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Ausbildungsberufe, die österreichische Lehrlinge unglücklich machen

Auch wenn Lehrjahre keine Herrenjahre sind, hat es diese Lehrlinge mit ihrer Berufswahl sehr unglücklich getroffen.
Foto: Flapitou | Flickr | CC BY 2.0

Lehrjahre sind keine Herrenjahre, hat man ja früher oft gesagt. Es gab also Menschen, die mit 16 Jahren freiwillig von der Schule gegangen sind. Weil sie anscheinend keine Lust mehr hatten, sich mit Lehrern und Mitschülern zwei Jahre länger die leiche Luft eines Raumes zu teilen. Und weil sie praktische Lehrjahre vielleicht dem sehr theoretischem Lernstoff der Schule vorgezogen haben.

Während man den Schulabgängern am Anfang mit Respekt und Neid entgegengetreten ist (sie haben noch minderjährig ungefähr das Fünffache unseres Taschengeldes verdient), wendet sich das Blatt spätestens beim Beginn der Studienzeit. Dann sind nämlich die Studierenden wieder die Coolen und Sorglosen, während die Auszubildenden schon fast in das Berufsleben entlassen werden. Zudem fühlen sich Auszubildende laut einer Umfrage weniger von der Politik wahrgenommen und vertreten als gleichaltrige Studierende.

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Neben der fehlenden Anerkennung gibt es aber noch zahlreiche Lehrlingsberufe, die einfach nicht die Erwartungen erfüllen und aus dem zutiefst missverstandenen Lehrling auch einen Menschen machen, der sich trotz erlerntem Beruf nicht für die Arbeitswelt vorbereitet fühlt. Das geht zumindest aus dem österreichischen Lehrlingsmonitor aus dem Jahr 2015 hervor. 31 Prozent haben in ihrem Ausbildungsberuf vor allem eins gelernt: Das dieser Beruf nichts für die Zukunft ist.

Entweder ist er zu schlecht bezahlt oder interessiert einfach nicht mehr. Damit gelten die folgenden Berufe auch als "Problemlehren". Die meisten sind aufgrund von Konflikten mit Mitarbeitern und Vorgesetzten unzufrieden, aber zudem fühlen sich 18 Prozent der Befragten auch vom Lehrbetrieb ausgenutzt. Schlechte Ausbildung, schlechte Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen machen diese Lehrberufe problematisch.

MALER/IN UND BESCHICHTUNGSTECHNIKER/IN

Foto: Jan Tik | Flickr |CC BY 2.0

Maler und Malerin sind richtige Handwerksberufe. Und waren in den Achtzigern auch sehr beliebt. Da hieß Beschichtungstechniker/in auch noch "Anstreicher/in". Mittlerweile wird dieser Beruf anscheinend sehr unterschätzt, weil man ja im Fernsehen gelernt hat, dass man mit Kreppband selber ordentlich die eigene Wand streichen kann. Anscheinend wirkt sich das auch auf die Statistiken aus, denn seit 2014 ist der Ausbildungsberuf auch aus der Top 10 der beliebtesten Lehrberufe unter Burschen verschwunden.

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EINZELHANDEL

Knapp die Hälfte aller auszubildenden Frauen entscheidet sich für den Einzelhandel. Damit ist es der beliebteste Ausbildungsberuf bei Mädchen und immerhin auf Platz 4 bei den Jungen. Es ist aber auch der Beruf, der in Österreich mit 230.800 Angestellten in der Einzelhandelsbranche am häufigsten vertreten ist.

Wie der Name schon vermuten lässt, geht es um Verkauf und Einkauf von Waren—zumindest in der Theorie. In der Praxis musst du plötzlich zu einer dauergrinsenden Zählmaschine mutieren. Und danach kannst du das gesamte Sortiment im Schlaf aufzählen. Wirklich abwechslungsreich scheint der Arbeitstag aber nicht zu sein. Das kann man dann meistens an den Gesichtern der Kassierenden ablesen.

Was du lernst, wenn du im Verkauf gearbeitet hast

HOTEL- UND GASTGEWERBEASSISTENT/IN

Wer schon einmal in einem Hotel übernachtet hat, der weiß wahrscheinlich um das Leid vieler Hotel- und Gastgewerbeassistentinnen. Denn an der Rezeption verabschiedet sich meist nicht nur der Körper, sondern auch der Anstand der meisten Touristen in den Urlaub. Ja, der Tourismus ist in Österreich ein wichtiger Wirtschaftszweig und niemand scheint das so gut zu wissen beziehungsweise auszunutzen, wie die Touristen selbst.

Dazu kommt es nicht selten vor, dass man auch gleichzeitig selbst im Hotel wohnt und darin gefangen ist, wie Jack Nicholson in "The Shining". Die Berufsperspektiven sind auch nicht allzu rosig, da die Arbeit meist saisonal bedingt ist. Trotzdem ist das Hotel- und Gastgewerbe seit Jahren einer der beliebtesten Ausbildungsberufe unter Frauen.

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Ehedrama bei mir im Hotel. Frau bricht an der Rezeption in Tränen aus, musste sie jetzt ne Stunde beruhigen.

— Bex (@vielsafttrank)16. Oktober 2016

KAROSSERIEBAUTECHNIK

Hier hat der Lehrling immerhin eine Perspektive. Man kann nämlich bei gewissen Betrieben in Österreich gar nicht mal so ein schlechtes Lehrlingsgehalt bekommen. Aber wenn man nicht zu den großen Unternehmen geht, fällt auch hier das erste Lehrjahr mit knapp 556 Euro eher knapp aus. Trotzdem befinden sich momentan 1.484 Lehrlinge in der Ausbildung.An Autos rumzuschrauben mag vielleicht für viele ein Kindheitstraum gewesen sein. Aber in der Ausbildung stellt sich dann auch schnell heraus, dass viele sich den Beruf für das Erwachsenenalter dann doch nicht mehr vorstellen können.

FRISEUR/IN UND PERÜCKENMACHER/IN

Foto: WxMom | Flickr _| _CC BY 2.0__

GASTRONOMIEFACHMANN/-FRAU

Aus der Aufgabenbeschreibung des Ausbildungsberufes geht hervor, dass diese Auszubildenden im wirklich gefährlichsten Teil des Hotels untergebracht sind: dem Speiseraum. Hier treffen nicht nur unterschiedliche Esskulturen aufeinander, sondern auch unterschiedliche Vorstellungen von Hygiene. Als Lehrling kennt man am Ende des dritten Ausbildungsjahres dann wahrscheinlich einen vollständigen Lageplan der Schmutzherde im Essensraum. Trotzdem ist der Beruf unter jungen Mädchen immer noch sehr beliebt. Und das, obwohl 27 Prozent der Lehrlinge in der Tourismus- und Gastronomiebranche unfreiwillig Überstunden leisten müssen.

KOCH/KÖCHIN

Vielleicht beginnt es mit dem Traum, irgendwann einmal sein eigenes Restaurant zu führen und Kochbücher zu schreiben wie Plachutta selbst. Oder es ist die Idee, endlich diese Zwiebelschneide-Technik perfekt zu erlernen. Zumindest der zweite Traum wird für viele wahr. In den Lehrjahren wird man in der Küche nämlich vor allem eins: Schneiden. Und Hacken. Und Würfeln. Wenn man Glück hat, gibt es wenigstens einen Tellerwäscher. Sonst darf man das nämlich auch noch übernehmen. Der raue Ton in der Küche und der erhebliche Stressfaktor führt dann verständlicherweise zu viel Unzufriedenheit. Im Jahr 2015 gab es 1.332 auszubildende Köchinnen und 2.501 auszubildende Köche.

Typ wird gefragt, warum er eine Ausbildung zum Koch machen will.
Er: Die Vielfältigkeit z.b. schälen und schneiden

— Astrid Gedönsens (@gedoensens)9. August 2016

RESTAURANTFACHMANN/-FRAU

Sie sind die Gastgeber der Restaurants und deswegen auch dafür zuständig,jegliche Macken der Gäste zu ertragen. Wenn sich der Gast beschwert, dass das Getränk nicht schon nach einer Minute am Platz ist, entschuldigt sich der Restaurantfachmann beziehungsweise die Restaurantfachfrau. Auch, wenn das Restaurant brechend voll ist. Ebenfalls entschuldigen muss man sich übrigens für jegliche andere Befindlichkeit, weil der Kunde nun einmal König ist. Die Unzufriedenheit ist also ziemlich nachvollziehbar. Besonders für Menschen, die schon einmal als Aushilfskellner gearbeitet haben. Dafür bekommt man dann noch für sein Durchhaltevermögen im vierten Lehrjahr mickirge 935 Euro. Und vielleicht noch Trinkgeld, in Form von Kupfermünzenbergen.


Foto: Flapitou | Flickr | CC BY 2.0