Boxen in einer der gefährlichsten Gegenden Perus

FYI.

This story is over 5 years old.

Boxen in einer der gefährlichsten Gegenden Perus

Sebastián Enriquez will mit seinen Fotos den Alltag von jungen Leuten zeigen, für die Boxen oft die einzige Hoffnung auf ein besseres Leben darstellt.

His fists are his dreams. Kunstprojekte tragen manchmal so kryptische Titel, dass man kaum nachvollziehen kann, wo genau die semantische Überschneidung zu dem Ausgestellten liegen soll. Doch in diesem Fall ist das glücklicherweise nicht so. Denn viel deskriptiver kann der Titel einer Fotosammlung wohl kaum ausfallen. Die Aufnahmen des jungen Fotografen Sebastián Enriquez erzählen vom Boxen in seinem Heimatland Peru und dem Traum, durch den Sport der Armut zu entkommen. Es geht aber auch um Schläge. Die, die einen im Ring treffen, aber auch die, die einem das echte Leben austeilt, also Schicksalsschläge. „Der Arbeitstitel bringt zum Ausdruck, dass Boxen für diese Jungen einen einmaligen, ja traumhaften Ausweg darstellt, den sie nur mithilfe ihrer Fäuste erreichen können. Boxen ist eine Analogie zu ihrem echten Leben—was sie in den Kämpfen erleben, ist ein Spiegelbild von dem, was sie täglich erfahren", erzählt uns Sebastián.

Anzeige

Um mehr über den Entstehungsort dieser beeindruckenden Aufnahmen zu erfahren, haben wir mit Sebastián ein Telefoninterview geführt. „Ich habe das Projekt über zwei Jahre in der Escuela de Boxeo Rojitas in El Callao—der wichtigste Hafen des Landes und einer der gefährlichsten Orte von Peru—betrieben. Was den Nachwuchs im Boxbereich betrifft, ist Rojitas der wichtigste Ausgangspunkt des Landes. Hier hauen die Kinder schon im frühen Alter zum ersten Mal gegen einen Boxsack, um die vielen Probleme zu Hause und in ihrer Nachbarschaft vergessen zu machen", so der Fotograf weiter, der schon seit 2012 mit Projekten dieser Art im In- und Ausland auf soziale Probleme aufmerksam macht.

Und die Kids, die hier trainieren, wie sind die so? „Die meisten von ihnen sind Jugendliche, die kämpfen wollen, um der Spirale aus Armut, Drogen und Kriminalität zu entkommen. Viele von ihnen sind Waisenkinder. Ich wollte mit meinen Fotos zeigen, wie das Boxen ihren täglichen Lebenskampf zum Ausdruck bringt, wie der Ring zu einem Ort wird, wo sie unterbewusst die Gewalt, der sie tagtäglich ausgesetzt sind, verarbeiten können", so Sebastián weiter. Für den Künstler, der es schon in das Magazin The New Yorker, in die Los Angeles Times und NRZ geschafft hat, geht es demnächst erstmal nach Barcelona.

Was an der Boxwelt fand der Fotograf am spannendsten? Was hat den Fotografen zu diesen Aufnahmen bewegt? „Der Kampf, das Aufeinandertreffen zweier Menschen im Ring. Das Thema wurde schon in vielen Büchern und Filmen behandelt. Doch mir geht es weniger um den eigentlichen Kampf als um das Leben neben dem Ring. Also der familiäre Hintergrund und die persönlichen Geschichten der jungen Boxer. Und natürlich die Frage, was sie zum Boxen gebracht hat. Die Antworten auf diese Fragen findet man aber nicht in der Trainingshalle oder im Ring. Dafür muss man die Jungen schon zu Hause oder auf der Straße besuchen gehen."

Anzeige