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Sex

Ist Rick Owens männliche Nacktheit ein Paradigmenwechsel in der Modeindustrie?

„Rock out with your cock out!"—dieses Motto nahmen Rick Owens' Models ziemlich wörtlich.

Ach Rick Owens, du dunkler Prinz der Fashion-Welt und Meister des dekonstruierten geometrischen Schnitts. Wenn es um die Kunst der Verbindung von Schockwirkung und innovativen modischen Ideen geht, dann ist Owens immer ganz vorne mit dabei. 2013 machte er Schlagzeilen, als er bei einer Fashion-Show in Paris mehrere Stepptanzgruppen seine Kollektion vorstellen ließ. Damit brachte er, um es mal vorsichtig auszudrücken, die Wände zum Wackeln. Bei der diesjährigen Pariser Men's Fashion Week toppte er das Ganze nochmals, indem bei seiner Show zur Herbst-/Winterkollektion 2015 auch einige Penisse unter den Kleidungsstücken hervorblitzten.

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Den Anfang der Show machte eine Auswahl an Mänteln und Oberbekleidung, die alle in Owens unverkennbarer Trapezform geschnitten waren—ein ziemlich gutes Update seiner Klassiker. Den Skandal verursachten hier eher seine Experimente mit der Neupositionierung der Kleidung am Körper: Mehrere Tunikas, Jacken und Umhänge—gewickelt und drapiert—sind so entworfen, dass man sie verkehrt herum oder umgedreht anziehen muss. Dank dieser alternativen Tragweise ließen die Laufsteg-Models zum Teil tief blicken—denn anscheinend war Unterwäsche auf dem Catwalk tabu. So war beim Laufen hier und da mal eine Model-Schulter oder ein Model-Nippel zu sehen. Wenn man allerdings ein Oberteil verkehrt herum anzieht und dabei keine Hose trägt, dann kann es durchaus passieren, dass durch den Halsausschnitt eben nicht der richtige, sondern eher der Kopf des kleinen Mannes herausschaut.

WARNUNG: AUF DIESEM FOTO IST EIN PENIS ZU SEHEN!

Foto:Victor VIRGILE/Gamma-Rapho| Getty Images

Man könnte Owens niemals vorwerfen, prüde zu sein—so hat er auch schon Penisringe aus Tierhaut in seinem Laden in New York verkauft. Immer wieder nimmt er sich dem Thema Erotik an, wobei er immerzu mit viel Feinheit und Raffinesse zu Werke geht (man beachte etwa seinen körperzentrierten Schnitt). Sein Ziel ist dabei stets, den Status quo zu durchbrechen. Obwohl Owens selbst einen hervorragenden Körper hat, ist er kein Designer, bei dessen Shows muskelbepackte Burschen in Tangas den Steg runterlaufen. Diese besondere Zurschaustellung von Genitalien soll weniger Lust auslösen, als vielmehr auf eine naive Ehrlichkeit, eine kleine Schamlosigkeit des Körpers hinweisen. Ganz so, als hätte Adam den Apfel nie gegessen und deswegen auch nicht seine eigene Nacktheit bemerkt. „Mist, hängt da etwa mein Ding aus der Hose?", steht in den Gesichtern seiner Models geschrieben. Oh, das tut er ja tatsächlich. Hoppla! Wie konnte das denn passieren? Die Show weckt Erinnerungen an das Werk eines weiteren amerikanischen Avantgardisten, Rudi Gernreich, bekannt für seinen Oben-ohne-Badeanzug, den er 1964 vorstellte. Für Gernreich ging es darum, ein Zeichen gegen die sexuelle Unterdrückung zu setzen. Viele Leute dachten sich damals: Frauen haben eben Brüste, also kommt klar damit. Und in unserem jüngsten Fall zeigen Männer einfach, dass sie einen Schwanz besitzen. Keine große Sache also.