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Popkultur

Die Wahrheit über 'Hugo Cabret'

Der Film zum Buch zum Film. Wie Scorsese sich zur Großvaterfigur der Kinogeschichte macht.

Der kleine Mann mit der Winkinger-Bartfrisur, der neben dem Occcupy Wallstreet Demonstranten steht und ein bisschen aussieht wie Helmut Zenker auf Entzug ist Martin Scorsese. Da hatte er noch keine dicken schwarzgefärbten Augenbrauenraupen. Guter Mann, dann waren alle plötzlich verliebt in Departed und meinen das wäre sein großes Come-Back gewesen. Gangs of New York zählt etwas nicht, nur weil zu wenig verwirrend-zusammengewürfelte Babyface-Stars mitspielen und endlich einmal ein böser Metzger das Sagen hat. Jetzt soll es wieder Oscars regnen, weil Marty Scorsese mit Hugo Cabret entdeckt hat wie man Filmreferenzen macht! Naja, für heute habe ich genug meine Faust schimpfend Richtung Hollywoodzeichen geballt … Oder?

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Der Film zum Buch zum Film

Verzaubernd sind die 3D Schnee- und die immer präsenten Staubflocken des genialst ausgeleuchteten Pariser Bahnhofs der 30er Jahre. Plötzlich hinkt Ali G mit einem Dobermann durchs Bild um das Blumenmädchen anzusprechen, das ich doch aus 30 Rock kenne. Ghandi verkauft Spielzeug zum Aufziehen und schaut ziemlich deprimiert zu wie Hugo, die präpubertierende Kalbfleischversion von Elija Wood mit den klirrend blauen Husky-Augen, die hübsche Kick-Ass-Hit-Girl Patentochter an der Hand durch Sarumans Bibliothek führt. Genug mit den Movie-References? Tja, sagt das nicht mir. In der ersten halben Stunde von Hugo Cabret dachte ich nur: Hey, das alles fühlt sich optisch und erzählerisch an wie Amélie, das Automata erinnert an die Metropolis-Robofrau und die pathetische Darbietung der beiden schlachsigen Kiddies könnte aus Die unendliche Geschichte - Teil 2 sein.

Wahrscheinlich seid ihr jetzt alle verwirrt und verlangt nach einer Auflösung des Sarkasmuses. Das ist schwierig, denn einerseits ist dieser Film-Eintopf ja in Wirklichkeit ziemlich gut, sehr süß wie spitze Nippel und ergreifend wie das Ende von Ghost Dad. Und außerdem möchte ich den großen, übergeordneteten filmgeschichtlichen Twist nicht verraten. Ich sage nur, sogar tatsächliches Material aus den cinematographischen Anfängen des 20.Jahrhunderts wurden in 3D umgewandelt um jene fantastischen, ersten Klassiker des bewegten Bilds für unsere scheiß Vin Diesel-verwöhnten Augen annehmbar zu gestalten. Irgendwie pervers, irgendwie geil. Also wenn wenn ihr den Oscar-Köder dann gesehen habt, müsst ihr kein Filmstudent sein, um mit geschlossenen Augen zu verstehen und verzückt aufzuatmen.

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Warum sind eigentlich The Artist und Hugo Cabret, zwei derart cinephile und die Anfänge des Zelluloids verherrlichende Filme, das Oscar-Futter dieses Jahres? Sogar der selbe Hunde Gag kommt in beiden vor! Der Schmäh bei dem das Herrchen die Bewegungen des Viechs nachmacht, zur allgemeinen Belustigung. Woran mag dieser Trend liegen? Vielleicht geht ja wirklich die Welt unter und nun will auch die Academy noch Frieden mit seinem geschändeten Schaffensbereich schließen, wer weiß.

Jude Law in seiner wahrscheinlich unnötigsten Darbietung seit My Blueberry Nights erweckte in mir bloß Interesse an seinem Optiker. Die Brille ist schon saucool. In Hugo dreht sich alles ums Träumen, um Mensch-Maschinen-Metaphern und nebenbei um Liebe zwischen Dackeln (die auf Englisch übrigens Weenie-Dogs heißen, habt ihr das gewusst!). Das einzige wirkliche Problem an Hugo: Hugo nervt. Tut mir Leid, ich halte zu Ben Kingsley, die geilste Schaupielersau überhaupt, und seiner strengen desperaten Darstellung seiner Rolle. Der ist ja auch bald in The Dictator zu sehen, von Schindlers Liste zu Sacha Baron Cohen. So schließt sich auch wieder der Kreis.

Dieses Bild soll uns Cineasten wohl Koks ums Arschloch reiben während es schreit: Wir hatten so viel Spass beim Dreh! Trotzdem sieht Scorsese da aus wie Sky Du Mont.Das Ganze basiert noch dazu auf einem Buch von Brian Selznick? So scheint mir immer mehr, dass diese wirklich nette Geschichte, dieses äußerst fein geschliffene Stück Kino, mehr oder weniger Misch-Faschiertes Reste-Essen ist. Bin ich zu verroht durch asiatisches Kino, hat mich Piranha 3D entweiht für ungezwungenes und liebenswertes feel-good-Drama? Seht ihr sie denn nicht, all die Fäden über den Puppen! Genug, ich muss zurück zu meinem Pfeifchen und Riget.

Screenshots aus dem Film

saugut und ,The Wraith' mit Charlie Sheen sowieso