Maria hatte es nicht leicht. Mit sieben Jahren starben ihre Eltern und sie musste bis zu ihrem 80. Lebensjahr mit ihren Geschwistern für die Familie sorgen. Sie arbeitet von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf ihrer Maisplantage in der Nähe der Stadt Itabaianinha im brasilianischen Bundesstaat Sergipe.Wie die brasilianische Fotojournalistin Luisa Dorr erzählt, wird Itabaianinha manchmal als "Stadt der Kleinwüchsigen" bezeichnet. Das liegt an den ungewöhnlich vielen erwachsenen Einwohnern, die – wie Maria – keine 1,45 Meter groß sind. Bei insgesamt knapp 40.000 Einwohnern leben dort zwischen 70 und 150 Kleinwüchsige – das bedeutet, im Höchstfall hat einer von 266 Menschen Kleinwuchs. Nur zum Vergleich: Im Rest Brasiliens ist es einer auf 10.000.
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Die Art des Kleinwuchses, die die Einwohner Itabaianinhas haben, ist anders: Ihnen allen wohnt eine genetische Mutation inne, wegen der sie kleiner sind. Trotzdem besitzen sie die gleichen Proportionen wie durchschnittlich große Menschen. Die Kleinwüchsigen-Community Itabaianinha nimmt jedoch ab. Das liegt wohl daran, dass immer mehr Mitglieder durchschnittlich große Menschen heiraten. Und der Rest gehört schon zum älteren Semester.Dorr hat drei Tage mit den kleinwüchsigen Menschen von Itabaianinha verbracht. Anfangs hatte sie noch Probleme, der Community ihr Vorhaben zu erklären. Viele gingen nämlich davon aus, dass sie nur eine weitere Fernsehproduzentin wäre, die sie ins Lächerliche ziehen will. Dabei fühlen sich diese Menschen in ihren Körpern wohl. Auch Maria trat immer selbstbewusst auf und wünschte sich nie, größer zu sein.Die Fotojournalistin kam schließlich mit einem Menschen mit Kleinwuchs ins Gespräch, von dem sie einen Hotdog kaufte. Und per Facebook lernte sie einen Mann namens Sergio kennen. Der führte sie zusammen mit einem Freund durch die Stadt und lud sie zu einem Fußballspiel zwischen Menschen mit Kleinwuchs ein.Vor ein paar Monaten erreichte Dorr die Nachricht, dass Maria im Alter von 101 Jahren gestorben ist. Rückblickend auf den Tag, den die Fotojournalistin mit ihr verbracht hat, schreibt sie: "Sie sind eine Familie mit einer schönen Geschichte. Obwohl sie ihr ganzes Leben lang hart arbeiten mussten, waren sie alle glücklich und dankbar."
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