Welches Spice Girl hat ,gewonnen‘?

Illustrationen von Sam Taylor

Wenn du in den späten Neunzigern am Leben warst, dann hattest du irgendwann eine Phase, in der du süchtig nach den Spice Girls warst—gib es einfach zu. Die Begeisterung, die die dynamischen Mädchen der Arbeiterklasse zu einer Zeit hervorriefen, in der man noch weiße Hosenanzüge tragen konnte, wurde seitdem von keiner Girlgroup mehr erreicht. Als meine große Schwester eines Tages den Rap aus „Wannabe“ aus dem Gedächtnis nachsang, erkannte ich zum ersten Mal, wie cool sie war.

Jeder hatte ein Lieblings-Spice-Girl. Erst dachte ich, meins wäre Posh Spice—ich war schon mit sieben überheblich. Dann dachte ich, dass es vielleicht auch Mel B sein könnte, denn sie war eindeutig eine coole Sau. Dann wurde mir klar, dass es Ginger Spice sein musste. Wer sonst. Als wollte sie ihre herausragende Stellung noch einmal verdeutlichen, machte sie den Robbie und verließ die Band auf dem Höhepunkt des Erfolgs. Man sagt zu Recht, dass man Dinge erst zu schätzen weiß, wenn man sie verloren hat. Gezzas Austritt aus der Band erzeugte in mir eine innere Leere.

Letzten Endes verfolgen alle ihre eigenen Wege, doch einige sind sichtbarer als andere geblieben. Auch Geri war diese Woche in den Nachrichten—sie erzählte der Metro, dass ihre letzten Single hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Ich kann kaum auszudrücken, wie sehr mich die Produktion eines so schwachen Songs bestürzt hat. Im Vergleich dazu erschien sogar der letzte Song von Mel B halbwegs OK.

Doch es war nicht immer so. Geri ist ein Risiko eingegangen, das sich zunächst auszuzahlen schien. Zu meiner Schulzeit bestand kein Zweifel daran, wer die Siegerin war: Geri schien über jede Konkurrenz erhaben. Für späten Neunzigerjahre-Pop hat sich „Look at me“ überraschend gut behauptet, genau wie „Bag it Up“ und „Mi Chico Latino“, der ein Klassiker des Ferienlagers ist. Es ist mir völlig egal, was andere meinen—während ich das hier schreibe, setze ich den Song auf meine Playlist. Wir sind uns einig, dass Geri nicht die beste Sängerin der Welt ist, aber sie hatte sexy Tänzer, witzige Videos und Charisma. Landauf, landab blieben Mädchen und Schwule Geri Halliwell treu, und es war großartig.

Die Spice Girls hatten ihr Comeback—ohne Geri. Ich war aufgeregt, aber alle in der Schule gaben sich gleichgültig. „Holler“ landete auf Platz eins der Charts. Doch als das Album durch Westlife von der Spitze gekickt wurde, wusste ich, dass die glorreichen Tage gezählt waren. Was die Spice Girls so reizvoll gemacht hatte, war immer auch der Hype: ihr absurd bombastischer Erfolg, der generelle Wahnsinn des Phänomens. Doch meine Freundinnen träumten nicht mehr davon, Spice Girls zu sein, sondern fingen an, feuchte Träume von Boybands zu haben. Wir wurden erwachsen und bekamen unser Leben in den Griff.

Alle Spice Girls versuchten ihr Glück mit Solokarrieren und achteten (soweit ich mich erinnern kann) darauf, nie zur selben Zeit in den Charts zu sein. Nach den Soloversuchen von Geri gefielen mir Mel Bs am besten. Ihr Song mit Missy Eliott ist verdammt gut und das Video so viel interessanter als der Müll, der bis heute produziert wird. Ich habe mir das Album von meinem Kumpel Liam „ausgeliehen“, was genau zeigt, wie wichtig mir Mel B war: Ich fragte zwar meinen Freund, ob ich es mir ausleihen könnte und gab es ihm nie zurück. Aber so wichtig, dass ich es mir kaufen ging, war es dann doch nicht. Die Sketch-Show Bo’ Selecta bedeutete dann leider das endgültiges Aus für Scary. Um ihre Solokarriere zu beenden, brauchte es nur Avid Merrion und eine leicht rassistische Latexmaske.

Wachsfiguren der Spice Girls nach Geris Austritt. Foto: Shankar S. | Flickr | CC BY 2.0

Mel C war nach der Meinung der meisten Leute die beste Sängerin und sie kann von sich behaupten, mit Northern Star eines der stärksten Soloalben vorgelegt zu haben. Aus Baby Spice ist zum Glück nie wirklich was geworden. Posh Spice hatte ein paar schlüpfrige Videos auf Lager, doch außer dem Garage Trash, den sie zusammen mit Dane Bowers produziert hat, ist nicht viel Bemerkenswertes rumgekommen.

Die Musik rückte schließlich in den Hintergrund, nicht aber Posh. Sie wurde reicher. Heißer. Berühmter. Wie ein Maulwurf, der sich stur nach oben buddelt, erkämpfte sich VB durch ihre bloße Hingabe Mitte der Nuller-Jahre einen Platz in der internationalen Promi-Szene. Die Kostümwechsel machten sich bezahlt und sie und ihr Ehemann wurden zu weltweiten Stilikonen. Sogar eine Frisur wurde nach ihr benannt: „the Pob“. Ja, sie hat viele Menschen genervt, aber gleichzeitig genug Respekt geerntet, um zum erfolgreichsten Spice Girl gekrönt zu werden. Vorübergehend.

Geris Soloprojekt. Foto: emutold | Flickr | CC BY 2.0

Derweil hielt sich Geri nach einem lustlosen Album bedeckt. Das Album aus dem Jahr 2005 war so lustlos, dass ich nichts weiter darüber sagen kann—ich erinnere mich nur noch, wie Gezza in einem Video die Zeit mit 70er-Jahre-Nonsens vertrödelt. Der Punkt ist jedoch, dass sie von der Bildfläche verschwand. Genau wie der Rest von ihnen. Die Stilikone Victoria Beckham wirkte wie die edle Überlebende eines verlorenen Zeitalters.

Dann geschah etwas Außergewöhnliches. Zwar hatte ich immer davon geträumt, doch trotz spöttischer Hinweise in Hello! und OK! nie damit gerechnet, dass es in Erfüllung gehen würde: die Wiedervereinigung! Sie war in den Nachrichten! Überall! Die Spice Girls! Wieder zusammen! Mit Geri! Geri! Die mondänen Ladies in den Dreißigern (selbst Baby) zu sehen, war ebenso wunderbar wie traurig. Ein Teil von mir wollte ihr Vermächtnis in Frieden lassen, doch ein anderer Teil wollte alles an sich reißen, was sie zu bieten hatten.

Es war oberflächlich, aber wir diskutierten, wer am besten aussah—fraglos war es Mel C. Die Frau im Trainingsanzug, die Jungs regelmäßig zum am wenigsten begehrten Spice Girl gewählt hatten, hatte sich in eine extrem attraktive Frau verwandelt. Bei Posh Spice dachte man, sie wäre für einen Pornodreh gekommen, aber die anderen sahen—abgesehen von Geris albernem Kleid—gut aus. Dass sie sich nur wiedervereint hatten, weil ihre Solokarrieren gescheitert waren, war den Fans gleichgültig—wir freuten uns einfach darüber, dass sie wieder Freundinnen waren.

Doch es hielt nicht lange. Erneut wurden sie von einer Boyband übertroffen—diesmal von Take That, die eines der größten Comebacks in der Geschichte des Pop darboten. Gern würde ich sexistische Einstellungen und soziale Codes darüber, was männliche bzw. weibliche Popstars in ihren Dreißigern machen und erreichen dürfen, für das Scheitern der Spice Girls verantwortlich machen. Doch die Wahrheit ist letztlich, dass Take That die überzeugenderen Songs hatte.

Während ihrer Tour verzauberten die Spice Girls das Publikum, dann verschwanden sie wieder in der Dunkelheit.

Foto: atomicjeep | Flickr | CC BY 2.0

Seitdem ist es mit ihnen Jacke wie Hose. Heute hat keine von ihnen mehr eine erfolgreiche Solokarriere. Die Mehrzahl von ihnen hat Kinder. VB ist das gelungen, woran Gwen Stefani gescheitert ist—sie konnte sich als Modedesignerin durchsetzen. Viel mehr gibt es nicht zu berichten. Fang bitte nicht mit dem Spice-Girls-Musical an. Emma ist DJ bei Heart FM. Ehrlich gesagt hat es mich ziemlich traurig gemacht, sie und Mel C letztes Jahr im Frühstücksfernsehen „I Know Him So Well“ singen zu sehen.

Es ist nicht richtig, den durchgedrehten Glamour ihrer Blütezeit zu vermissen. Letzten Endes handelte es sich um eine Fassade, hinter der sich mehr als Essstörungen, Feindseligkeiten und Zusammenbrüche verbargen. Während sich mein erwachsenes Ich darüber freut, dass zwei Frauen, die sich noch immer gern haben, nach vielen Jahren der Freundschaft wieder zusammenkommen, weint mein seichteres Ich angesichts zweier vergessener Megastars, die sich dazu herablassen, einen wenig überzeugenden Coversong zu singen, der es nur knapp in die Charts schaffte.

Vielleicht hat die Mail recht, dass Geri Halliwell sich „nichts daraus machte“, als „herauskam, dass Mel B in die Jury von X Factor berufen wurde“. Ich hoffe jedoch, dass es nicht so ist. Ich hoffe, dass die Spice Girls mittlerweile einen Sinn in ihrem Leben gefunden haben, der über ihre alte Karriere hinausgeht. Ein gewisses Maß an Rivalität ist gesund, doch eine Frau zu sein, ist kein Wettbewerb. Freundschaften zwischen Frauen sind etwas Besonderes, sie sind wichtig und einzigartig. Die Spice Girls haben bewiesen, dass wir etwas schaffen können, das so viel größer ist als die Summe der Teile.

Mit sechs Jahren wollte ich wissen, wer dein Lieblings-Spice-Girl war, und dir meins sagen. Es ging um Identität und darüber, was für ein Mädchen du sein wolltest. Mittlerweile habe ich eingesehen, dass diese Fragen unwichtig sind. Jeder hat seine eigene Rolle.

Ich habe die Spice Girls bei den Olympischen Spielen gesehen. Ich gebe gern zu, dass es mein Highlight war, und den Views auf YouTube nach zu urteilen, stehe ich mit dieser Meinung nicht alleine da.

Es kommt nicht mehr darauf an, wer eine Hitsingle rausbringt, wer es in die Klatschblätter schafft oder wer in der beschissenen X Factor-Jury sitzt—worauf es ankommt, ist, dass diese fünf Frauen etwas geschaffen haben, das Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt bewegt hat. Die fünf Frauen haben einen Beitrag zur globalen und insbesondere zur britischen Popkultur (ganz zu schweigen von meiner Kindheit) geleistet—und dafür bin ich extrem dankbar.

Es ist mir egal, was du denkst. Wenn du anderer Meinung bist, dann warst du entweder zu alt oder zu jung, um bei der Party dabei zu sein. Oder du bist ein stinkender Junge. Die Spice Girls haben geruled. Sie haben alle gewonnen.

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