22 ist ein Alter, in dem es noch völlig okay ist, zum dritten Mal planlos sein Studium zu wechseln, weiterhin Schichten als Flyer-Verteiler zu schieben, oder sich seinen Tagesrhythmus ganz einfach dem individuellen Gras-Vorrat unterzuordnen. Man hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel verloren und kann immer noch jederzeit zu einem Max Schrems mutieren.
Es gibt aber auch Leute, die es doch offensichtlich um einiges eiliger haben: Ben Wyatt aus Parks and Recreation, der mit 18 Bürgermeister seiner fiktiven Stadt wurde und sie mit „Ice Town" in den Bankrott getrieben hat, oder auch der Jus-Student Severin Mair, der im Zuge der Wahlen in Oberösterreich mit 22 Jahren kürzlich für die ÖVP zum jüngsten Bürgermeister Österreichs gewählt worden ist. Wer jetzt Parallelen zieht, vergisst, dass man in Österreich Städte und ganze Länder nicht mit gigantischen Architekturprojekten, sondern mit Banken-Fiaskos in den Ruin treibt und Mair daher wahrscheinlich sicher ist—wir wünschen jedenfalls alles Gute.
Ein halbes Jahrhundert älter als Mair ist der Kärntner Siegfried Kampl—und mit 79 Jahren der älteste Gemeindehäuptling unseres Landes, der seit 1991 im Amt ist und seine Legislaturperiode in Gurk noch bis Mitte 80 einplant. Am Rande sei erwähnt, dass Kampl möglicherweise auch früheren Epochen nachhängt, hat ihm eine Äußerung zum Nationalsozialismus einst sogar den Ausschluss aus der FPÖ eingebracht.
Wir haben den beiden ein paar kurze Fragen gestellt, um zu sehen, ob der Unterschied zwischen den Geburtsjahren 1936 und 1992 auch bei den Einstellungen zu Themen wie Asyl, EU oder musikalischen Vorlieben sichtbar wird.
VICE: Was sagen Sie zu Schwarz-Blau in Oberösterreich?
Severin Mair (ÖVP): Welche Koalition in Oberösterreich zukünftig die beste Koalition ist, ist zur Zeit schwer zu sagen. In diesem Zusammenhang ist es für mich wichtiger zu wissen, welche Ansprechpersonen ich für die Zukunft in den diversen Gemeindethemen haben werde und dabei hoffe ich auf eine gute Zusammenarbeit.
Siegfried Kampl (ehemals FPÖ): Alles, was demokratisch möglich ist, ist natürlich in Ordnung.
In der Gemeinde Efferding sind derzeit 12 Asylwerber untergebracht, das sind 0,31 Asylwerber pro 100 Einwohner. Wollen Sie mehr aufnehmen?
Mair: Gemeinsam mit dem Roten Kreuz werden zur Zeit Unterkünfte für 48 Asylwerber geschaffen. Es ist dabei wichtig, dass wir menschenwürdige Unterkünfte in kleinen überschaubaren Einheiten auch bei uns schaffen und dabei eine bestmögliche Lösung gemeinsam mit den Anrainern umsetzten.
Herr Kampl, in Ihrer Gemeinde Gurk sind laut Statistik keine Asylwerber untergebracht. Werden Sie das ändern?
Kampl: Das ist nicht mehr aktuell. Mittlerweile sind 6 Asylwerber untergebracht. Sollten private Quartiere zur Verfügung stehen, bin ich jederzeit bereit, bis zu 1,5 Prozent der Gemeindebevölkerung aufzunehmen.
Wie sollte Österreich im Allgemeinen die Flüchtlingssituation lösen?
Mair: Klarerweise ist die aktuelle Flüchtlingssituation eine schwierige Situation für die es keine einfache Lösung gibt. Meines Erachtens muss dafür eine europaweite Lösung gefunden werden.
Kampl: Das gemeinsame Europa hat das Problem anteilsmäßig zu lösen. Eine grundlegende Lösung kann aber vor allem nur in den betroffenen Herkunftsländern erfolgen.
Sind Sie für muslimische Gebetsräume in Ihrer Gemeinde?
Mair: Wenn sich die Frage bei uns in Eferding stellen sollte, muss man sich damit klarerweise auseinander setzten und eine passende Lösung finden.
Kampl: Bei Bedarf müsste die Möglichkeit überprüft werden.
Wie intensiv nutzen Sie soziale Medien wie Facebook und Twitter?
Mair: Ich nutze Facebook, WhatsApp und so weiter tagtäglich.
Kampl: Gar nicht.
Auf welche Art kommen Sie mit den Bürgern in Kontakt?
Mair: In verschiedenster Art und Weise. Natürlich primär durch persönlichen Kontakt und persönliche Gespräche bei diversen Veranstaltungen, aber auch durch soziale Medien und E-Mail-Verkehr.
Kampl: Die Menschen können täglich zu mir ins Gemeindeamt kommen. Daneben kümmere ich mich auch privat um Einzelangelegenheiten oder bin in öffentlichen Lokalen anzutreffen. Auch die jährliche Gemeindebürgerversammlung ist ein spezieller Anlass dafür.
Welche Probleme kommen in Zukunft auf junge Menschen zu?
Mair: Für viele junge Menschen gibt es immer größere Sorgen in den Bereichen Bildung, Arbeitsplätze und leistbares Wohnen. In der Kommunalpolitik kann man diese Probleme schwer umfassend lösen. Als Gemeinde kann man jedoch gewisse Rahmenbedingungen schaffen und unterstützen, damit man jungen Menschen auch in Eferding Perspektiven bieten kann.
Kampl: Am wichtigsten ist es, eine sehr gute Ausbildung auf dem schulischen und beruflichen Weg zu haben. Die Erhaltung und Schaffung dieser Ausbildungsmöglichkeiten ist mir deshalb besondre wichtig.
Heuer wurde zum 50. Mal der österreichische Nationalfeiertag gefeiert. Was ist Ihr Resümee aus den letzten 50 Jahren?
Mair: Ein persönliches Resümee über die letzten 50 Jahre kann ich schwer abgeben, da ich erst seit gut 22 Jahren auf der Welt bin.
Kampl: Man soll immer an die eigene österreichische Identität denken und jährlich in Dankbarkeit an den Nationalfeiertag erinnern.
Sind die Europäische Union und der Euro eine Erfolgsgeschichte?
Mair: Ja.
Kampl: Naja. Da gibt es gute und schlechte Aspekte.
Herr Mair, der älteste Bürgermeister Österreichs ist 79 Jahre alt. Wo sehen Sie sich mit 79 Jahren?
Mair: Kann ich schwer sagen—damit will ich mich noch nicht intensiv auseinandersetzten. Ich lebe im Hier und Jetzt und beschäftige mich lieber mit der nahen Zukunft.
Herr Kampl, was haben Sie mit 22 Jahren so gemacht?
Kampl: Ich hab meine Berufsausbildung zum landwirtschaftlichen Meister abgeschlossen, mit 23 erfolgte dann meine Familiengründung.
Welche Musik hören Sie am liebsten?
Mair: Kommt auf die jeweilige Situation an und deswegen habe ich auch keine spezielle Lieblingsmusik.
Kampl: Klassische Musik und Volksmusik.
Und wie singen Sie die österreichische Bundeshymne?
Mair: Ich singe die alte Version. Sie wurde von einer Frau geschrieben und hat eine schöne Tradition. Gleichberechtigung sollte woanders ansetzen, nicht in der Sprache.
Kampl: Die alte.
Was halten Sie von der Legalisierung von Cannabis?
Mair: Es gibt legale Drogen und ich finde die reichen aus. Cannabis mag in der medizinsichen Verwendung seine Berechtigung haben, aber es gibt genügend Studien, die beweisen, dass die Droge alles andere als harmlos ist.
Kampl: Auf gar keinen Fall!
Wie verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?
Mair: Meine Freizeit verbringe am liebsten in Gesellschaft lieber Menschen.
Kampl: Lesen, Jagd und Tarrock spielen.