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Fleischskandale und Massentierhaltung

Die EU-Bürokratie ist schuld an den Fleischskandalen

Es ist eher selten, dass Metzger Tiere selber schlachten und mit Sicherheit sagen können, was genau in der Wurst drin ist, die sie verkaufen. Schuld daran sind die EU und ihre bescheuerten Richtlinien. Wer käme auf die Idee, dass ein Großteil der...

Es ist  heute eher selten, dass Metzger Tiere selber schlachten und sie selber zerlegen in das, was dann Filet, Rippchen, Haxe oder Bauchstück heißt. Oder zu Leberwurst, Salami oder sonst etwas verarbeiten.

Schuld an dieser Entwicklung ist die EU: Ein hoch bezahlter Beamtenapparat im fernen Brüssel hat ganz offensichtlich nur eines im Sinn: durch immer neue—und seien es noch so schwachsinnige—Verordnungen die eigene Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen.

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Damit das dem geplagten EU-Bürger nicht auffällt, passiert das unter dem Vorwand „Verbraucherschutz“, „Hygenie“ und anderen wohlfeilen Schlagwörtern. Denn niemand wird etwas gegen „Verbraucherschutz“, niemand etwas gegen „Hygiene“ haben. Ob das Ganze auch wirklich Sinn macht, wer von uns kann das überprüfen? Wer käme auf die Idee, dass ein Großteil der sich oft über halb Europa erstreckenden Fleischskandale erst durch EU-Bürokratie möglich wurde?

Es ist also leider überhaupt nicht selbstverständlich, dass dein Metzger ums Eck alles selber macht.

Geschlachtet wird heutzutage meist in den großen Schlachthöfen, ein einzelner Metzger könne sich das Schlachten gar nicht mehr leisten. Ich beschließe, mir das aus der Nähe anzuschauen und zu einem Metzger zu fahren, der noch selber schlachtet. In einer kleine Stadt namens Neumarkt-St. Veit, so hat mir eine alte Bekannte erzählt, gibt es noch einen Metzger, der  selber schlachtet.

Pferdefleischskandal, Gammelfleischskandal, Skandal um Schweinefleisch im Döner, Skandal um Dioxin im Hühnerfleisch (oder waren es Antibiotika? Oder beides?)—1,78 Millionen Treffer landet bei Google, wer die Wörter „Fleisch“ und „Skandal“ eingibt.

Metzgermeister Karl Korn aus dem oberbayerischen Neumarkt-St. Veit erwartet mich schon. Er ist der Einzige von einst sechs Metzgern im Ort, der noch selbst schlachtet. Grimmig lacht er: „Es ist wie bei Biedermann und die Brandstifter: Diejenigen, die uns den ganzen Salat einbrocken, schreien jedes Mal am allerlautesten ,Haltet den Dieb!'.“

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Mit „diejenigen“ meint Karl die EU, vor drei Jahren ist nämlich eine neue EU-Schlachtzulassung in Kraft getreten, erzählt er, die zur Folge hatte, dass viele kleine handwerkliche Metzgereien aufgehört haben, selbst zu schlachten.

Was aber ist der genaue Grund, dass sich das so radikal geändert hat? Karl deutet auf ein einfaches Eisengestell, es ist ca. 30-40 cm hoch und dient dazu, das frisch geschlachtete Rind darauf zu legen, damit es keinen Bodenkontakt hat. Der Metzgermeister zeigt auf eine Schweißnaht: „Das hat sich ein EU-Beamter ausgedacht, dass so ein Gestell europaweit um 5 cm erhöht werden muss. So geht das unentwegt.“ Die 5 cm anschweißen, das war ein Klacks, aber für andere, neue Hygieneanforderungen musste Karl eine sechsstellige Investition tätigen.

Die wenigsten Metzger konnten oder wollten so einen Betrag schultern. „Und was ist das Ergebnis?“ Karl ist wütend. „Es wird fast nur noch in Großbetrieben geschlachtet, die weiten Wege bedeuten Stress für die Tiere, und das Fleisch verkommt zu einem Industrieprodukt.“

Er lacht bitter, wenn aufgrund des Pferdefleischskandals vom Frühjahr Art und Herkunft des Fleisches nun mithilfe von DNA-Proben bestimmt werden sollen. „Bei uns ist alles transparent“, sagt er. Wer wollte, könnte sich bei Karl vorher das Schwein, die Kuh oder den Stier anschauen, von dem das Schnitzel oder Steak auf seinem Teller stammt. Und obendrein wäre es dem Fleischermeister gar nicht so unrecht, wenn der Mensch wieder besser verstünde, dass ein Tier sterben muss, damit er sich ernähren kann. Seiner Meinung nach gäbe es dann den ein oder anderen Skandal gar nicht erst.

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Dabei könnte Karl fast dankbar sein: Nichts belebt sein Geschäft so sehr wie die mit der Regelmäßigkeit einer Wintergrippe wiederkehrenden Fleischskandale.

Wer seinen Kunden Pferde- als Rindfleisch unterjubeln wollte, der müsste seinen Laden in kürzester Zeit zusperren—zumal Karl sein Personal aus der Region rekrutiert. Jedwede Unregelmäßigkeit würde sich da in Windeseile herumsprechen.

Der 45-jährige führt mich zu einem von Tageslicht durchfluteten Stall. „Wie das früher üblich war!“, sagt er stolz. Früher üblich? – „Freilich“, erwidert er in kehligem Bairisch. Früher, da hatten die Metzger Ställe für ihr Vieh, dort wartete es auf die Schlachtung. „Weil eine ruhige, stressfreie Situation vor und während des Schlachtvorgangs nicht nur den Tieren dient!“.

Dann erklärt er mir, dass ein Tier in Todesangst das Stresshormon Adrenalin ausschüttet—„und ein Ochse, der nach weiß Gott wie vielen Kilometern Transport mit Hunderten anderen Rindern in einen Großschlachthof getrieben wird, der hat Stress, das kann ich dir sagen!“ Jedenfalls: Adrenalingesättigtes Fleisch kann viel weniger Wasser halten und wird beim Braten trocken.

Eben darum hat Karl für sein Vieh einen Stall gebaut, in dem sich die Tiere einige Tage vom Transport erholen können. Vom Stall in den Schlachtraum sind es nur wenige Meter, der Stier, der zur Schlachtbank geführt wird, trägt eine Augenbinde, „das reduziert den Stress für die Tiere auf ein Minimum“, sagt der Neumarkter.

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Ein weiterer Vorteil des Selbstschlachtens ist, dass das Fleisch sofort verarbeitet werden kann. „Sobald ein Lebewesen stirbt, zerfällt das im Muskelfleisch enthaltene Phosphat nach und nach“, erklärt Karl—das Fleisch verliert sein Emulgiervermögen. Wenn er es also nach der Schlachtung nicht gleich zu einem „Warmbrät“ verarbeitet, muss das Phosphat später auf künstlichem Wege zugeführt werden.

Sein Vieh bezieht Karl von Bauern aus der Region, oft liegen Hof und Metzgerei nur wenige Kilometer auseinander. Und so kennt Karl Jr. jeden seiner Lieferanten und Viehhändler persönlich. Gerne würde er die Herkunft seiner Tiere auch seinen Kunden mitteilen.

Eine weitere EU-Verordnung verbietet ihm das, auf Nachfrage dürfte er jedoch die Nummer der Ohrmarke rausrücken, mit deren Hilfe sich der Verbraucher selbst auf die Suche nach dem Erzeuger machen könnte. Viele kleine Metzger wollen sich so etwas nicht antun, sagt Karl, „die geben auf.“