Stau
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Dieser KI-Algorithmus würde das weltweite Stauproblem auf einen Schlag lösen

Das beste daran: Wenn nur zehn Prozent aller Autos das Programm nutzen, würde unser gesamtes Verkehrsnetz flüssiger laufen.

Nirgendwo zeigt sich das egoistische Verhalten des Menschen so deutlich wie im Straßenverkehr. Auch wenn kollektives Handeln für alle Beteiligten besser wäre, kann ein übermütiges Überholmanöver eines einzelnen Fahrer ausreichen, um einen Unfall oder auch nur einen Rückstau auszulösen, der alle anderen ausbremst. Selbst die Folgen von kleinen Manövern können weitreichend sein: Ein kilometerlanger Stau oder stockender Verkehr, unter dem dann alle leiden. Autonome Fahrzeuge könnten diese Probleme bald der Vergangenheit angehören lassen. Schließlich würden die Fahrzeuge von kühlen Algorithmen statt irrationalen Emotionen und eigennützigen Motiven gelenkt werden. Eine neue wissenschaftliche Studie zeigt nun, dass der Einsatz von KI im Straßenverkehr das Stauproblem schlagartig lösen oder doch zumindest stark eindämmen könnte.

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Informatiker der Technischen Universität Nanyang in Singapur haben einen neuen intelligenten Routen-Algorithmus entwickelt, der sogenannte spontane Staus – also Staus, die nicht durch einen Unfall ausgelöst wurden – im Straßenverkehr minimieren soll. Ihre Ergebnisse erscheinen in der Aprilausgabe des Fachjournals IEEE Transactions on Emerging Topics in Computational Intelligence.

Der hektische Straßenverkehr einer Großstadt stellt die Informatik vor eine große Herausforderung. Die Routenplanung beruht auf Graphentheorie und Mathematiker haben schon lange, bevor es den ersten Computer gab, Algorithmen entwickelt, um beispielsweise das Königsberger Brückenproblem zu lösen. Routen-Algorithmen können schon bei einer kleinen Anzahl möglicher Wege und wenigen Akteuren ausgesprochen komplex sein. In einer Großstadt kommen eine Vielzahl an möglichen Routen jede Menge Autos und andere Faktoren wie Ampeln zusammen.

Der Algorithmus der Forscher aus Singapur geht von der Grundannahme aus, dass bei hoher Verkehrsdichte früher oder später etwas passieren wird. Irgendjemand oder irgendetwas wird den Verkehrsfluss so beeinflussen, dass es zu einem Verkehrszusammenbruch kommt. Ein Verkehrszusammenbruch bedeutet, dass für einen bestimmten Zeitraum mehr Fahrzeuge in einen Streckenabschnitt hineinfahren, als ihn wieder verlassen. Kurzum: Es kommt zum Stau.

Hongliang Guo und seine Kollegen möchten den Verkehrsfluss mit ihrem Algorithmus so regulieren, dass „die Wahrscheinlichkeit maximiert wird, dass nirgendwo im Verkehrsnetz ein Stau entsteht", heißt es in ihrem Paper.

Um diese Maximierung zu erreichen, haben die Forscher eine Gleichung aufgestellt, die die Künstliche Intelligenz anwendet. Als Grundlage für seine Berechnung nimmt das System das aktuelle Verkehrsaufkommen und fügt eine unbekannte zusätzliche Belastung hinzu, die jederzeit auftreten könnte. Daraufhin berechnet es für jeden Knotenpunkt und jede Kreuzung im Straßennetz die Wahrscheinlichkeiten für einen Stau. Kombiniert mit ein paar linearen Algebra-Gleichungen erhält man so die optimalen Routen durchs Straßennetz.

Guo und seinen Kollegen gelang es, einige mathematische Optimierungen durchzuführen, die eine derartige Berechnung in Echtzeit möglich machen. Die Leistungsfähigkeit ihres Algorithmus konnten sie in Simulationen bereits demonstrieren. Momentan arbeiten sie an einer weiteren Auswertung mit BMW zusammen, die dafür eine große Datenmenge aus ihrem Münchner Carsharing-Fuhrpark zur Verfügung stellen.

Das beste an der Sache: Um von der in Singapur entwickelten KI zu profitieren, müssen wir nicht erst warten, bis auf den Straßen nur noch selbstfahrende Teslas unterwegs sind. Natürlich ist die KI bestens für die Anwendung bei autonomen Fahrzeuge geeignet, könnte aber auch schon heute in die Bordcomputer von Autos integriert werden. Tatsächlich würde es schon reichen, wenn 10 Prozent der Fahrzeuge in einem Straßensystem nach dem optimierten Algorithmus handeln würden, damit es für alle Verkehrsteilnehmer einen positiven Effekt gibt.