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Physikern ist es gelungen, den Sound eines einzelnen Atoms einzufangen

Die Erfassung des dezentesten Klangs, der physikalisch überhaupt möglich ist, könnte einen wichtigen Durchbruch in der Entwicklung von Quantencomputern bedeuten.

Macht ein Atom ein Geräusch, wenn es bei einem Laborexperiment stimuliert wird? Wie sich jetzt herausgestellt hat, tut es das durchaus—auch wenn es sich dabei um das dezenteste Geräusch handelt, das den Wissenschaftlern zufolge physikalisch überhaupt möglich ist.

Forscher der amerikanischen Columbia University und der technischen Hochschule Chalmers in Schweden gaben bekannt, dass sie zum ersten Mal überhaupt das Geräusch „einfangen" konnten, das ein einzelnes Atom macht, wenn es sich bewegt. Es ist ihnen also quasi gelungen, dem Sound eines einzelnen Phonons zu lauschen. Diese wissenschaftliche Errungenschaft könnte letztlich vor allem der Grundlagenforschung an neuen Quantencomputersystemen zugute kommen.

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Ein Computermodell des Chips, der für die Messung des Atomgeräuschs verwendet wurde. Bild: Krantz NanoArt

In der Schule haben wir gelernt, dass jedes Mal, wenn sich etwas durch Gas oder Flüssigkeiten bewegt oder vibriert, ein Geräusch entsteht. Und dank der Forscher wissen wir nun, dass das gleiche Prinzip auch für winzige Atome gilt.

„Die Amplitude oder Stärke des Geräuschs ist sehr schwach", sagte Göran Johansson, Co-Autor der Studie, die in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde. „Wenn du das Atom stimulierst, macht es ein Geräusch, Phonon für Phonon. Das besagt auch die Theorie. Es ist das schwächste Geräusch, das in dieser Frequenz [in der es schwingt] überhaupt möglich ist."

An dieser Stelle würden wir liebend gerne einen Soundclip mit dem Klang des Atoms verlinken, leider ist das Geräusch aber so dezent, dass es für den Menschen nicht hörbar ist. Auch die Forscher konnten es nicht mit ihren eigenen Ohren wahrnehmen.

Es ist ziemlich faszinierend, wenn du Licht durch Klang ersetzt.

Johansson und seinen Kollegen ist es aber dennoch gelungen, mit Hilfe eines für Quantenexperimente üblichen Halbleiter-Schaltkreises ein künstliches Atom zu erschaffen und zu stimulieren. Aufbau und Funktionsweise dieses Schaltkreises sind vergleichbar mit der Technologie, die auch beim Bau von kleinen Quantencomputern verwendet wird.

Johansson erklärte mir, dass sich auf dem Chip eine Anordnung langer metallischer „Finger" befand, die die Klangwellen, die das Atom mit seinen Bewegungen auslöste, einfangen und messen konnte. Da sie zu klein sind, um sie sehen zu können, wurden die Wellen auf eine zweite Fingeranordnung übertragen, die sie in Mikrowellen umwandelte. Laut Johansson dürfen wir uns die Klangwellen selbst wie die Wellen auf einer Wasseroberfläche vorstellen.

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„Es handelt sich hier um die gleiche Technologie, mit der wir auch supraleitende Qubits auslesen", mit denen im Bereich der Quantenkommunikation gearbeitet wird, erklärte der Wissenschaftler weiter.

Und warum das Ganze? Die Wissenschaftler wollten zum einen feststellen, ob es generell möglich ist, das diskreteste Geräusch überhaupt einzufangen. Ein durchaus ehrwürdiges Ziel ist. Zum anderen wollten die Forscher aber auch die Quanteneigenschaften von Klang untersuchen. Üblicherweise wurden bisher für Experimente der Quantenphysik immer Photonen (Lichtteilchen) verwendet. Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit sind diese aber sehr schwer zu manipulieren, wie die Forscher in dem Paper in Science erklärten:

„Phononen unterschieden sich von Photonen durch einige herausragende Eigenschaften. Ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit ist in etwa 10^5-mal geringer und ihre Wellenlänge in gegebener Frequenz damit um einiges kürzer. Die langsame Geschwindigkeit bedeutet, dass die Qubits viel schneller [als Photonen] manipuliert werden können … das ermöglicht neue dynamische Schemata, um Quanten einfangen und prozessieren zu können."

Mit anderen Worten liegt die Zukunft der Quantenkommunikation möglicherweise im Klang und nicht im Licht: „Du hast Zeit, um das Signal zu verändern, wenn es sich ausbreitet", erklärte Johansson mir die Vorteile.

Als nächstes möchte er sich jetzt erst einmal darauf konzentrieren, das Phänomen tatsächlich hörbar zu machen und seine Quanteneigenschaften zu demonstrieren, erzählte mir der Forscher. Für den Fall, dass er das Signal oft genug wiederholen kann, wird es ihm vermutlich irgendwann gelingen, den Klang tatsächlich aufzunehmen, anstatt einfach nur die Wellen zu beobachten, die dazu selber erst in Mikrowellen umgewandelt werden müssen.

„Wir wurden bei diesem Experiment von unserer Neugier angetrieben, eine schöne Grundlagenforschung zu betreiben", sagte mir Johannson zum Schluss. „Es ist ziemlich faszinierend, zu sehen, was passiert, wenn man Licht mit Klang ersetzt."