Wahlkampfauftakt in der Lugner City: Der Live-Bericht

Richard Lugner, der Frank Stronach der Bundespräsidentschaftswahl. Der Mann aus dem Volke, der keinen Rhetorik-Kurs braucht, um die Massen zu überzeugen (dafür ein paar Geschenke und extra Tage Einreichfrist). Wie langweilig der Wahlkampf nur ohne ihn wäre. Wer waren noch einmal Alexander Khol oder Reinhold Hundstorf? Wir wissen es nicht so genau.

Der ORF hat Lugner mit der Begründung „Relevanz-Studien" nicht in seine Zweierdiskussionen eingeladen, was ihm einiges an Kritik eingebracht hat. Eine Redaktionsinterne Relevanz-Studie hat Lugner zwar auch für nicht allzu relevant befunden, dafür aber für umso toller, was so ziemlich alles außer das Amt des Bundespräsidenten angeht. Deswegen werden wir uns mit seinen Ergüssen beschäftigen, bis die Wahl vorbei ist und er seine 1,3 Prozent abgeräumt hat.

Nach Limofahrten zum Magistrat, Kinogutscheinen für die, die ihm eine Unterschrift geschenkt haben und einem unbeschreiblichen Wahlkampfvideo, hat sich Lugner heute einen neuen Geniestreich überlegt, um zu beweisen, wie präsidial er tatsächlich sein kann. Würstel & Bier mit Jazz Gitti in der Lugner City. Unser Freund Christian Guzy, sowie Paul und Hanna aus der Redaktion sind auch vor Ort.

Fremde Menschen diskutieren mit uns über Chemtrails & die „Tatsache", dass Flüchtlinge von US-Geheimdiensten nach Europa gebracht werden. Hilfe? Wir müssen weg hier.

Ein Lugner-Mitarbeiter erzählt, dass das Ganze bis 21:00 Uhr dauern hätte sollen. Lugner hat wohl tatsächlich so wenig Inhalte wie immer vermutet. Mehr Zeit für die Leute, noch shoppen zu gehen.

Laut Facebook ist hier auf der Lugner-Party ziemlich viel los auf Grindr.

Es spielt zum Abschluss Teardrops von Womack & Womack. Guzy ist doch noch glücklich. Wir trinken jetzt noch ein Bier und gehen dann.

Thomas, Besucher: Ein phänomenaler Auftritt der Jazz Gitti verhilft Lugner zu einem fulminanten Start zur Kandidatur des Bundespräsidenten. Episch.

Das wars. Eine Stunde und 10 Minuten top Unterhatung. Was haben wir gelernt? Gratis Bier schmeckt besser als das, für das man bezahlen muss.

Guzy: Ich bin traurig, dass ich keine Jacke bekommen hab #sadboy. Aber musikalisch besser als der Amadeus Award.

Wie wird man Moderator in der Lugner City?

Falls das jemand vergessen haben sollte.

Lugner: „Wer war der Opernball-Gast letztes Jahr?" Schweigen. Nur der Guzy weiß es (Kim Kardashian). Aber das hat keiner gehört. Jacke haben wir keine bekommen. Schiebung.

Lugner verlost jetzt Lugner-Jacken und Guzy wird ganz nervös. Jeder hier will eine.

Euphorie! Euphorie!

Jazz Gitti singt „das größte Theater ist die Politik" und zeigt auf Lugner. OK, subversiv ist das eh nicht mehr.

OK. Die erste Reihe rastet ein bisschen aus vor Euphorie. Ein Mann tanzt mit seinem Hund am Arm.

Paul steht bei Lugner. Der verteilt mittlerweile über seine Securitys Autogramme.

Guzy: Zuckerbrot und Peitsche.

Jazz Gitti sing davon, dass es so viele Trottel auf der Welt gibt. Ist das ihr subversiver Song des Abends? Es wird sogar noch politisch heute.

Guzy will die Cathy reden hören.

Lugner dirigiert immer wieder von der Bühne seine Securitys, befiehlt ihnen manche Leute rauszuwerfen, andere rein zu holen. Security vorhin zu Lugner: „Den haben wir anvisiert und eliminiert."

Was passiert hier?

Guzy: Vom Protestieren gegen FPÖ-Veranstaltungen früher weiß ich, dass dort Bier und Wurstsemmeln gratis waren. Für einen Rausch hat es bei den beiden Zeitgenossen vermutlich trotzdem gereicht.

Ein offensichtlich stark alkoholisierter Mann in Jacke der MA48 wird von Securitys hinausbegleitet.

Jazz Gitti: Mädels, ihr wisst, nach einer Zeit in der Beziehung werden die Männer ein bisschen schleissig.

Guzy: Lange Beziehungen waren beim Lugner in der letzten Zeit nicht das große Problem.

Jazz Gitti: Den Chachacha oder whatever druck ma jetzt durch. Die Hawara, die mich kennen, sagen, ich bin ein Albtraum.

Guzy: Jazz Gitti erinnert das Publikum an die wichtigeren Wahlen in der näheren Zukunft. Man möge doch bitte bei Dancing Stars für sie voten.

Die Unterstützerinnen in ihren Lugner-Jacken sehen zu einem Teil wie unter 16 aus. Ist das legal?

Guzy: Wo ist eigentlich Steffi Sargnagel? Schon wieder beim Steuerberater?

Jazz Gitti: Ich singe Lieder, meine Kollegen sagen oft Nummer, aber wenn ich eine Nummer schieben will, geh ich woanders hin.

Guzy: Obama hat Beyoncé, Lugner hat Jazz Gitti.

Die Burschen neben uns haben mittlerweile ihr drittes Bier.

Jazz Gitti haut Lugner, lässt sich von ihrem Dancing-Star-Partner (dem Bruder von Andreas Gabalier) ein paar Mal in die Luft werfen und legt los: „Hauptsach laut! Jetzt schau ma mal, ob ihr wirklich singen könnt."

Lugner zu Jazz Gitti: „Nicht da Alkoholisieren, wir wollen, dass du auftrittst, wart ich helf dir rauf. Die Jazz Gitti säuft da Alkohol. Die Jazz Gitti braucht an Cognac, sonst bricht sie uns zusammen."

Hanna und Christian werden emotional und rufen das erste Mal aus dem Publikum. Außerdem haben wir mittlerweile Dosenbier beim Merkus gekauft, weil die Schlange zum 1-Euro-Bier zu lange ist. (Pressevertreter trinken gratis.)

Hanna: Lugner ist ein bisschen wie ein Kind, das gemerkt hat, dass es bei einem Witz Lacher bekommt und ihn dann immer wieder erzählt. Und wieder. Und nochmal. Und wieder.

Guzy: Der Lugner schimpft auf Frühpensionisten und Leute, die zu hohe Pensionen beziehen, die aber die Hälfte des Publikums ausmachen. Taktisch unklug. Vielleicht hätte er nicht Jazz Gitti buchen sollen.

Lugner wechselt zwischen TTIP-Kritik und Kritik an Verstaatlichung. Wir haben den Überblick verloren. Bei „Van der Bellen muss man einfach verhindern" klatschen die Leute.

Lugner: „Mit TTIP werden wir noch einmal 90.000 Arbeitslose weniger haben." Seine Stimme überschlägt sich. Ich weiß nicht, warum er mit dieser Argumentation gegen TTIP ist.

Im Publikum ruft jemand nach Jazz Gitti.

OK, jetzt hat ers gesagt.

Guzy: Lugner spricht seit 5 Minuten und hat noch immer keine längeren Öffnungszeiten für die Lugner City gefordert.

Lugner: „Wir haben verhindert, dass 1945 die Kommunisten nach Österreich gekommen sind." Verhaltener Applaus. Unwissen. Auf allen Seiten.

Guzy: Es hat eine halbe Folge auf RTL2 gedauert, bis die Cathy den Lugner dazu überreden konnte, einen Schimmelfleck im Schlafzimmer zu beseitigen. Der Umzug in die Hofburg wäre eine viel zu radikale Umstellung für den Mörtel.

Lugner: „Ich bin der Meinung, dass es in Österreich derzeit einen absoluten Stillstand gibt. Die Roten und die Schwarzen können nicht miteinander. Die streiten nur und bringen nichts weiter. Ein aktiver und unabhängiger Bundespräsident ist eine der Lösungen, um im Land für wirtschaftlichen Aufschwung zu sorgen." (Das hat er glaub ich noch nie gesagt.)

Erste Amtshandlung: Büro anschauen und Orientierung in der Hofburg finden.

Guzy: Ob die FPÖler hier wissen, dass Lugner mal eine Moschee gebaut hat und Scientology ein Grundstück geschenkt hat?

Die Moderation geht los. Der Moderator preist Lugner. Er fragt: Warum seid ihr da? Die Antwort auf dem Publikum: Jazz Gitti!

Thomas, Besucher: „Für Kasperlpolitik braucht es auch einen Kasperlpräsident. Wenn Kasperlpolitik, dann wenigstens offen. Wir haben schon einen Kasperlkanzler, der braucht Verstärkung."

Lugner kommt. Er setzt sich zu seiner Frau in die Menge. Ein Fan hat ihm Blumen geschenkt. Wofür ist die Bühne da?

Kollege Paul spricht mit Menschen und ist überrascht, wie viele FPÖ-Wähler hier sind. „Nur mal den Lugner anschauen" sagen sie.

Guzy: Lugner kam bei der Bundespräsidentschaftswahl 1998 auf 9,9 Prozent der Stimmen. Das ist in etwa so viel wie Khol derzeit für sich erhoffen kann. Deswegen fordere ich die notwendige politische Seriosität in der Berichterstattung.

Ich glaub, das wird voll. Cathy sitzt währenddessen im Publikum. Eine First Lady aus dem Volke.

Die Burschen neben mit trinken Bier und haben einen riesen Spaß, als ich sie frage, weshalb sie da sind. „Die Cathy ist so geil und die Innenarchitektur so besonders". Aber eigentlich sind sie wegen dem Bier hier. Und wegen der Jazz Gitti. Die hätten sie als Präsidentschaftskandidatin ja tatsächlich unterstützt.

Der Guzy hat Verspätung, weil er noch seine Haare föhnen muss und in der Lugner City läuft währendessen schlimme Musik und eine Kreissäge.

Ein bisschen wie im Zoo ist das hier. Die Menschen auf der Veranstaltung essen und trinken quasi gratis, sind eingezäunt und drum herum sammeln sich immer mehr Schaulustige.

Hanna: Bisher hat ja jeder vermutet, dass am Schluss einer jeden Karriere Dancing Stars oder das Dschungelcamp kommen. Aber es geht noch ein bisschen mehr Ende als das Ende: Beim Wahlkampfauftakt von Richard Lugner singen.

Wir sind hier. Hanna wird sich gleich mit Laptop in einem Eck verkriechen, während die Männer ausschwärmen werden.

Alles ist bereit. Wir arbeiten daran.