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Aktivisten zeigen Assads PR-Zynikern, wie der #SummerInSyria wirklich aussieht

Das syrische Regime hat zu einem Twitter-Fotowettbewerb aufgerufen, der zeigen soll, wie idyllisch das Leben in Syrien ist. Aktivisten haben das Hashtag mit Kriegsbildern gekapert.
Bild: imago

Es gibt schlechte PR-Kampagnen, die sind unüberlegt, es gibt noch schlechtere Kampagnen, die zynisch anmuten. Und dann gibt es jenseits davon die verqueren Gedankengänge des syrische Assad-Regime und deren Staatsmedien: Die offizielle Nachrichtenagentur SANA in Syrien hielt es auf ihrem englischsprachigen Account für eine gute Idee, online ein bisschen sorglose Sommerstimmung zu verbreiten nach den ganzen hässlichen Kriegsmeldungen der vergangenen Jahre. Dafür forderte sie die Bürger auf, doch auch mal ein paar schöne Bilder aus ihrem Heimatland einzuschicken—unter dem Hashtag #summerinsyria sollten „Ihre Sommerschnappschüsse" gesammelt werden.

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Dass das Land seit fast fünf Jahren in einem blutigen Bürgerkrieg zerrissen ist, der laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London bereits 220.000 Menschenleben gekostet hat—und unzählige davon durch Giftgasanschläge und Fassbomben der eigenen Regierung gestorben sind, scheint die Agentur dabei nicht für besonders berichtenswert zu halten. Dass sich halb Syrien momentan auf der Flucht befindet, auch nicht.

Doch viele der 15.000 Twitter-Follower der Agentur SANA wollten sich nicht einfach mit der blasierten Ignoranz der staatlichen Medien abgeben. Aktivisten (darunter viele Exilanten) kaperten den Hashtag kurzerhand und antworteten mit blutigen und schmerzlich ungeschönten Kriegsbildern aus dem andauernden Konflikt. Statt gemütlichem Fastenbrechen im Park oder Aufnahmen von Live-Konzerten aus dem Damaskuser Nachtleben bekam das Assad-Regime vor Augen geführt, wie der „Sommer in Syrien" 2015 wirklich aussieht:

Bild: Twitter

Now that #summer is upon us, snap us your moments of summer in #Syria using the hashtag #SummerInSyria pic.twitter.com/sutvUuZUoj
— SANA English (@SANA_English) June 22, 2015

Bild: Twitter

Bild: Twitter

Bild: Twitter

By the way,while you are there don't forget to thank president ASSAD for his kindness to Syrian kids #SummerinSyria pic.twitter.com/vUvZkbnIEL
— Abdullah Alsadoun (@uclausc) June 26, 2015

Bild: Twitter

Bild: Twitter

Bild: Twitter

Bild: Twitter

Die heftigen Reaktionen der Assad-Gegner beweisen, dass auch auf Twitter etwas Sensibilität und der Blick über den Tellerrand gefragt ist, will man sich einen Hashtag zu PR-Zwecken zu Eigen machen. Da hätte sich die SANA mal eine Scheibe von anderen völlig misslungenen Publicity-Rohrkrepierern wie #myNYPD eine Scheibe abschneiden können. Oder hätte eigentlich noch nicht mal so weit ins Ausland schauen müssen: Schon bei der letzten Präsidentschaftswahl im Sommer vergangenen Jahres bekam Assad unter dem Hashtag #AssadCampaignSlogans bereits eine Extraportion Häme und Hass ab („Because Syria can't barrel bomb itself").

Sollten die Verantwortlichen hinter der geschmacklosen Twitter-Aktion nicht gbereits gefeuert sein, haben sie hoffentlich zumindest gelernt: Wo das Sommerloch durch ein Bombenloch im Nachbarhaus ersetzt wird, ist kein Platz für eine arrogante Politkampagne, die die Realität schönzeichnen soll. Denn die weiteren Aussichten für Syrien unterscheiden sich kaum von denen der vergangenen vier Sommer: weitgehend blutig und hoffnungslos.