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LGBTQ

Die CDU glaubt immer noch, dass die Homo-Lobby es auf Kinder abgesehen hat

Martin Schulz will die Ehe für Alle, die Mehrheit gibt ihm Recht, aber die CDU versucht trotzdem, am homophoben Rand nach Stimmen zu fischen
Foto: imago | snapshot

Mittlerweile ist die Mehrheit der Deutschen für die Gleichstellung von homosexuellen Paaren, inklusive Adoptionsrecht. Aber eben doch nicht alle. Vor allem nicht die Vertreter der Union. Obwohl Jens Spahn, CDU-Abgeordneter und Vorzeige-Homosexueller der Union, optimistisch eine Eheöffnung "noch in diesem Jahrzehnt" angekündigt hat, ist die Partei dagegen.

In der letzten Woche verkündete Martin Schulz, Kanzlerkandidat der SPD, die Ehe für Alle zum Wahlkampfthema zu machen. Offenbar war das Grund genug für die CDU, sich nochmal eindeutig zu positionieren, inklusive aller Vorurteile, die das Thema so hergibt: "Frühsexualisierung", verschwulte Kinder und das, was die CDU so unter Toleranz versteht. Wer sich davon 2017 noch angesprochen fühlen soll, ist eher unklar, unter den mehr als 80 Prozent, die sich laut der Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für die komplette Gleichstellung aussprechen, dürften auch CDU-Wähler sein.

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Auf dem "Kongress christlicher Führungskräfte" in Nürnberg – keine Veranstaltung wäre wohl besser geeignet – hat sich jetzt Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag klar gegen die Gleichstellung ausgesprochen: "Ich bin nicht für das volle Adoptionsrecht von homosexuellen Partnerschaften. Daraus mache ich keinen Hehl."

Damit ist er auf der Linie der Kanzlerin, die sich immer wieder geweigert hat, Homosexuelle vor dem Gesetz mit Heterosexuellen gleichzusetzen. Gründe hat Merkel dafür nie genannt, außer ihrem Bauchgefühl. Vermutlich weil es keine gibt. Immer wieder bestätigen Studien, dass Kinder in Familien mit zwei Müttern oder zwei Vätern genauso gut (wenn nicht sogar besser) aufwachsen wie mit heterosexuellen Eltern.

Kauder setzt die stolze Tradition des Bauchgefühls der Kanzlerin fort und bedient in seiner Rede die diffusen Ängste und Vorurteile der christlichen Führungskräfte: "Kauder wandte sich in seiner Rede auch gegen die Frühsexualisierung von Kindern in Schule und Kindergarten", schreibt die evangelische Nachrichtenagentur idea, die auch die Konferenz veranstaltet hat, über Kauders Rede. Ob Kauder selbst das Wort "Frühsexualisierung" verwendet hat, ist dabei nicht klar, wäre aber eher nicht überraschend. Denn genauso wie hinter dem Bauchgefühl der Kanzlerin stehen hinter dem Begriff eher keine Fakten, sondern hauptsächlich schrille Behauptungen über den Sexualkundeunterricht, die sich am Ende meistens als falsch entpuppen.

Christen müssten "Stopp-Schilder" aufstellen, um zu verhindern, dass Kinder über andere Sexualitäten aufgeklärt werden, so Kauder weiter. Aufklärung müsste "behutsam und altersgerecht" ablaufen und vor allem dürften Kinder nicht "in eine Richtung gedrängt werden, die Eltern und Kinder nicht wollen". Was jetzt genau diese "Richtung" ist, sagte Kauder dabei nicht. Die CDU scheint immer noch zu glauben, dass Aufklärung hauptsächlich der gemeinen Homo-Lobby dazu dient, neue Rekruten zu gewinnen. Wenn Kinder hören, dass es Homosexuelle gibt, wollen sie nach dieser Logik offenbar unbedingt schwul oder lesbisch werden. Sehr viel anders funktionieren die Argumente der AfD auch nicht.

Eigentlich geht es darum, Toleranz zu fördern und heterosexuellen Kindern zu erklären, dass es auch noch andere Sexualitäten gibt – und natürlich vor allem den nichtheterosexuellen Kindern zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Doch das kommt in Kauders Rede leider nicht vor.

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