Auf Streifzug durch die Online-Shops der Bundesliga
Foto: Screenshot shop.fcbayern.de

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wie hässlich

Auf Streifzug durch die Online-Shops der Bundesliga

Die Saison ist vorbei, aber der Verkauf von Trikots und Devotionalien geht weiter. Unser Autor hat sich die aktuellen Fanshops der Bundesligavereine angeschaut und kommt zum Schluss: Echte Liebe muss weh tun. Vor allem in den Augen.

Zugegeben, es gibt dankbarere Aufgaben als die Shops der deutschen Erstligisten zu durchstreifen und sich eine ästhetische Watsch'n nach der anderen abzuholen. Das soll keine Manöverkritik am wirtschaftlichen Aspekt sein, denn wahrscheinlich beschäftigt jeder Verein zahllose Analysten, die ihm bescheinigen, dass nur hässliches, scheinheiliges und überteuertes Merchandise sich gut verkauft, schließlich ist ein Fußballverein nicht die Gruppe 47. Trotzdem wollen wir mal demonstrieren, dass die Vereinsideologien, ob Underdog oder Overkrösus, sich in einem einig sind: Merch muss scheiße aussehen.

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Da ist zunächst der FC Bayern, forever number one—man munkelt was von über 100 Millionen Euro Einnahmen durch Merchandise im Jahr. Da fangen wir die Shop-Tour an. Und natürlich: es mia san miat, wohin man auch schaut. Bei dem Slogan muss ich an meine Kindheit in einem niederbayerischen Dorf denken, ans örtliche Wirtshaus, an Stammtischbrüder, an Kegelvereine und die beliebte Sentenz „Mia san mia, mia saufan wie die Stier." In meiner Erinnerung eher der Ausgrenzung als dem Wir-Gefühl gedient. Eher ein Gebot der bayerischen Sturheit und eines geografischen Elitarismus als der stolze Schlachtruf einer Fußballregion, die heute zwanghaft danach strebt, ihre Spitzenposition im deutschen und internationalen Fußball in kommunaler Bodenständigkeit und Tradition zu verankern. Kurz: es wirkt großkotzig und passt somit besser als Inschrift auf jedes Bayern-Trikot als moderate Fans wie ich wahrhaben wollen. So teuer ein Windbreaker oder die wasserdichte Uhr aus dem Bayern-Katalog auch sein mögen, so sehr wird er auch seinen Kik-Charme nicht los und das Einzige was man da bestellen kann, ist das aktuelle und angenehm schlichte Heimtrikot, will man nicht Partnerschaft und Sozialleben riskieren.

Doch schockt das Merch von krediblen Arbeiterclubs wie dem BVB so viel mehr? Ich hab da eine gewisse Vorahnung. Und tatsächlich: grungige Schriftarten und Wörter wie „Ballsportfinale" statt „DFB-Pokalfinale." Willkommen Anfang der Nullerjahre, war ja auch eine schöne Zeit, als man sich mit 11Freunde und Retro-Shirts plötzlich auch als Fußballfan mondän fühlen durfte. Sowieso immer dufte, wenn die Vereine auf T-Shirts und Accessoires ihre Vorstellung von vintage verwirklichen – da ist man froh, dass die Vergangenheit vorbei ist. Ansonsten viel Kloppostalgie und Echte-Liebe-Geschwafel und reden wir lieber nicht über die Abteilung „Dortmunder Mädchen". Wer da einkauft, darf garantiert nicht zu Parship. Selbst Tinder-AGBs könnten dagegen sprechen.

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Okay, das waren jetzt die Angeber-Vereine. Schauen wir uns doch mal die „Guten" an. Was bietet der „Fohlen-Shop"? Auf der Startseite der angebliche „Klassiker unter den Fanschals": „Die Macht vom Niederrein". Nur echt mit Deutschland-Fahne. Gladbach-Trikots gehören traditionell eh zum hässlichsten was die Liga zu bieten hat, das liegt an der unheiligen Allianz zwischen Kappa und dem Sponsor Postbank, der scheinbar darauf besteht, sein Logo möglichst komplementär und unorganisch in die Vereins-CI einzubringen. Gehen wir lieber zu den T-Shirts. Da fällt das Design des diesjährigen Europa-League-Shirts positiv auf: Ein Flip Flop neben einem Fußballschuh und darunter der Spruch: „Von Spiel zu Spiel, von Strand zu Strand".

Schön, wie leichtfüßig man offensichtlich in Gladbach durch Europa reist. Was ist wohl in der kommenden Champions League-Saison drauf? High Heels nach dem Motto: „Von Spiel zu Spiel, von Puff zu Puff?" Kostet auch nur zehn Euro, dafür bekommt man im Bayern-Shop keinen Kühlschrankmagneten. Warnen muss ich allerdings auch hier vor den Mädchenshirts, da würden selbst Kappa- und Postbank-Logos noch was aufwerten.

Kommen wir zu einem Verein, der angeblich gar keine Fans hat und deshalb auch keinen Fanshop braucht, dem VfL Wolfsburg. Da gibt es das „stylische Poloshirt mit feinem Stick" auf dessen Rückseite „Mein Verein & Meine Stadt seit 1945" steht.

Dagegen sind die Retro-Designs vom BVB Ben Sherman. Von den Trikots schweigen wir lieber, auch hier waltet Kappa. Bemerkenswert sind noch die frechen grünen Gartenzwerge für 15 Euro das Stück und das wie von Jung von Matt getextete Europa-League-Shirt „Europa We(l)come" für sensationelle zwei Euro, Vereinsmitglieder 1,80 €.

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Insgeheim habe ich gehofft, im Schalke-Shop Schmäh-Shirts auf Horst Heldt und KP Boateng zu finden, stattdessen springt mir ein ein grünes Gasprom-Trikot ins Gesicht, das mehr nach Strahlenwarnung als nach Fußballtrikot aussieht. Ich mache eine Stichprobe in der Kollektion „Kumpel und Malocher" und entweder sind meine Sehnerven vom Fanshopsurfen schon stumpf, ich leide unter Stockholm-Syndrom oder das ausgewaschene K&M-Logo mit Zeche auf grauem Sweatshirt sieht gar nicht so übel aus.

Schockierend wenig auszusetzen auch in der Damenabteilung—klar, American Apparel geht anders, aber ich bin längst nicht mehr wählerisch. Eigentlich finde ich Slogans wie „Die Macht aus'm Schacht" und „Auf Kohle geboren" sogar ganz gut, zumindest besser als „Echte Liebe" oder „Mia san mir". Und Schalke hat ja wirklich kein Geld, ist unter Magath niedergegangen wie die Braunkohle-Industrie, das passt schon.

Wo wir grade vom Niedergang sprechen, kein Shop-Hopping ohne unsere alljährlichen Relegations-Helden vom HSV. Im Gegensatz zur Spielleistung der zurückliegenden Saison spart man sich hier Publikumsverhöhnung, lediglich das „Hier kommt Hamburg" könnte man in „Da geht Hamburg" umtexten. Pauli-Fanshop lass ich aus, ist alles viel zu cool und nicht repräsentativ für einen Profi-Fußballverein.

Zu guter Letzt noch der Paderborn-Shop. Großer Teaser zumindest bis letzten Samstag: „Lass mal erstklassig bleiben." Daneben ein Shirt mit Aufdruck „Paderborn Football Club" im Stil eines College-Logos. Sieht gar nicht schlecht aus. Auch der Hauptsponsor kfzteile24.de hält sich vornehm zurück, soweit das mit dem Markennamen überhaupt möglich ist. Gewinner unseres kleinen Verbrauchertests also eindeutig der SC Paderborn—wenn das kein Trostpflaster ist. Der FC Bayern hat übrigens vor paar Monaten seinen ersten Fanshop in China eröffnet, wo es laut Verein „90 Millionen Bayernfans" gibt. „Mia san mia" müsste dann ungefähr so aussehen: 们是?'们是谁.