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Sex

​Warum du deine Partnerin nie im Club finden wirst

Wir torkeln betrunken auf der Suche nach dem perfekten Partner durchs Nachtleben. Finden werden wir ihn nicht.

Bereits aus Gewohnheit gewinnt mein Penis jede Diskussion gegen mich. Sobald ich ihm am Wochenende in Form von ein paar Shots und genügend Bier das Zepter übergebe, krönt er sich zum Monarchen. Doch ihm allein die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre nicht fair—obwohl seine Führung sehr strikt ausfällt—kann er im Grunde nichts dafür, dass es unmöglich ist, im Ausgang eine Freundin zu finden. Daran sind wir alle gleich schuld.

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Ich kenne aus meinem Umfeld kein einziges Paar, das sich im Ausgang kennengelernt hat. Ich kenne auch keine Freunde von Freunden, die so zusammengekommen sind. Trotzdem begeben sich Singles auf der ganzen Welt Wochenende für Wochenende dort auf die Suche und geben sich folgender Illusion hin: Wenn am Freitagabend die Pforten fürs Nachtleben geöffnet werden, ist beinahe alles möglich. Im Wunderland der Clubs und Bars versteckt sich Spass in kleinen und grossen Gläsern, bunten Pillen und wilden Partys. Im schummrigen Licht der Discokugeln versteckt sich vieles—ausser echten Gefühlen.

Foto: Public Domain

Du bist nicht du selbst

Als junge Götter des Nachtlebens pilgern wir mit einem Club Mate (und einem Schuss Vodka) in der Hand von Bar zu Bar. Die Alkohol-Gläubiger bewegen sich in bester Zombie-Manier auf der Suche nach Frischfleisch durch die Langstrasse. Wir sind alles und jeder—Hauptsache nicht wir selbst. Das Alltags-Ich kann Zuhause bleiben. Dieser Langweiler hat seine Öffnungszeiten montags bis freitags von acht bis fünf. Hauptsache wir beklagen uns, wie fake alle anderen sind.

Das Partyvolk wird zum Konsumgut degradiert: „Darf ich dich auf einen Drink einladen?" Sofern die Packung stimmt, wird geboten. Ob als muskelbepackter Geordie Shore-Verschnitt im Tanktop oder mit Dutt und Tattoos bestückter Wannabe-Szeni—Äusserlichkeiten stehen über allem. Wir sehen, was wir sehen wollen und stellen uns das, was wir nicht sehen können, so vor, wie wir es gerne hätten. Die süsse Brünette steht hundertprozentig auf dieselben Witze, ist charmant und intelligent, mag meine Freunde und ausserdem liebt sie es, sonntags im Bett Star Wars mit mir zu schauen. Wird schon stimmen. Schliesslich bleibt uns auch nichts anderes übrig: Die Beats dröhnen zu laut, um überhaupt den Namen seines Gegenübers zu verstehen, dank genügend Alkohol kommt uns auch noch die eigene Geilheit in die Quere und wir würden uns am liebsten bereits auf der Tanzfläche die Kleider vom Leib reissen.

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Zwei Gemeinsamkeiten

Foto: epSos .de | Flickr | CC BY 2.0

Egal wie unfreundlich oder dämlich sich das Objekt deiner Begierde verhalten mag: Steckt die Zunge mal im Hals, könnt ihr alles andere problemlos ausblenden. Ob du die Kleine vom letzten Samstag wieder siehst? Kaum. Wieso? Weil ihr euch nicht kennt und höchstwahrscheinlich auch keinen gemeinsamen Nenner findet. Höchstens zwei Gemeinsamkeiten verbinden deine Kurzzeit-Liebschaft und dich: Sex und Partys. Kommt es doch zu einem weiteren Date, spielen wir die Enttäuschten. Wir haben ja gar nichts gemeinsam!

Dabei wäre sie ja so „eine Gute" gewesen. Es ist wahrscheinlicher, dass Leonardo DiCaprio endlich einen Oscar bekommt, als dass all deine zusammenfantasierte Vorstellung von dieser Person ins Schwarze trifft. Trotzdem schaffen wir es, immer wieder verblüfft zu sein, wenn unsere Erwartungen auf die Realität prallen. Und bitte vergiss dabei nicht: Du bist beim romantischen Spaziergang an der Limmat auch nicht derselbe, den du total zugedröhnt und überparfümiert im Ausgang gegeben hast.

Selbstverarsche ist auch eine Form der Therapie

Tinder und Konsorten verkörpern das moderne Symptom, unserer Unfähigkeit, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein—also sich selbst zu sein. Jeder kann vom Sofa aus den Casanova spielen und perfekte Nachrichten versenden. Sich möglicherweise sogar ein ganzes Date lang zusammenreissen. Nach dem erwünschten Erfolg, sprich Sex, geht's weiter auf der Suche nach dem vermeintlich richtigen Partner.

Natürlich geht's am Wochenende nicht primär darum, die grosse Liebe zu finden. Doch insgeheim hofft doch jeder Single zumindest ab und zu auf den Jackpot im Glückslos. Und doch werde auch ich mich am nächsten Weekend wieder durch die Langstrasse trinken—in meinem besten Abschlepp-Outfit.

Bei der Suche nach der Einen kannst du Ivan auf Twitter helfen: @iiivanmarkovic

VICE Schweiz auf Twitter: @ViceSwitzerland


Titelbild: Nadja Antonova, Flickr; CC BY 2.0