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Die UEFA lässt das bisher schönste Remix-Video der EM löschen

Die Elfmeter-Collage vom deutschen Viertelfinal-Triumph fällt dem Urheberrecht zum Opfer.
Szene aus dem mittlerweile weitestgehend entfernten Kurzvideo von Kurt Prödel | Screenshot: UEFA via ZDF-Morgenmagazin

Die UEFA ist aktuell ein schwieriger Zeitgenosse. Zum einen schenkt sie dem ganzen Kontinent mit der diesjährigen Europameisterschaft so viel Freude und Emotionen, da vermeintliche Außenseiter-Mannschaften wie Island und Wales Fußballfans über Landesgrenzen hinweg verzücken. Andererseits sorgt die UEFA selbst manchmal durch nicht ganz nachvollziehbare Entscheidungen für große Fragezeichen in den Köpfen vieler Zuschauer und Medienproduzenten: Einerseits wird sich geweigert, Prügelszenen aus Stadien und Flitzer auf dem Rasen zu zeigen, da dies nicht in das friedliche Bild der Europameisterschaft passt, andererseits werden nun Spieler-Kinder nach Abpfiff auf dem Rasen nicht mehr geduldet, da dies ein Sicherheitsrisiko darstellt.

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Der strengen Hand der UEFA ist nun auch eines der bisher magischsten GIFS und Fan-Remix-Videos der diesjährigen EM zum Opfer gefallen: Das Video des Web-Künstlers Kurt Prödel, der bisher durch Musikvideoproduktionen für Money Boy und MC Smook von sich reden machte, in dem er alle deutschen Elfmeter gegen Italien übereinander legte, ist seit gestern von YouTube und Twitter entfernt worden—es kursieren allerdings trotzdem zahlreiche Kopien.

Die UEFA hat gegenüber dem Tagesspiegel folgende Rechtfertigung für dieses Verhalten verlauten lassen: „Das Entfernen von Videos von Personen, die dazu nicht die Rechte besitzen, auf unterschiedlichen Plattformen ist Teil der Anti-Piraterie-Anstrengungen, die dazu dienen, die Exklusivität der Sender-Partner und der damit verbundenen Investitionen in den europäischen Fußball zu schützen. Dieses Video wurde im Rahmen dieser Politik entfernt." Tatsächlich waren auch die offiziellen deutschen Sende-Partner ARD und ZDF, die in Deutschland das Recht haben das Originalmaterial zu verbreiten, Fans des Videos. Das ZDF-Morgenmagazin griff den Clip dankend am Tag nach dem historischen Viertelfinal-Triumph über Italien auf:

In diesem Facebook-Post wird das Remix-Video immer noch gezeigt, da ARD und ZDF ja die Rechte für die Ausstrahlung der Bilder von der Euro innehaben.

Tatsächlich gibt es für die Verwendung von auf der Euro 2016 entstandenen offiziellen Fernsehbildern strenge juristische Regelungen in Deutschland. Zitatrecht und Privatkopie beispielsweise können zwar eine Verwendung von Fremdbildmaterial erlauben, aber eine Veröffentlichung des Materials lässt das aktuelle Urheberrecht auch in verfremdeter Form in diesem Fall nicht zu.

Das Zitatrecht greift in diesem Falle nicht, da das verwendete Material nicht in einen größeren Zusammenhang gestellt wird, wofür eine Verwendung des Materials unabdingbar gewesen wäre—es wird ja ausschließlich Material von der UEFA verwendet. Eine Privatkopie kann man Prödels Video auch nicht mehr nennen, da er es über das Internet verbreitet, und er seinen Namen und Internetadressen eingearbeitet hat.

Nun ist Kurt Prödel eigentlich Künstler und daher bleibt noch die Kunstfreiheit. Hier bleibt es fraglich, ob das zwölfsekündige Video wirklich schon als Kunst bezeichnet werden kann und wie viel eigene Schaffenskraft in dem Video steckt. Tendenziell sieht es auch diesbezüglich nicht danach aus, dass die Kunstfreiheit, so wie sie aktuell von deutschem Recht bewertet wird, Pröbel in diesem Fall zur Seite steht. Würde dieser Fall in den USA behandelt werden, würde hier die sogenannte „Fair-Use-Schranke" greifen, die diese Art von Videos rechtlich legitimiert.

In Deutschland und Europa gibt es eine solche Regelung bislang nicht—tatsächlich kritisieren Netzaktivisten und zum Beispiel die Piratenpartei das europäische und deutsche Urheberrecht schon länger, da es längst nicht auf der technischen Höhe sei und die durch das Internet befeuerte künstlerischen Möglichkeiten der Remix-Kultur unterdrücke. Ob sich daran in Zukunft etwas ändern wird, ist unklar—die EU-Kommission arbeitet momentan an der Überarbeitung des Urheberrechts in Europa.

Die UEFA jedenfalls sucht anscheinend noch nach dem richtigen Spagat zwischen familienfreundlicher Heile-Welt-Veranstaltung und humorlos durchorganisierten Fußballturnier. Ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl dafür, was der EM-Stimmung gut tut und was nicht würde dem allgemeinen EM-Enthusiasmus allerdings sicherlich nicht schaden.