in der Firma irgendwelche Bestimmungen festgelegt, ab wann die Temperaturen zu heiß sind?
Nein. Wir müssen mit Hitze umgehen können. Was wir in der Firma aber tun, ist den Brennofen erst am Nachmittag anzuheizen, damit dann am Abend die ärgste Hitze ausstrahlt. Wenn ich aber zum Beispiel Gipsformen herstelle, kann ich einen Stock tiefer gehen – da ist es ein bisschen kühler.

Alfred, 51, Landschaftspfleger/Bausanierer

VICE: Was ist bei deiner Arbeit am Schwierigsten?
Alfred: Im Sommer sind Arbeiten wie Rasenmähen in Umspannwerken oder Pflastern, wo überhaupt kein Schatten ist, nicht gerade einfach. Meine Arbeiter und ich versuchen immer, am Tag so um die 4 bis 5 Liter Wasser zu trinken, sonst würde unser Kreislauf die Arbeit nicht mehr mitmachen. Wir versuchen auch, mindestens alle zwei Stunden eine Pause zu machen, was aber oft schwierig sein kann, denn manchmal, wenn wir zum Beispiel mit Zement arbeiten, können wir keine Pause einlegen. Nach der Arbeit, am Abend, kann ich als Chef auch oft nicht entspannen, weil ich da oft zu meinen Kunden fahre und mir Aufträge ansehe.

Arbeitest du noch bei 38 Grad?
Bis jetzt gibt es noch keine Bestimmung, bei welcher Temperatur du nicht mehr arbeiten darfst. Aber ich habe gehört, dass sie das nächste Woche umsetzen wollen, dass man bei 35 Grad nach Hause gehen kann. Dabei bezahlt die Urlaubskasse die Fehlstunden. Ich bin schon gespannt, ob etwas daraus wird.

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Hazan, 30, Kebabstand-Betreiber

VICE: Höchsttemperaturen in einem kleinen Kebabstand – wie gehst du damit um?
Hazan: Im Sommer, bei 35 Grad im Schatten, in meinem kleinen Kebabstand, ist es eine Katastrophe. Ich arbeite jeden Tag bei 70 bis 80 Grad. Für mich ist es gut! So habe ich keine Chance, dick zu werden. Wenn du am Tag so viel schwitzt, kannst du gar nicht zunehmen. Vor allem isst du dann auch nicht so viel und du musst schauen, dass du viel trinkst. Ich trinke zum Beispiel so um die 5 Liter Wasser am Tag.

Ab welchen Temperaturen würdest du hitzefrei machen?
Ich komme aus dem Irak und habe dort auch schon einen Kebabstand gehabt. Da kann es schon mal um die 50 Grad bekommen – auch da arbeitete ich normal weiter. Das passiert in Österreich zum Glück nicht so schnell. Aber wenn es mehr als 50 Grad hätte, würde ich nicht mehr arbeiten. Da würde ich mir frei nehmen.

"Schurli" Valentin, 44, Arbeiter bei der Straßenreinigung

VICE: Wie erträgt man die Reinigung auf den Straßen Wiens bei Höchsttemperaturen im Sommer?
Valentin: Die Straßenreinigung ist eine Arbeit, die gemacht gehört. Natürlich ist es nicht einfach für uns, aber irgendjemand muss sie halt machen. Um die Arbeit durchzustehen und beim Kreislauf keine Probleme zu bekommen, trinke ich so um die 2 bis 3 Liter am Tag. Ist zwar ein bisschen wenig, aber ich arbeite daran.

Kennst du so etwas wie „hitzefrei"?
Ja. Es gibt eine sogenannte Hitzeregelung, die von der Zentrale ausgeht. Wir fangen um 6 Uhr an und um 12:30 gehen wir uns in der Firma duschen – dann arbeiten wir bis 14:30 weiter und danach haben wir Feierabend.

Aber gibt es bei euch eine Höchsttemperatur, ab der nicht mehr gearbeitet wird?
Eine gewisse Höchsttemperatur, bei der wir nicht mehr arbeiten dürfen, gibt es nicht – das geht alles von der Zentrale und vom Chef aus. Wir sind da schon abhängig von denen. Die höchste Temperatur, bei der wir gearbeitet haben, war 41 Grad bei der Triester Straße im 23. Bezirk im Jahr 2014. Da ist weit und breit keine Überdachung, kein Schatten. Aber da muss man durch – und der Sommer geht auch wieder vorbei.

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