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rechte Szene

In Dresden haben Neonazis Holocaust-Stolpersteine überklebt

Und haben es dann noch nicht mal richtig durchgezogen.

Es gibt es wahrscheinlich wenig Städte in Deutschland, in denen Menschen so viel über geschichtliche Symbole streiten wie in Dresden. Gerade zum Beispiel laufen einige Dresdner Sturm gegen ein neues Denkmal, das an das Leiden der syrischen Zivilbevölkerung erinnern soll. Das besteht aus drei Bussen, die direkt vor der Frauenkirche aufgerichtet wurden, die ja selbst ein ziemlich vielschichtiges Mahnmal ist.

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Am Montag haben ein paar Rechte versucht, sich in die Erinnerungskultur der Stadt einzumischen: Sie haben die "Stolpersteine", die an die Dresdner Opfer des Holocaust erinnern sollen, mit Zetteln überklebt, auf denen Namen der Opfer der alliierten Bombardierung am 13. Februar 1945 standen. Die Gruppe "Freie Aktivisten Dresden" postete dazu eine Erklärung auf Facebook und Twitter: Man wolle so ein Zeichen für die "unzähligen Opfer des alliierten Bombenholocaust von Dresden" setzen.

Der Post auf Twitter und Facebook wurde mittlerweile gelöscht

Die "Freien Aktivisten Dresden" rufen auf ihren Kanälen auch sonst permanent zum "Erinnern" an die Opfer auf – beteiligen sich aber auch am "Heldengedenken", einem traditionellen Neonazi-Termin am 14. November in Wunsiedel, den die rechtsradikale Partei "Der Dritte Weg" organisiert.

Auch die Stolperstein-Aktion zeigt, woher da der Wind weht. Erstens: Obwohl Neonazis immer wieder so tun, als würden die zivilen Opfer des 13. Februar 1945 "totgeschwiegen", erinnern sich die Dresdner Bürger schon seit 1946 ganz offiziell an sie – so auch dieses Jahr. (Nettes Detail: Als der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Dresdens bei dieser Veranstaltung das Wort ergriff, verließen die Vertreter der AfD zusammen mit der NPD den Friedhof.) Zweitens setzt die Formulierung "alliierter Bombenholocaust" die Bombardierung mit den Nazi-Verbrechen gleich. Und drittens: Wer für seine Aktion die Stolpersteine für jüdische Opfer überklebt, zeigt ziemlich deutlich, dass er die Erinnerung an sie am liebsten ganz auslöschen würde.

Welche Steine die Aktivisten genau überklebt haben, ist noch nicht abschließend geklärt – vor allem, weil die Aufkleber offenbar kurz nach den Fotos wieder entfernt wurden. Der Vorstand des "Stolpersteine für Dresden e.V." überlegt deshalb noch, ob er überhaupt Anzeige erstatten soll. Auch die Dresdner Polizei geht mittlerweile davon aus, dass die Rechten die Zettel nur auf die Steine gelegt und dann selbst wieder mitgenommen haben.

Viel Wind um nichts also? Kann man so sehen. Gleichzeitig haben die Rechten wieder einmal gezeigt, warum ihnen die Erinnerung an die zivilen Opfer von Dresden so wichtig ist: nicht wegen der Opfer selbst. Sondern weil man sie instrumentalisieren kann, um die deutschen Verbrechen zu verdrängen.

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