So wird eine rekordverdächtige Riesenauster gezüchtet

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Austern

So wird eine rekordverdächtige Riesenauster gezüchtet

An der englischen Ärmelkanalküste züchtet Pete Miles gigantische Austern. Sein jüngstes Exemplar ist mit 2,2 Kilo gut ein Pfund schwerer als die bisher größte Auster der Welt.

„Davon hätte man eine Woche lang einen Ständer, oder?", witzelt Pete Miles über die größte Auster, die ich je gesehen habe.

Wir stehen auf einem Parkplatz in Weymouth im englischen Dorset, der Himmel ist grau. Pete zeigt mir das Innere seines Vans: eine ziemlich beeindruckende Sammlung monströser Muscheln auf Eis—bauchig, mit scharfen Kanten, gefüllt mit Proteinen und Salzwasser.

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Pete Miles, der Gründer von Dorset Oysters. Alle Fotos vom Autor

„Die hier wiegt 2,2 Kilo", meint Miles und hält das Prachtexemplare noch mal hoch. „Eine echte Schönheit. Wir haben auch noch längere, vielleicht auch breitere, aber das hier ist die schwerste, die hat das meiste Fleisch. Das ist schon was Besonderes. Als ich sie geerntet habe, war sie noch schwerer, aber nachdem wir den ganzen Schlamm abgewaschen hatten, brachte sie 2,2 Kilo auf die Waage."

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Wir dürfen nicht zu laut über diese Auster sprechen, denn wir sind gerade beim Dorset Seafood Festival und bereits jetzt machen Gerüchte über ein „gigantisches Ungetüm" die Runde.

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Pete Miles wollte seine Riesenauster nicht zu schnell der Öffentlichkeit präsentieren, sein Exemplar könnte nämlich bald ganz schön berühmt werden, sie ist nämlich noch größer als die derzeit größte Auster der Welt laut Guinness-Buch der Rekorde. Den Titel hält bis jetzt eine Pazifische Felsenauster—dieselbe Art wie Petes Exemplar—mit 35,5 cm Länge, 10,7 cm Breite und einem Gewicht von 1,67 Kilogramm, die im dänischen Wattenmeer gefunden wurde.

Wir haben das Guinness-Team bereits kontaktiert, aber es kann lange dauern, bis der Rekord offiziell bestätigt wird. PR-Manager Doug Male meinte zu mir, dass Austern durch ihre wellige, unebene Form schwerer exakt zu vermessen sind.

Das 2,2-Kilo-Ungetüm

Egal ob die Auster nun den Rekord abgreift oder nicht, Petes Ausbeute ist außergewöhnlich: Eine Auster scheint dicker als ein ausgewachsenes Huhn, eine andere so groß wie ein Rugbyball.

Der 52-Jährige ist Geschäftsführer vom Austerngroßhandel Dorset Oysters in Poole, einer Küstenstadt am Ärmelkanal in der Nähe von Bournemouth. Die Austern werden von einer Schwesterfirma, Othniel Oysters, auf gut 400 Hektar Fläche gezüchtet. Pete glaubt, dass die Umgebung und die speziellen Methoden von Austernzüchter Gary Wordsworth dafür verantwortlich sind, dass die Austern so riesig werden. Die Gezeiten in Poole sind nicht so stark und kürzer, dadurch bleiben die Muscheln die meiste Zeit schön von Salzwasser umschwemmt.

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„Unsere Austern sind anders, weil hier in Poole das Wasser nicht so extrem zurückgeht", erklärt Pete Miles. „Die meisten Austernfarmen und damit auch die Austern sind den Gezeiten viel stärker ausgesetzt. Natürlich haben wir das auch hier in Poole, aber die Austern sind die meiste Zeit von Wasser bedeckt und werden sozusagen nicht gestört. Dadurch werden sie, glaube ich, noch größer."

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Gary Wordsworth hat aber noch ein paar ganz besondere Tricks auf Lager:

„Er züchtet die Austern vor, bis sie gut 2,5 cm groß sind und damit vor Krabben sicher sind. Dann setzt er sie aus", erklärt Pete.

Seine Austernfelder sind fast immer mit Wasser bedeckt, deshalb kann man sie auch nicht in großen Mengen mit dem Traktor ernten.Gary Wordswoth löst die Austern mithilfe eines Luftstrahls vom Untergrund und ein automatisches Fließband holt die Austern dann aus dem Wasser, ohne sie zu beschädigen.

Auf dem Kutter werden dann diejenigen rausgesucht, die schon fertig ausgewachsen sind, der Rest kommt wieder zurück ins Wasser, um weiter zu wachsen. Eine umweltschonende Methode, der Meeresboden und die Austern werden nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen.

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Wie Pete Miles meint, ist es auch gut, wenn man die Austern ein bisschen „stimuliert": „Je mehr sie bewegt werden, desto mehr reagieren und wachsen sie. Gary pustet mit seiner Maschine Luft unter die Austern, wodurch sie ein bisschen vom Meeresboden angehoben werden. Dadurch wird die Schale ein bisschen schöner und die Austern bekommen eine schöne Form, sodass das Fleisch schön geschützt ist und von viel Flüssigkeit umgeben ist."

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Mit ihrer Liebe zum Detail gelingt es den beiden, einige der besten Austern Großbritanniens zu züchten. Sobald sie geerntet sind, werden sie gereinigt und kommen dann in Salzwassertanks zum Verkauf.

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Gut 75 Prozent der Ernte wird nach Hong Kong verschifft und dort zu Austernsauce verarbeitet—meist die größeren, die sie nicht auf dem Markt oder an Restaurants verkaufen konnten. Gut 10 Prozent sucht Pete dann feinsäuberlich für einige Top-Restaurants in London raus, darunter Bentley's Oyster Bar and Grill und das HIX. Viele Austern landen auch in Petes eigenen Restaurants in Poole, das The Cruel Sea und das Storm Fish, wo er Austernschnitzel serviert.

„Ich würze sie, tauche sie in Eigelb und dann in Semmelbrösel. Dann werden sie einfach in ausreichend Öl gebraten", erklärt er. „Damit kann man auch riesige Austern gut verwerten, denn die meisten Restaurants und Supermörkte wollen nur die kleineren, wenn sie überhaupt welche aus der Region kaufen."

Ob er seinen jüngsten Fang auch zum Schnitzel macht?

„Keine Ahnung, was ich mit dem Oschi anstelle", antwortet er „Das ist, na ja, gerade einfach nur da. Es ist schwer, für all diese Austern, die lang und fast 2 Kilo schwer sind, ein neues zu Hause zu finden. Mal sehen."