Robert Trappl
Foto: Kurt Prinz

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Die Technologieausgabe

Der Job-Befreier

Robert Trappl ist eine Koryphäe der Artificial-Intelligence-Forschung. Wir haben mit ihm über die Arbeit der Zukunft, "Her" und eine mögliche Roboter-Steuer gesprochen.

Foto: Kurt Prinz

Aus der Technologieausgabe.

Bei seinem Auftritt am World Government Summit in Dubai im Februar 2017 sagte Elon Musk viele eigenartige Dinge. Er wiederholte die Möglichkeit, dass wir alle vielleicht nur Teil eines ziemlich nervigen Computerspiels sind, er redete von Aliens und davon, dass er womöglich selbst einer sei. Im gleichen Atemzug warnte der Unternehmer auch vor einer „digitalen Super-Intelligenz", die uns wie ein Alien vorkommen werde, weil sie so unglaublich viel klüger sei als der intelligenteste Mensch auf dem Planeten – also vermutlich Musk selbst.

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Von dieser Super-Intelligenz war es wiederum nicht weit zum Lieblingsthema des Unternehmers, den selbstfahrenden Autos, die in den nächsten 20 Jahren 12 bis 15 Prozent der Menschen von ihrem Job befreien werden – womit wir wiederum bei einem der aktuellen Lieblingsthemen unserer Zeit angekommen wären.

Wenn künstliche Intelligenz in Autos schon dazu führen könnte, dass ein Achtel der Arbeitsplätze vernichtet wird, was bedeutet das dann für den Rest von uns? Je nach Sichtweise "nichts Gutes" oder "endlich mal positive Nachrichten", wenn man Studien der Unternehmensberatung A.T. Kearney oder einer schon älteren Studie der Oxford University glauben kann: Je nach Prognose verlieren zwischen 45 und 50 Prozent der Beschäftigten durch die Digitalisierung ihren Job an Roboter.

"Ein Installateur sieht sofort, wenn vor ihm drei Pfuscher da waren. Das kann so schnell kein Roboter erledigen."

Was auf den ersten Blick nach einem Horror-Szenario aussieht, könnte aber auch der notwendige Schritt in die Welt von Star Trek sein, bei der Arbeit nicht mehr viel mit Pflicht oder Ausbeutung zu tun hat und das Schnitzel aus dem Replikator kommt.

Weil es aber nicht das erste Mal wäre, dass Zukunftsforscher ganz schön daneben liegen und Prognosen genau gar nichts mit der Realität zu tun haben müssen, haben wir uns mit Robert Trappl getroffen, der eine Koryphäe der Artificial-Intelligence-Forschung ist, um vor allem zwei Dinge herauszufinden: Wie schnell das mit der Künstlichen Intelligenz wirklich geht und welche Auswirkungen diese Veränderung auf unsere Welt haben wird.

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VICE: Herr Trappl, Elon Musk warnt vor den Gefahren einer Super-Intelligenz, die uns wie ein Alien vorkommen wird. Aber wenn ich mit Siri rede, kommt mir das nicht sehr bedrohlich vor. Wann wird eine Künstliche Intelligenz unsere Welt übernehmen?
Robert Trappl: Der Trick bei den meisten Leuten, die Prognosen abgeben, ist, den Zeitpunkt des Eintreffens so weit in die Zukunft zu verlegen, dass sie selbst nicht mehr erleben, wenn sie falsch liegen. Aber davon ganz abgesehen halte ich die Bezeichnung "Super intelligence", die Nick Bostrom gewählt hat, in Kombination mit einer Bedrohung für irreführend. Intelligenz ist nämlich einfach nur eine Funktion, um bestimmte Ziele zu erreichen oder Risiken zu vermeiden. Wer die Welt beherrscht, ist der Intelligenz also völlig wurscht. Natürlich gibt es Überlegungen, so etwas wie Persönlichkeitsmodelle zu machen. Du hast sicher den Film Her gesehen, oder?

Den von Spike Jonze?
Genau. Das wäre ein gutes Beispiel für ein solches Persönlichkeitsmodell. Da hat das Programm das Verlangen nach einem Körper entwickelt und Joaquin Phoenix ein Surrogat geschickt, was natürlich gescheitert ist. Aber so ein Persönlichkeitsmodell in Kombination mit einer Super-Intelligenz könnte schon bedrohlich werden. Trotzdem müssen wir uns die nächsten 20 bis 30 Jahre keine Sorgen machen. Also zumindest nicht deswegen – denn die Chance, dass ein Superhacker irgendetwas mit unserem Stromnetz anstellt, ist bedeutend größer.

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Ok, aber wenn uns Computer schon nicht das Leben wegnehmen, können sie dann wenigsten unsere Jobs stehlen? Diese Behauptung stellen zumindest manche Studien auf.
Ja, aber auch das wird nicht so schnell gehen. Natürlich fallen Jobs weg, aber diese Entwicklung wird viel schleichender passieren. Und es wird nur gewisse Jobs betreffen. Wenn du zum Beispiel einen Abfluss hast, der rinnt, wirst du dafür immer einen Installateur brauchen. Der kommt dann, macht das Türl auf und sieht, drei Pfuscher waren vorher schon da und haben die Rohre irgendwie verlegt. Das wird dir so schnell kein Roboter erledigen könnten.

Auf der anderen Seite wird es für die Berechnung der Kreditwürdigkeit bald keine Menschen mehr brauchen. Das kann auch Vorteile haben, wenn man an die Hypo Alpe Adria denkt. Wobei die Fehler in dem Fall vermutlich weniger an der mangelnden Rechenfähigkeiten gelegen sind.

Abgesehen davon, dass wir uns damit vielleicht solche Fälle wie in Kärnten sparen—wird so eine Entwicklung gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben?
Insgesamt werden es schon weniger Jobs werden, aber der Großteil der Veränderung wird darin bestehen, dass es einfach andere Jobs werden. Wie schnell diese Entwicklung geht, hat auch viel mit Löhnen und Globalisierung zu tun. So lange du ein T-Shirt um 50 Cent in Bangladesh herstellen kannst, wird ein Roboter sich nicht rentieren. Aber angeblich hat Foxconn, die für Apple die iPhones herstellen, eine Reihe an Robotern geordert, was damit zu tun haben könnte, dass in China mittlerweile auch die Löhne steigen.

Wäre dann so etwas wie eine Roboter-Steuer die Möglichkeit, um mittlerweile gar nicht mehr so utopische Projekte wie das Grundeinkommen zu finanzieren?
Genau. Die Idee einer Wertschöpfungsabgabe hat in 80ern schon Sozialminister Dallinger aufgebracht und das ist in Gewerkschaftskreisen heute wieder populär. Ein anderer Ansatz wäre, dass juristische Personen gar keine Roboter besitzen dürfen, sondern nur Einzelpersonen. Das heißt, der Roboter gehört dem Arbeiter, dessen Job wegrationalisiert wurde, und er lebt davon, den Roboter seiner Firma zu vermieten. Es gibt dementsprechend schon neue Modelle, die ein bisschen anders ausschauen.

Also ich kann weiter von einer Welt träumen, in der man nicht mehr arbeiten muss?
Dafür müssen wir zuerst ein viel größeres Problem beseitigen: Bei uns definiert sich der einzelne Mensch meistens darüber, was er macht, also seinen Beruf. Die Frage ist: Kann man das ändern? Und falls ja, wie geht das?

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