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Ist Kim Dotcom nun ein Bösewicht oder nicht?

Das neuseeländische Gericht streitet sich im Auslieferungsverfahren gegen den Megaupload-Gründer um einen kleinen Übersetzungsfehler.
Kim Dotocom, wie er beim Verlassen des Gerichts den Daumen nach oben streckt. Bild: Greg Sandoval.

Die juristische Saga um Kim Dotcom geht in die entscheidende Phase: Am Montag legten die Anwälte des Megaupload-Gründers nach langer Verzögerungstaktik vor einem Gericht in Auckland ausführlich dar, warum die neuseeländische Regierung Dotcom nicht in die USA ausliefern dürfe.

Zuerst führte der Anwalt des Kieler Internet-Unternehmers ein durchaus spezielles Argument an: Ron Mansfield warf der Staatsanwaltschaft mangelnde Deutschkenntnisse vor. Die Staatsanwälte des US-Justizministeriums, die die Klage wegen Urheberrechtsverletzungen ursprünglich angestrengt hatten, seien des Deutschen entweder kaum mächtig, oder sie hätten Dotcoms interne Kommunikation wissentlich falsch wiedergegeben, um ihn öffentlich wie einen Bösewicht aussehen zu lassen.

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Die neuseeländischen Ankläger, die die USA in dem Verfahren vertreten, hatten zuvor behauptet, dass Dotcom sich und mehrere andere frühere Megaupload-Manager als „böse" bezeichnet hätte. Sie übersetzten eine interne Botschaft von Dotcom an einige seiner deutschen Kollegen laut des Senders TVNZ folgendermaßen: „At some stage, a judge will be talked into how bad we allegedly are, then it will be a mess."

In Wirklichkeit hatte Dotcom jedoch geschrieben: „An einem gewissen Punkt wird der Richter davon überzeugt sein, wie böse wir sind und dann stecken wir in Schwierigkeiten."

Dotcoms Verteidigung übersetzte dies dann auch gänzlich anders auf Englisch und nahmen den Vorwurf auf aus der Aussage: „At some point, a judge will be convinced about how evil we are and then we're in trouble." Mansfield nannte die Übersetzung eine „absichtliche Fehlinterpretation".

Zu Besuch bei Kim Dotcom im Hausarrest

Seit fast vier Jahren kämpft Dotcom gegen seine Auslieferung und behauptet, die USA und stellvertretend auch Neuseeland würden sich ihm gegenüber vorschriftswidrig und unlauter verhalten, um ihn endlich ausliefern zu können. Die fehlerhaft übersetzte Nachricht soll nun diese Argumentation untermauern.

Im Jahr 2012 erhob das US-Justizministerium Anklage gegen die Führungskräfte von Megaupload. Der zentrale Vorwurf lautet, dass die Megaupload-Chefs 175 Millionen US-Dollar verdient hätten, indem sie Nutzer beim Raubkopieren unterstützt hätten. Das US-Justizministerium möchte die ehemaligen Manager der inzwischen abgeschalteten Filesharing-Plattform in den USA gerichtlich belangen und wirft ihnen neben kriminellen Copyright-Verstößen auch organisierte Kriminalität, Geldwäsche und weitere Delikte vor. Sollten die ehemaligen Megaupload-Betreiber ausgeliefert und in den USA verurteilt werden, könnten die Männer dort eine jahrzehntelange Haftstrafe bekommen.

Die Anwälte des Megaupload-Gründers Kim Dotcom haben den USA am Montag weiterhin vorgeworfen, Beweismittel verfälscht und versucht zu haben, das „Gesetz zu verdrehen", um ihren Mandanten zu belasten.

Was im Fall Dotcom jedoch wichtiger sein dürfte als die Übersetzungsstreitigkeiten, ist die Frage, ob im Auslieferungsvertrag zwischen den USA und Neuseeland Copyrightverstöße überhaupt als Auslieferungsgrund gelten—der Kern der Anklage gegen Dotcom und seine Kollegen.

Laut den Anwälten von Dotcom ist dies auch der Grund, warum die neuseeländische Staatsanwältin Christine Gordon sich in den ersten drei Wochen der Anhörung alle Mühe gab, Megauploads Handlungen als Betrug einzuordnen. Betrug wird anders als Copyrightverstöße im Auslieferungsvertrag explizit aufgelistet. Gordon warf den Magaupload-Geschäftsführern vor Gericht beispielsweise vor, nur Links zu den illegalen Dateien, aber nicht die Film- oder Musikdateien selbst gelöscht zu haben. Die Anklage will zeigen, dass die Megaupload-Betreiber sicherstellten, dass auch wenn ein Link verschwunden war, Dutzende andere bestehen blieben.

Unabhängig davon wie das Gericht letztlich entscheidet, wird Dotcom kaum den nächsten Winter im kalten Virginia (wo die US-Anklage erhoben wurde) verbringen müssen. Beide Seiten dürften im Fall einer Niederlage Berufung einlegen, und ein neuer Prozess wird laut Beobachtern mindestens noch ein weiteres Jahr dauern. Erst vor einigen Wochen verdeutlichte Richter Dawson beiden Seiten, dass dieser Fall wichtig sei und „bis zum Ende geführt werden" müsse. Das ist jedoch noch lange nicht in Sicht.