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Wir haben den neuen Wahlkampf-Song der AfD Wort für Wort analysiert

Alle sollten wissen, wofür "Bodo mit dem Bagger" wirklich steht.

Eigentlich ist es noch ein bisschen früh. Die Bundestagswahl ist erst in fünf Monaten, und wir hatten im Stillen noch auf zwei Monate relative Ruhe gehofft. Aber dann hat die SPD den Schulzzug losgelassen, und plötzlich erreicht das Wahl-Fieber bedenkliche Temperaturen. Anders lässt sich auch nicht erklären, warum die AfD jetzt schon die ultimative Propaganda-Bombe gezündet hat: ihren Wahlkampf-Song.

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Die Art und Weise, wie die musikalische Kampfansage auf die Systemparteien enthüllt wurde, zeugt von enormem taktischem Geschick. Statt das neue Lied groß und breit auf allen Social-Media-Kanälen abzufeuern, entschieden sich die Partei-Strategen für geniales Guerilla-Marketing: Sie spielten den neuen Hit einfach bei einer scheinbar unwichtigen Veranstaltung der NRW-AfD in Essen. Natürlich wussten sie, dass Unbeteiligte das Lied filmen und so ganz umsonst am Hype stricken würden. Ausgesehen hat das Ganze so:

Musik-Kenner werden das Lied natürlich sofort als Mike Krügers bahnbrechenden Avantgarde-Klassiker "Bodo mit dem Bagger" von 1984 erkannt haben. Dass die AfD dieses Lied gewählt hat, ist natürlich kein Zufall. Darin enthalten sind eine ganze Reihe Andeutungen und versteckter Botschaften, die direkte Rückschlüsse auf die Positionierung der Protestpartei im kommenden Kampf um die Macht erlauben. Wir haben für euch den Song einmal grundlegend analysiert:

Das Grund-Thema: Bodo

Gut, das liegt natürlich auf der Hand. Bodo mit dem Bagger ist der Idealtyp der AfD: ein ehrlicher, (bio-)deutscher Arbeiter, der niemandem auf der Tasche liegt, kein Marihuana spritzt und sich vor allem nie über Überstunden beschwert. Bodo ist damit so etwas wie der Gegenentwurf zum linksgrün-versifften Kreuzberger Hipster, er steht für alles, für das auch die AfD steht.

"Ich glaub, ich schiel / weil mein Gartenzaun eben in sich zusammenfiel!"

Auch die allererste Zeile fügt sich noch ziemlich nahtlos in das ein, was man von der AfD gewohnt ist: knallharte Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin und der damit einhergehenden vermeintlichen Erosion der Grenzen. Der einstürzende Gartenzaun als Bild für den Kollaps der EU-Außengrenzen: genau die Art von Bildsprache, die den AfD-Wähler anspricht.

Interessant ist übrigens, dass es offenbar Bodos Arbeit selbst ist, die den Gartenzaun zum Fallen bringt. Das wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich – warum sollte der vorbildliche deutsche Bodo den Zaun selbst einreißen? –, auf den zweiten Blick offenbart sich aber die ganze Tiefsinnigkeit der AfD-Hymne: Bodo ist als ehrlicher Arbeiter natürlich bei einem Baukonzern beschäftigt. Und dieser Baukonzern ist Teil des internationalen Kapitalismus. Und der raffgierige Kapitalismus wiederum arbeitet bekanntermaßen schon seit Jahren mit Hochdruck daran, sämtliche Grenzen einzureißen, um den deutschen Arbeitsmarkt mit billigen Arbeitskräften aus der ganzen Welt zu fluten. Bodo weiß es noch nicht, aber er gräbt an seiner eigenen Lebensgrundlage.

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Der Bagger als Metapher für die Wahrheitsfindung

Wie auf einem Palimpsest überlagern und kreuzen sich die semantischen Ebenen in diesem Lied. Denn Bodo steht mit seinem Bagger auch für die unermüdliche Arbeit der AfD-Leute und ihrer Wähler, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Wer baggert, der gräbt, und wer gräbt, der legt frei, deckt auf. Da können die Eliten noch so sehr versuchen, uns hinters Licht zu führen, da können sie noch so energisch die ganzen kriminellen Flüchtlinge unter den Teppich kehren und uns den Teppich dann auch noch für teuer Geld als Mulit-Kulti-Kilim verkaufen – Bodo baggert sich bis zur Wahrheit durch!

"Jetzt baggert sich Bodo durch den Supermarkt / es fliegen die Dosen, Gemüse und Quark"

Auch diese Strophe erschließt sich erst auf den zweiten Blick, entfaltet dann aber eine umso stärkere Wirkung. Bodo, der mit dem Bagger in einen Supermarkt fährt, ist eine machtvolle Metapher für den Kampf der AfD und ihrer Anhänger gegen die Political-Correctness-Diktatur. Wie jeder weiß, sind die deutschen Supermarkt-Ketten nichts anderes als die Versuchslabore für die schleichende Islamisierung unserer Heimat. Mit jeder Halal-Schokolade, jedem orientalisch dekorierten Adventskalender, jedem Verzicht auf ein Würstchen aus Schweinefleisch, wird der freiwilligen Unterordnung unter die neuen Herren Vorschub geleistet, wird der deutsche Bürger ein bisschen mehr an die zukünftigen Verhältnisse gewöhnt.

Aber nicht mit Bodo! Der fährt mit dem Bagger einfach einmal quer über alle Denkverbote, Sprachregelungen und PC-Korsetts, er zermalmt sie alle zu "Baggermatsch" und befreit die Deutschen von all dem Couscous, den veganen Schnitzeln und dem Kebap-Gedöns! Wenn Bodo da einmal durch ist, ist das alles Mett, und dann ist es gut.

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Die neue Fröhlichkeit der AfD

Das Wichtigste an dem Lied ist aber seine Vielschichtigkeit: Natürlich ist da enorm viel Subtext verborgen, mit dessen Exegese man sich die Verkopfteren unter den Jungpimpfen den einen oder anderen erkenntnisreichen Nachmittag um die Ohren schlagen können! Aber gleichzeitig funktioniert der Song auch ganz einfach als fetzige Melodie, zu der man einfach mal loslassen kann.

Zu Unrecht gilt die AfD nämlich als die Partei der Verkrampften, der Unzufriedenen, der ewig Mäkelnden. Wir bei der AfD, so schreit das neue Lied, sind nicht alle abgehängte Internettrolle! Wir können auch ganz anders, nämlich pfiffig! Wir können auch lockerlassen und auch die neckische Stechschritt-Polonaise!

Wer an der Spaß-Offensive der AfD zweifelt, der muss sich nur mal folgende Szene vorstellen: Frauke Petry auf der Bühne eines Kongresshotels, sie hält sich ein Mikro an den Mund, mit der anderen schaufelt sie ausgelassen die Luft über ihrem Kopf hin und her, die Disco-Lichter spielen verrückt, und mit aller Kraft schreit sie in den Saal "Und jetzt alle!", und aus Hunderten mittelalten, bausparenden Männerkehlen steigt ein donnerndes "Bagga bagga bagga bagga bagga bagga bagga bagga bagga bagga bagga bagga Bagger-Loch!" empor.

Das ist Gänsehaut. Das ist Politik. Die Systemparteien sollten sich warm anziehen.

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