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Sex

Mein erster Arbeitstag im Puff

Sollte ich mal einen Puff aufmachen, so stehen schon jetzt zwei Dinge fest: Es wird All-Inclusive-Alkohol für alle und Drogen für die besonders Gehemmten geben.

Die Autorin in ihrem Arbeitsdress

In einer der beiden peinlichen Boulevardzeitungen Berlins las ich neulich eine Stellenanzeige: „Tresenkraft im Artemis gesucht". Ich rief sofort dort an. Das Artemis ist eins durch die Ex des Ex-Bundespräsidenten und den Privat-TV-Sender republikweit bekannt gewordenes „Edel"-Bordell. Ich wollte mir anschauen, wie es dort abgeht—in einem für Männer geschützten Raum, in dem es jederzeit gegen Geld verfügbare Frauen gibt, die alle ständige Willigkeit signalisieren. Ich wollte wissen, welche Faktoren ein Bordell „edel" erscheinen lassen, wollte herausbekommen, ob ein teurer Puff im Besitz eines türkischen Millionärs mir tatsächlich das Gefühl von „edler" käuflicher Sexualität vermitteln könnte. Erwartete mich gar die Umsetzung eines Realität gewordenen Traums aus 1001 Nacht meets Eyes Wide Shut in LaPerla-Couture, Seide und Zobel? Champagnerduschen, kunstvoller Stangentanz und Tischfeuerwerke? Elegant gekleidete Herren mit Manieren, deren Edelheit sich dadurch ausdrückt, dass sie mit den Ladys, mit denen sie schlafen wollen, zunächst elaborierte Konversation üben? Nutten wie Topmodels, mehrsprachig und mit Universitätsabschluss?

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Über den Club wurde bislang fast nur Gutes geschrieben: Dass alle dort anschaffenden Ladys natürlich unglaublich schön wären, dass alle Drinks inklusive seien, Sauberkeit würde hochgehalten, und dass, noch viel wichtiger, alle Damen angeblich alle drei Monate auf HIV/AIDS getestet werden.

Ich dachte also, es könnte sich um eine lockere Bar- und Ausschankttätigkeit in frivolem Umfeld handeln, auf die ich absolut Bock hatte. Bis zu 70 Frauen und bis zu 700 Freier können sich pro Nacht dort aufhalten—da müsste doch ein anständiges Trinkgeld drin sein, wenn die reichen Herrn ihren sexy Ladys, wie in diesen Kreisen üblich, den 140-Euro-Champagner bezahlen würden. „Klaro, machense hundertfuffzich!"—darauf freute ich mich. Natürlich bewegte mich—wie wohl alle Frauen, die mal einen Gedanken an dieses ekelhafte, Millionen Menschen betreffende Metier verschwendet haben— aber auch die Frage danach, was für Männer sich dort herumtreiben und was die Frauen bewegt, dort oder überhaupt anzuschaffen.

Der Eintritt in den dreigeschossigen hotelartigen Neubau, der direkt an der Autobahn liegt, kostet 80 Euro. Im Preis ist die Benutzung eines Bademantels, der Sauna, des kleinen Pools, des Whirlpools, des Outdoor-Pool, der Chill-Area und der Besuch der zwei Sex-Kinos inbegriffen. Denn offiziell nennt sich das Artemis „FKK-Sauna- und Wellness-Oase". Dazu dürfen alle Sorten von Softdrinks und Kaffee genossen werden, auch ein Buffet mit drei warmen Hauptmahlzeiten ist bis Mitternacht im Preis inbegriffen, danach gibt es noch eine Suppe und Pfannkuchen. Diese werden besonders von den osteuropäischen Prostituierten sehr geschätzt. Frauen, außer Prostituierte und die 49 weiblichen Angestellten, haben keinen Zutritt. Die Gesetzeslage in Deutschland sagt: Klar ist es legal, als privates Unternehmen darüber zu bestimmen, wer rein darf und wer nicht. Aber prinzipiell macht es schon ein komisches Gefühl. Wenn frau sich bewusst wird, dass es bundesweit Tausende von Rückzugsorten für Millionen von sexgeilen Männern gibt, zu denen Nicht-Prostituierten der Zugang verboten ist. Ganz abgesehen davon, dass es einen ähnlichen Rückzugsort für uns Girls natürlich nicht gibt. Wie würde der auch aussehen? Zig willige junge und mittelalte Typen in kaputten Jeans, mit Wuschellocken, Mega-Ständer und Dreitagebart, übertrainiert und in Wife-Beater-Shirt, die uns unvermittelt anmachen und Geld dafür verlangen würden? Zum Glück sind Männer ja bekanntermaßen einfacher gestrickt, weshalb es Schuppen wie das Artemis gibt. Ihnen ist es egal, ob eine Frau eine spannende, beängstigende, berührend dramatische oder herzzerbrechende Migrationsbiografie hat. Ob sie über Länder- und Kontinentalgrenzen unter Gefahren und zu einem hohen Preis flüchten musste, um dann in Deutschland endlich harte Euros durch Ficken, Blasen und Co. verdienen zu können. Für das Artemis ist sie dann nur: „die Latina", „die heiße Milchkaffeefrau" oder das „Exoten-Asia-Babe". Aber der Reihe nach. Kaum hatte ich die Anzeige gelesen, dass einer der vermeintlich „edelsten" Puffs der Republik Tresenpersonal sucht, rief ich auch schon an und mein Vorstellungstermin wurde für einen heißen End-Septembertag vereinbart. Stundenlang überlegte ich, was ich anziehen sollte, um mich in einem Puff für einen Barjob zu bewerben. Ich entschied mich für ein kurzes niedlich-sexy Designerkleid mit unübersehbarem Dekolleté, etwas zu hohe Schuhe, eine brav-verruchte Hochsteckfrisur und dezent-sexy Make-up mit laszivem Lidstrich. Ich fühlte mich wie die junge Catherine Deneuve in Belle de Jour – Schöne des Tages, auf dem Weg zu ihrem ersten Tag im Puff. Deneuve spielt eine gelangweilte Ehefrau mit eigenwilligen Maso-Fantasien, die nur von fremden Freiern befriedigt werden können.

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Den Puff—der strenggenommen ein „Laufhaus" ist, denn auch die Frauen müssen Eintritt zahlen—erreichte ich über die S-Bahn, er ist fast direkt am Bahnhof gelegen. Und für fickwütige Messebesucher nur einen Steinwurf entfernt vom Riesengelände „Messe Berlin". Besser hätte man die Location kaum wählen können. Ein clever kalkulierter Glücksgriff für den Unternehmer, der den Puff im Wert von ein paar Millionen Euro übernahm, für rund fünf Millionen extra renovierte und dann auch noch Kohle von allen, inklusive der anschaffenden Nutten dort, verlangt. Für die 130 Euro bekommen sie ein Standard-Zimmer zur Ausübung ihres Jobs, können Duschen, bekommen Zugang zum Buffet und alle nicht-alkoholischen Drinks. Es gibt auch All-Inclusive-Angebote für die Nutten ohne Zuhause—die dürfen gegen einen hohen Preis auch dort wohnen. Und es gibt Suiten mit Wannen, Spiegeln und Sofas, für deren Benutzung die Herren über Tausend Euro Miete für eine Nacht zahlen. Girls und richtige Drinks exklusive. Die „Hausdame", die mich zum Vorstellungsgespräch begrüßte, war keine imposant-überirdisch weibliche Erscheinung, wie man es vielleicht bei „Edel"-Bordellen erwartet. Sie schien gerade mal 25 zu sein, trug einen blondierten Pferdeschwanz, enge billige Jeans, kleine noch billigere Turnschühchen, kein Make-up und wirkte eher wie die Hausmeistertochter von nebenan, die mal kurz die Schlüsselhoheit übertragen bekommt. Sie empfing mich freundlich und führte mich in ein kleines Büro, das mit allerlei Dienst- und Schichtplänen und unfreundlich formulierten Anweisungen auf Zetteln dekoriert war. „Für die Mädchen: Bitte Handy-Gespräche nur im äußersten Notfall, niemals vor den Kunden", „Bei Drogenmissbrauch erfolgt sofortiger Rauswurf" und für das Tresenpersonal: „Nicht vergessen, den persönlichen Zeitspeicher-Chip bei Arbeitsbeginn- und ende zu aktivieren und zu deaktivieren. Nur bei Pünktlichkeit kann der gesamte vereinbarte Lohn ausgezahlt werden." Dann hingen noch weitere Zettel mit Haus- bzw. Puff-Ärzten aus. Verschiedene Tests kosteten um die 60 Euro, natürlich ist der regelmäßig von den Frauen zu erbringende HIV-Test selbst zu zahlen. Im kammerartigen Büro saß ich also im schicken sexy Styling vor dem Jeans-Mädchen. Meinen schnell getippten Lebenslauf mit Betonung meiner mannigfaltigen Erfahrungen im Bereich der Gastronomie wollte sie gar nicht sehen. Ich trug auf ihrem Bewerbungsbogen also „sehr erfahren" ein, und dass ich ein paar Sprachen sprechen und noch mehr verstehen und radebrechen könne. Das nahm sie wohlwollend zur Kenntnis: „Wir haben viele internationale Gäste." Dann informierte mich die Hausdame über die Konditionen: acht Euro Stundenlohn, bei neun Stunden Anwesenheit würden aber zwei Pausen eingerechnet und somit nur acht Stunden bezahlt. Arbeit im Schichtdienst, von 11 – 20 Uhr, von 16 – 1 Uhr und von 20 bis 5 Uhr. 50% mehr Geld an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen. 22 Tage Urlaub. Eine warme Mahlzeit sowie Softdrinks und Kaffee seien für mich inbegriffen. Schon nannte sie mir einen Termin für den ersten von zwei Probearbeitstagen. „Schwarze Hose, weißes Top, praktische Frisur und Turnschuhe" verlangte sie von mir als Styling für meinen ersten Einsatz im „Edel"-Bordell. Turnschuhe trage ich normalerweise nur zum Sport und „praktische" Frisuren gerade mal daheim beim Putzen. Ein wenig enttäuscht war ich über diese Ansage, hatte ich doch gehofft, mit schicken Klamotten ein wenig zum verruchten und vermeintlich eleganten Flair des Ladens beitragen zu können.

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Der erste Probetag:

Als ich mich dann brav nach Ansage gestylt um 16 Uhr für die bis 1 Uhr nachts dauernde Schicht einfand, bekam ich meinen elektronischen Zeiterfassungschip, einen Spind für meine Sachen und endlich eine Führung durch die „Sauna- und Wellness-Oase" und die „Bar", in der ich meinen Dienst verrichten sollte. Der Saunabereich wirkte recht normal, sauber und geräumig.

Einige Gäste, alle über Mitte vierzig, lümmelten sich ohne weibliche Begleitung im Pool, medizinische Massagen wurden ausschließlich von Herren gegen Geld angeboten. Das Solarium und das kleine Fitnessstudio rechtfertigten noch keine 80 Euro Eintritt. Gespannt folgte ich der Girlie-Hausdame in meinen Turnschuhen auf der Treppe in den Barbereich.

Zu lautem Disco-Sound von Pitbull hockten einige Mädchen zwischen 18 und 35 in dem verdunkelten Raum an der runden Bar und rauchten dünne Zigaretten zum Milchkaffee. Auch die Girls waren mehr oder weniger dünn, aber kaum eine hatte einen überirdisch schönen Body.

Ein paar Männer im Bademantel oder mit schmalem Handtuch um die Hüften lagen auf runden Liegeflächen, die man durch das Zuziehen eines Vorhangs zu intimen Liebesinseln umbauen kann. Nur einer spielte sich offensichtlich unter dem Bademantel am Schwanz, die anderen kuckten nur und schienen von der geballten, meist nackt rumhockenden oder -stolzierenden Weiblichkeit so geflasht wie ich.

Trotzdem enttäuschte das Styling der meisten Ladys meine Erwartungen: Keine Einzige hatte einen richtigen Playsuit (die traumhaft-sexy Einteiler von Agent Provocateur z.B.) oder ein richtig heißes Straps-Set, das nicht auf den ersten Blick als C&A zu erkennen war, an. Alle liefen oben ohne rum, manche nur mit String oder Strapsgürtel, aber ohne Strümpfe, und ausnahmslos alle trugen diese schrecklichen Plateau-Slipper-High-Heels, auf denen keine richtig laufen konnte.

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Ich wurde kurz in den Barbetrieb eingeführt: Die Mädchen dürfen alles außer Alkohol bei mir bestellen. Nur Freier dürfen Alkohol, und dann nur Champagner ab 140 Euro die Flasche, für sich und die Girls bestellen. Den Voucher dafür müssen sie zuvor an der Kasse kaufen, ebenso die Chips für Bier (10 Euro), einen Schnaps (10 Euro) oder einen Longdrink. Andere Alkoholika außer Schampus sind nur den Gästen gestattet. Für mich erschreckend: Null Cash-Flow an der Bar—dementsprechend null Chance auf Trinkgeld. 160 Stunden Arbeit pro Monat im Schichtdienst würden mir hier genau 966,56 netto bringen.

Mädchen bekommen ihre Softdrinks nur mit Strohalm serviert: „Den Lippenstift kriegt man sonst nie wieder ab." Wenn Mädchen Kaffee bestellen, dann „immer ohne Untertasse" servieren—der stilvolle Kaffeegenuss mit Untertasse ist nur den Herren vorbehalten. Beim Spülen der Gläser sollte ich mir nicht so viel Mühe machen—einfach auf die Bürste im Becken, zweimal rauf- und runter mit dem Glas, fertig.

Meine Schicht begann mit dem Ausräumen der Spülmaschine voller Kaffeetassen und mit dem Spülen Dutzender Plastikgläser. Dann ein Anruf von der Security, Drinkbestellung. Die Barchefin, eine überaus hart wirkende End-Zwanzigerin, nahm dann echte Glas-Gläser, spülte sie an einer Extravorrichtung nochmal extra-sauber aus und servierte die Drinks im Security-Raum, in dem bullenartig übertrainerte Typen Tag und Nacht auf Monitore starren.

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Immer wenn ich meinen Kopf nach dem gebückten Ausräumen der Spülmaschine wieder hochnahm, war ich kurz erschrocken, da in meiner Augenhöhe immer nur Brüste zu sehen waren. Brüste, viele davon mit OP-Narben, umspielt von viel falschem Haar, Fingern mit überdrehten Acryl-Nägeln, Wimpern mit Extensions—nein, ich konnte mir nicht die Frage stellen, ob Typen echt auf sowas stehen würden. Es scheint ja traurigerweise einfach so zu sein, dass Männer in bestimmten Launen (fickwütig) die absolut übersteigerte Inszenierung der weiblichen Attribute geil finden.

Trotzdem herrschte eine komische unsexy Stimmung in dem Laden, der zur rechten Seite noch ein paar Sofas und Liegeflächen, dahinter ein „Sex-Kino", eine Tanzstange und eine Tanzfläche beherbergte. Gegen 18 Uhr ging der Feierabendverkehr los, und immer mehr Männer kamen mit ihren Freunden oder Geschäftspartnern in die künstliche Sex-Disco-Höhle. Viele der blonden deutschen Männer mit schütterem Haar saßen aber auch zunächst allein an der Bar, und ich konnte die plumpen Anmachen der Girls, oft in rudimentärem Deutsch gesäuselt, miterleben. „Hallo Süßer, gefalle ich dir?" gefolgt von einem Plastikfingernagelentlangstreichen an nackter Männerschulter schien der Standard zu sein.

Mir fehlte die Fantasie, mich in so einen irgendwie zu Geld gekommenen, normalen Mann im mittleren Alter hineinzuversetzen. 80 Euro hatte er schon gezahlt, um sich all die käuflichen, künstlichen Schönheiten fast nackt anzuschauen, 60 Euro würden pro halbe Stunde „auf Zimmer" nochmal fällig. Einheitspreis—„Verkehr und Französisch ohne Gummi" inbegriffen. Doch nichts von dem, was man sich für das Geld dort erkaufen kann, ist echt—die Cola ist Pepsi, die Fanta Mirinda, das Mineralwasser Leitungswasser mit Kohlensäure, die Nutten operiert, beklebt, verkleidet, zugeschminkt—und jeder sexy geflüsterte oder sinnlich gestöhnte Laut aus ihren Mündern gelogen.

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Wenn ich als Frau in einer Bar angemacht werde, dann weiß ich wenigstens, dass die Geilheit oder das Interesse an mir oder zumindest meinem Körper, wenn auch nur für eine Nacht, echt ist—wie aber muss sich ein Mann auf der Suche nach der schönsten Sache der Welt fühlen, wenn er nur aufgrund seiner Kohle mit falschen Komplimenten gelockt werden soll, seine Geldbörse zu öffnen? Wie grausam muss es sich gar anfühlen, wenn ein Mann vielleicht nur sehnsüchtig ein wenig Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit wünscht?

Wie muss sich die Nutte fühlen, alles vorzutäuschen und dann auch noch körperlich zu geben, in der Hoffnung, der Mann möge Stammfreier werden, sie gar als Pretty-Woman-Style-Freundin aus dem Laden rausholen? Nach einigen Beobachtungen kam ich zu dem Schluss, dass nicht nur ich, sondern auch die Männer einfach nicht die richtige Attitude zu haben schienen.

Als ein paar Russen und Israelis gegen 22 Uhr den Laden enterten, kam endlich ein wenig mehr Party-Puff-Stimmung auf.

Sie betraten den Laden, als gehöre er ihnen, und während sich die Israelis mit Zehn-Euro-Shots in Stimmung brachten, bestellten die Russen endlich mal Champagner, aber nur für eine der Stangentänzerinnen, die zu jeder vollen Stunde hysterisch und null erotisch zu Großraumdiscotechnosound ihr Können zeigten. Das Stangengirl kam überglücklich mit dem Champagner-Voucher an, leider konnte ich nicht rausbekommen, wie viel Provision sie pro Moet & Chandon-Flasche, im Einkauf vielleicht 30 Euro, bekam. Aber wenigstens hatten ihre Kunden die unverkennbare Einstellung, es richtig krachen zu lassen und sich zu amüsieren, während die Deutschen in Gedanken ihrer schwierigen Ehe, ihrer Bilanzen oder ihrer zerbrochenen Träumen nachzutrauern schienen.

Ein paar Typen saßen den ganzen Abend vor mir an der Bar, und ich konnte mit größter Mühe Gesprächsfetzen aufschnappen. Eine Prostituierte, die ihn vergeblich versuchte anzumachen, erzählte ihm auf Nachfrage, sie mache den Job, da sie „sonst keine anderen Talente" hätte. Eine andere log unverschämt auf dieselbe Frage: „Damit ich so interessante Typen wie dich kennenlerne." Ein weiterer Freier über 60 erzählte einer blutjungen Türkin von seiner zerstörten Ehe und reagierte traurig auf die Aussage des Girls, dass sie bereits eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung habe und eine Heirat daher uninteressant für sie sei.

Dann war es Zeit für meine Pause, und ich lief vorbei an extrem lässig halbnackt auf Sofas herumlungernden Russinnen zum Restaurant-Bereich, aß etwas von dem OK aussehenden Buffet und konnte leider nix von dem am Nuttenpausentisch Besprochenen verstehen, da sich die Frauen auf Polnisch unterhielten. Die Barchefin erklärte, dass das Zusammenglucken von Frauen nicht gerne gesehen würde, da es Männer abschrecken würde, gerade die Russinnen aber immer im Pulk auftreten würden.

Gen Mitternacht kamen immer mehr Ladys und immer mehr Freier, und fast allen servierte ich Kaffee aus frisch aus der Spülmaschine ausgeräumten noch heißen Tassen. Die Stimmung war immer noch nicht sexy oder erotisch, sondern entwickelte sich in irgendwas zwischen Fleischbeschau, verzweifelter Geilheit und dem gehemmtem Verhalten in einer Dorfdisco, in der der MDMA-Dealer vergessen hat, vorbeizuschauen. Als ich um 1 Uhr rausbegleitet wurde, war ich dankbar und froh über alles, was mir meine Eltern mitgaben, und wollte nie wieder eine einzige Spülmaschine ausräumen.

Sollte ich mal einen Puff aufmachen, so stehen schon jetzt zwei Dinge fest: Es wird All-Inclusive-Alkohol für alle und Drogen für die besonders Gehemmten geben.