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Gaymer gegen Homophobie

Homosexuelle Zocker trafen sich auf der GaymerX Convention.

Homosexuell aufzuwachsen ist schwierig. Als Geek aufzuwachsen—also sozial inkompetent zu sein und sich in Gesellschaft von Videospielen, Filmen und anderen fiktiven Werken wohler zu fühlen als unter Mitmenschen—ist auch kein Zuckerschlecken. Wenn du homosexuell und nerdig bist, gleicht deine Jugend einem Minenfeld; wahrscheinlich teilst du nicht die gleichen Ansichten wie die Jungs und Mädels in der schwulen und heterosexuellen Allianz deiner Schule, und wahrscheinlich fühlst du dich auch nicht wohl, wenn sich deine Freunde auf einer LAN-Party oder während einer Partie Magic gegenseitig schwulenfeindliche Beleidigungen an den Kopf werfen. Selbst im Erwachsenenleben können sich Gaymer als Außenseiter im oft ultra-heterosexuellen Reich der Videospiele fühlen. Deshalb gibt es jetzt GaymerX, die erste Tagung für queere Geeks und Gamer.

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Bei dem Event, das letzte Woche im Kabuki Hotel in San Francisco stattfand, ging es darum, eine sichere Umgebung für Gaymer zu schaffen, in der sie sich versammeln können. Zur Teilnahme musste man sich nicht mit dem Akronym LGBT (Lesbian, Gay, Bi, Transgender, Queer) identifizieren. Die Organisatoren—zu denen auch mein Bruder Matt Conn zählt—wollten auch die Aufmerksamkeit auf fehlende queere Charaktere in Videospielen und auf die unterschwellige Homophobie der Spieleindustrie lenken. „Es gibt keine Befürwortung für Schwulenrechte in der Gamingwelt", sagte Matt. „Es gibt schwule und lesbische Filmfestivals und GLAAD und HRC kämpfen für Charaktere in Fernsehserien. Aber es gibt nichts dergleichen für die Spieleindustrie."

Ich habe mit ihm und etwa 15 anderen schwulen Nerds, die ihren K-Pop bis in die Nacht hinein voll aufdrehten, in einem Hotelzimmer übernachtet. Die Tagung hat mit den ganzen Vorträgen, den Partys und den Spieleturnieren quasi das gesamte Hotel eingenommen. Manche Events sind sogar in das angrenzende Einkaufszentrum übergeschwappt. Schätzungsweise 2.300 Besucher kamen und bevor die Tagung ihre Tore öffnete, bildete sich draußen vor dem Hotel eine Schlage, die um den Block ging. Überraschenderweise bot die Schlange eine Reihe von Kostümen—meistens von Videospielfiguren, manchmal auch ein Brony oder Furry dazwischen.

Die meisten Gaymer, mit denen ich gesprochen habe, fühlten sich isoliert oder unnormal, als sie aufwuchsen, und oft haben ihre Spiele ihnen nicht weitergeholfen. Ben Gerzfield, ein 34 Jahre alter Softwareingenieur, hat mir erzählt, als Kind glaubte er, er sei „der einzige seiner Art" gewesen und dass der in der Schule alle Mittagspausen in der Bücherei verbrachte, weil immer alle weggegangen sind, wenn er sich im Speisesaal hinsetzen wollte. Als Matt sein Coming-out vor seinem besten Schulfreund hatte—seinem Verbündeten, wenn es um Street Fighter und Final Fantasy VII ging—, „hat er mich quasi aus seinem Haus geschmissen. Ich sollte eigentlich bei ihm übernachten. Er hat gedroht, mich zu verprügeln. Ich hatte ein Jahr lang Angst vor ihm, bis er es endlich akzeptiert hatte." (Ironischerweise nimmt dieser Freund heute Hormone, um eine Frau zu werden.) Jessica Vazquez, eine 26-jährige Lesbe, die als Journalistin für die Website Game Revolution arbeitet, hat erst kurz bevor sie 20 wurde, bemerkt, dass sie lesbisch ist. Sie hat mir gegenüber zugegeben, dass sie automatisch ihre Homosexualität verbarg. „Homosexualität war nie Bestandteil der Spiele, die ich spielte." Sie hat erst gemerkt, dass sie lesbisch ist, nachdem sie Fable gespielt hatte und dort romantische Beziehungen mit anderen Spielfiguren hatte.

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Fables Akzeptanz—oder sogar Befürwortung—von Homosexualität ist eher die Ausnahme als die Regel. Homosexualität kommt nur selten in Videospielen vor, obwohl jeder, der schon mal einen Joystick in die Hand genommen hat, schon viele spärlich bekleidete Frauen gesehen hat. (Manche Spiele wie God of War oder Grand Theft Auto enthalten sogar tatsächliche, leicht pornografische Sexszenen.) Einer der seltenen Titel, die homosexuelle Situationen beinhalten, ist ein japanisches Rollenspiel namens Persona 4. Das beinhaltet ein heimlich schwules Gangmitglied, das auf der Suche nach jemanden ist, der sich um ihn kümmert. „Es ist nicht wirklich gut geschrieben, aber es ist interessant", sagte Matt. „Wenigstens erforscht es die Thematik und man hilft ihm zu realisieren, dass das Teil seiner selbst ist." Ein prominenteres Beispiel für eine schwule Figur ist Lieutenant Steve Cortez in Mass Effect 3 von BioWare, der ein potenzieller Partner ist, wenn man mit der männlichen Hauptfigur spielt.

BioWare hat sich sehr für GaymerX interessiert—dessen Mitarbeiter nahmen am Wochenende an vier Vorträgen teil, inklusive „Warum wir denken, dass es wichtig ist, mehr LGBT-bezogene Spiele zu erschaffen" und „Romantik in Spielen". Beim Letzteren war David Gaider, führender Autor für Dragon Age und anderen RPGs, der Meinung, dass Spieler in der Lage sein sollten, sich auszusuchen, mit welchem anderen Geschlecht sie eine romantische Beziehung beginnen wollen. Allerdings sollten sie nicht die Möglichkeit haben, LGBT-bezogene Inhalte komplett zu entfernen. „Wir verringern nicht unsere enormen Mengen an Gewalt und Brutalität, warum sollten wir also homosexuelle Inhalte weglassen?", sagte er. „Du solltest auch schwulen Charakteren begegnen, selbst wenn du nicht vorhast, etwas mit ihnen anzufangen." BioWare arbeitet momentan am nächsten Ableger ihrer enorm erfolgreichen Mass Effect-Reihe, die, wie sie angekündigt haben, „die für das Franchise übliche Offenheit beibehalten will, wenn es um die Geschlechterwahl und LGBT-bezogene Geschichten geht." Etliche Gamer, so wie Jessica, hoffen auf einen LGBT-Charakter, der in der Rolle eines Protagonisten auftaucht. „Ich wünschte wirklich, irgendeine Spielefirma würde einfach so einen Charakter ins Spiel tun und sehen, was passiert", sagte sie.

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Das Problem ist nicht nur, dass die Entwickler nicht besonders proaktiv waren, wenn es um schwule und lesbische Charaktere geht. Es gibt auch das Problem der gelegentlichen heftigen Homophobie in der Gaming-Community (die hauptsächlich von heterosexuellen, weißen Männern dominiert wird). „Schwul" oder „Schwuchtel" hört man innerhalb von drei Sekunden, nachdem man sich bei Xbox Live eingeloggt hat. „So ist das nun mal", sagt Jen LeGay, ein 29-jähriger Gaymer, der den ganzen Weg aus New Hampshire hergekommen ist, um sich auf der Messe um die Security zu kümmern. Eine Lösung für dieses Problem wäre es laut den Teilnehmern der GaymerX, aufmerksame Moderatoren einzustellen, die die Halbstarken für solche Beleidigungen bestrafen.

„Es liegt in der Verantwortung der Spielefirmen, Moderatoren zu haben", sagte der Mitbegründer der GaymerX, Kayce Brown. „Es gibt homophobes Mobbing. Es sollte verboten sein." Sie fügte hinzu, dass die Gamer eigentlich als ihre eigene Polizei fungieren müssten. „Grenzen müssen gesetzt werden. Das ist nicht OK. Wenn wir diese Mobbingaktionen erlauben, erlauben wir es auch, dass bestimme Dinge passieren. Das ist wie in einer schlechten Beziehung."

Kayce und Matt sind vorsichtig optimistisch. Kayce hat mir erzählt, dass „sowohl EA als auch BioWare versprochen haben, sich mehr auf die Moderation zu konzentrieren und sicherzustellen, dass es mehr schwule Videospiel-Charaktere geben wird." Matt hofft, dass sich junge Mitglieder der LGBT-Gemeinde deswegen weniger alleine fühlen. „Ich mache diese Veranstaltung für mein 14-jähriges Ich", sagte er. „Ich denke oft darüber nach, wie scheiße es ist, wenn man erwachsen wird und sich nicht outen kann und niemanden hat, mit dem man sich identifiziert."

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