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Dieses FBI-Browsergame soll Jugendliche von Extremisten fernhalten

Und es sieht nicht so aus, als würde es funktionieren.

Im Kampf gegen den Extremismus hat das FBI jetzt mit einem Ziegen-Lernspiel namens „The Slippery Slope to Violent Extremism" eine neue Waffe. Besonders scharf scheint sie allerdings nicht zu sein.

Das Game ist Teil der Website „Don't be a puppet", die sich speziell an Teenager richten soll, welche sich extremistischer Propaganda ausgesetzt sehen.

„Verletzliche junge Menschen können zu Marionetten werden", orakelt FBI-Direktor Jim Comey eingangs in einer Videonachricht, die ähnlich didaktisch rüberkommt wie der Rest des um mehrere Monate verspätet erscheinenden Webspecials. Kernstück der Seite ist ein rätselhaftes Browsergame, das Jugendliche zur kritischen Auseinandersetzung mit Extremismus anregen soll. Das Ergebnis ist maximal abstrahiert: „Im Grunde genommen sieht es so aus wie ein Vorgänger zum ersten Videospiel überhaupt", urteilt Arstechnica.

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Anhand einer klobigen Tierfigur bar jeglicher motorischer Fähigkeiten möchte uns das FBI demonstrieren, dass es ein Leichtes ist, den „rutschigen Pfad zum gewalttätigen Extremismus" zu beschreiten und schließlich an einem Minecraft-ähnlichen Felsen in tausend Stücke zu zerschellen. Das Funktionsprinzip ist nicht allzu komplex und daher schnell erklärt: Mit den Pfeiltasten bewegt der Spieler eine Ziege (ja, der Protagonist soll eine Ziege darstellen) nach links oder rechts, um Hindernissen auszuweichen und Ziellinien zu überqueren.

Wer es geschafft hat, sich erfolgreich wieder in die graue Vorzeit der hakelnden Steuerung sehr schlechter Arcade-Games zurückzuversetzen, wird hinter der Zielgeraden belohnt: Mit holzschnittartigen Texteinblendungen, die die „verzerrte Logik" extremistischer Gruppen darlegen sollen. Kommentarlos zieren nach erfolgreichem Abschluss eines von sechs Levels Texttafeln wie „Unsere Traditionen müssen verteidigt werden" den Bildschirm — in diesem Fall eine Äußerung, die man so ähnlich durchaus auch von US-Politikern vermuten könnte.

Bild: Screenshots FBI

Wie zeitgemäß die Behörde an das Thema Gaming oder vielleicht sogar an ihre gesamte Jugendkampagne herangetreten ist, lässt sich möglicherweise schon an der grafischen Aufmachung ablesen, ohne das Programm überhaupt auszuprobieren: Eingebettet in eine Art gemalte Kulisse sehen wir etwas, das das FBI vielleicht als „typischen Jugendkeller" beschreiben würde, inklusive eines lässig auf dem unordentlichen Schreibtisch platzierten Game Boy Classic (!). Der Ansatz der Ansprache Jugendlicher zur kritischen Denke mag angesichts ausgetüftelter Rekrutierungsstrategien extremistischer Gruppen nicht der falsche sein, die Umsetzung als sagenhaft dröges 90er-Lernspiel lässt allerdings deutlich zu wünschen übrig—und deutet auf kaum verhohlenes Unverständnis für die Belange der Zielgruppe hin. Ob sich jemand „auf dem rutschigen Pfad zum gewalttätigen Extremismus" von derartigem Spielspaß mehr angezogen fühlen mag als beispielsweise von den Inhalten der IS-Medienwelt, bleibt fraglich.

Nach erfolgreichen Abschluss verschiedener Lernsektionen gibt es ein FBI-Zertifikat | Bild: Screenshot FBI

Das sehen neben Spielekritikern auch weniger Gaming-affine Gruppierungen ähnlich: Tatsächlich befand bereits ein im Mai vergangenen Jahres veröffentlichter Bericht der 9/11-Kommission, dass eine Behörde wie das FBI wohl kaum der richtige Träger oder „das angemessene Vehikel" für Präventionsprogramme wäre, die Extremismus kontern können. Ganz anders sieht man das beim FBI. „Das Programm ermutigt Teenager dazu, selbstständig zu denken und eine gesunde Skepsis an den Tag zu legen, sobald sie jemandem begegnen, der extremistische Gewalt predigt", behauptet die Selbstbeschreibung des Programms. Solltet ihr diese Aussage einmal sebst kritisch auf den Prüfstand stellen wollen, könnt ihr das Spiel hier kostenlos durchspielen.