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Leben wie Nikola Karabatic in Frankreich

Nikola Karabatic hat mit seinem Bruder und Teamkollegen ein Spiel manipuliert. Trotzdem legt die französische Justiz ihre schützende Hand über den Welthandballer und sendet die Botschaft: Erfolg schützt vor Bestrafung.
Foto: Imago

Sport ist in Frankreich eine nationale Angelegenheit. Sportliche Erfolge scheinen nochmal eine Ecke wichtiger für das angeknackste Selbstbewusstsein der Grande Nation zu sein als beispielsweise in Deutschland. Eines dieser Aushängeschilder ist die französische Handballnationalmannschaft, die in der letzten Dekade das Maß aller Dinge im Welthandball war. Angeführt werden die Bleus von Nikola Karabatic, dem Welthandballer von 2007 und 2014 und einem der größten Handballer aller Zeiten. Ein Modellathlet mit beängstigenden Anlagen, der nie davor zurückscheute, auch selber auszuteilen. Respektiert und geachtet, das ist das Image und auch Selbstverständnis, das die Franzosen mit Karabatic als Anführer an den Tag legen. Und offensichtlich rechtfertigen sie damit ihr lupenreines Arschlochverhalten.

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Nachdem es die L'Équipe, normalerweise lautstarkes Sprachrohr der französischen Sache, vor den Olympischen Spielen in London wagte, die Nationalmannschaft zu kritisieren, nahmen die Spieler kurzerhand das Studio auseinander. Karabatic, Anführer der Aktion, meinte nur: „Wir wollen nur ein bisschen feiern." Dieser Vorfall zog keinerlei Folgen nach sich, schließlich haben sich die Handballer um die Erfolge fürs Vaterland verdient gemacht.

Das Verhalten ist vor allem deswegen so dreist, weil Karabatic einige Monate zuvor in einem handfesten Wettskandal verwickelt war.

Beim Spiel von Montpellier gegen den abstiegsgefährdeten Verein aus Cesson-Rennes saß Karabatic mit einer Verletzung auf der Bank. Doch das war nicht der Grund für die Niederlage des bereits feststehenden Meisters. Denn das Spiel war manipuliert.

Angeführt von Nikola Karabatic, seinem Bruder Luka, Samuel Honrubia und Mladen Bojinovic, sollen sie insgesamt 87.880 Euro auf eine Halbzeitführung von Rennes gesetzt haben. Das gewünschte Ergebnis trat ein, woraufhin 252.880 Euro ausgeschüttet wurden. Das wirklich Unfassbare daran ist das Motiv der Spieler. Laut Justiz habe Luka Karabatic den gesamten Einsatz der Mannschaftskameraden ohne deren Zustimmung auf das Spiel gesetzt, mit der Absicht, eine gemeinsame Reise nach Ibiza zu finanzieren. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Die Öffentlichkeit zeigte sich entrüstet, Karabatic und Montpellier verloren wichtige Sponsoren, doch die französische Justiz unternahm erst einmal gar nichts.

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Bis zum ersten Verhör wurde erst einmal das Olympia-Gold in London abgewartet. Die ersten Strafen wurden erst 2013 verhängt und teilweise wieder zurückgezogen. Mittlerweile war Karabatic zum FC Barcelona gewechselt, wo er 2014 zum zweiten Mal Welthandballer und dieses Jahr Champions-League-Sieger wurde.

Doch das Urteil in dem Wettprozess stand immer noch aus. Wegen Sportkorruption und Betrug drohten den Spielern drei bis fünf Jahre Haft und Geldstrafen in Höhe von 75.000 Euro. Karabatic hatte bereits in einem polizeilichen Verhör (nach Olympia, versteht sich) zugegeben, dass er an den Wetteinsätzen beteiligt war, nicht aber an der Spielmanipulation selbst—wie auch, er war ja verletzt.

Anfang Juli dann das Urteil: Nikola muss 10.000 Euro zahlen, Luka 15.000. Mladen Bojinovic wurde zu einer Strafe von 30.000 Euro verurteilt. Eingefädelt wurde die Manipulation von einem Betreiber eines Tabakladens, der zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde und zusätzlich 80.000 Euro zahlen muss.

Diese Nachricht ist unmissverständlich: Karabatic hat uns acht internationale Titel beschert, das ist mehr wert als so eine kleine Wettmanipulation. Soll der arabische Tabakladenbesitzer dafür bluten. War ja schließlich seine Idee.

Nur wenige Tage später wurde Karabatics Wechsel zu Paris Saint-Germain verkündet. Dort hatten bereits sein Bruder Luka, Mladen Boijnovic und Samuel Honrubia—also die ganze Wettbande—unterschrieben. Trainiert wird das Team übrigens von Noka Serdarusic, der deutsch-kroatischen Trainerlegende vom THW Kiel, der verdächtigt wurde, Schiedsrichter bestochen zu haben. Im Januar 2012 wurde er vom Landgericht in Kiel freigesprochen.

Montpellier verlangt von den Karabatics Schadenersatz in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Doch allzu viele Sorgen müssen sich die Brüder nicht machen: Es gibt viele Indizien dafür, dass die Investoren aus Katar etwaige Kosten, die noch anfallen, übernehmen werden. Ein verdienter Sportler in Frankreich müsste man sein—der Staat und die Justiz halten die schützende Hand über dir und die Kumpels vom Golf helfen dann noch mit dem nötigen Kleingeld.