FYI.

This story is over 5 years old.

Ernährung

Kinder können auch Vegetarier sein!

2014 gibt es eine Revolution im Kindergarten: viele der Kleinen sind Veganer und Vegetarier. Wollen ihre Eltern nur cool sein, oder ist das eine gerechtfertigte und gesunde Ernährungsweise für die neue Generation?
Photo by Jessica Lucia

Kinder heutzutage sind eine komplett andere Art Mensch. Sie können bereits vor ihrem fünften Geburtstag ein iPhone besser bedienen als die meisten Erwachsenen, erinnern sich nicht an die Zeiten, als in Restaurants das Rauchen noch erlaubt war, und hören sich in 20 Jahren Lieder wie „Wiggle" an und werden dann nostalgisch. Hipster-Namen für Babys sind inzwischen völlig abgedreht und jetzt gibt es auch noch eine Revolution im Kindergarten: viele der Kinder sind Hardcore-Veganer und -Vegetarier. Mein sechs Jahre alter Bruder William gehört auch dazu.

Anzeige

Da er seit seiner Geburt Vegetarier ist (weil meine Eltern auch auf Fleisch verzichten), ist Williams Ernährung etwas, mit dem ich schon mein ganzes Leben lang im Stillen—und manchmal auch lautstark—meine Probleme hatte. Er ist sechs Jahre alt und obwohl ich mich überhaupt nicht mit Ernährung beschäftigt habe, dachte ich schon immer, dass er ohne Fleisch nicht die nötigen Nährstoffe in der Wachstumsphase bekommt—wie es bei Fleischessern eben schon der Fall ist. Aber William ist ein glückliches, gesundes Kind und unterscheidet sich von Gleichaltrigen nicht wirklich, wenn man von zwei Sachen absieht: seine Vorliebe für Tofu-Hotdogs und seine Fähigkeit, bei Kellnern das Nur nicht geschockt aussehen-Gesicht zu verursachen, wenn wir essen gehen und er auf den Vorschlag von Salami-Pizza mit ‚Ich bin Vegetarier' antwortet.

Mit das Beste an vegetarischen Kindern sind die Gründe, warum sie Fleisch meiden. Diese werden meistens entweder auf hinreißende Art und Weise vorgetragen oder sind einfach nur ein Nachplappern der Prinzipien ihrer Eltern. „Ich mag es einfach nicht, ich will keine lebenden Kreaturen töten", sagt William und klingt dabei wie mein Stiefvater. „Das ist echt komisch, denn sie töten Tiere, nur um das Fleisch zu essen und nicht, um die Knochen für irgendetwas zu verwenden. Wenn du dem Tier schon Leid zufügst, dann solltest du die Knochen nicht verschwenden." Anscheinend ist die „Verschwendung von Knochen" den vegetarischen Kindern ein echter Dorn im Auge.

Anzeige

Wenn du meine Eltern fragst, warum sie meinen Bruder ohne Fleisch groß ziehen, dann sind die Antworten schon etwas tiefergehender. „Vegetarier zu sein bedeutet Barmherzigkeit und jegliches Leben zu respektieren und zu lieben. Natürlich gibt es dann noch die offensichtlichen gesundheitlichen Vorteile. Bohnen und Reis liefern Aminosäuren, Proteine aus Milchprodukten und Pflanzen ersetzen die Fleischproteine und pflanzenbasiertes Eisen sorgt für die richtigen Eisenwerte und kann sogar besser verarbeitet werden, wenn man noch Vitamin C-reiche Zitrusfrüchte isst", sagt meine Mutter. Und auch wenn ich mir das schon mein ganzes Leben lang anhören darf und schon zu oft die Augen verdreht habe, so kann ich doch nicht abstreiten, dass sie sich wirklich gut informiert haben. Auch besitzt mein Stiefvater einen Abschluss in Ernährungswissenschaften und hat schon sein ganzes Leben in der Gesundheits-Industrie gearbeitet. Dazu kommt, dass meine Mutter ganz besessen davon ist, nach Wegen zu suchen, wie man als Vegetarier gesund bleibt. Aus diesen Gründen respektiere ich die Entscheidung meiner Eltern, William als Vegetarier großzuziehen, auch wenn ich das nie so machen würde. „Wenn er wirklich Fleisch essen will, dann würden wir ihm das natürlich erlauben. Aber er will einfach nicht", sagt meine Mutter mit Nachdruck. Ich denke mir: „Klar, noch nicht."

Aber nicht nur mit geht es so. Es gibt zwar schätzungsweise 1,4 Millionen vegetarische Kinder in den USA und Vegetarismus ist jetzt weiter verbreitet als noch vor 50 Jahren, aber viele Leute stehen dem Konzept von vegetarischen oder veganen Kindern oder sogar Kleinkindern immer noch skeptisch gegenüber, vor allem wenn es um Wachstum und Gesundheit geht. Denk nur an die tragische Geschichte von Sarah Anne Markam, die vegane Mutter, die diese Woche verhaftet wurde, weil sie ihren Säugling nicht ins Krankenhaus gebracht hat, nachdem ein Kinderarzt ihr gesagt hatte, dass die vegane Ernährung des Kindes sein Leben gefährde.

Anzeige

Auch wenn es noch so verdammt traurig ist, aber die meisten Leute realisieren Folgendes vielleicht nicht: Auf jedes vegane oder vegetarische Kind, dem es wegen der von den Eltern ausgewählten Ernährungsweise schlecht geht oder das deswegen gar stirbt, kommt ein anderes Kind, das das gleiche oder ein genau so schlimmes Schicksal erlitt und dabei kein Vegetarier oder Veganer war. Jedes Jahr sterben oder leiden Fleisch und Milchprodukte konsumierende Kinder an durch die Ernährung verursachten Krankheiten, wie zum Beispiel Fettleibigkeit, Diabetes oder Vitaminmangel, der ihren Wachstum und ihre Organe beeinträchtigt. Einige Leute sind einfach nur verdammt dumm oder verdammt böse und sollten keine Kinder haben.

„Eine vegetarische Ernährung bei einem Kind kann absolut gesund sein, aber man muss wissen, was man da macht", sagt Ernährungswissenschaftlerin Nina Hirvi über vegetarische Kinder. „Natürlich gibt es immer ein gewisses Risiko, wenn bestimmte Nährstoffe beschränkt werden und bei Kalzium, Eisen und Eiweiß muss man besonders aufpassen." Das durchschnittliche Kleinkind benötigt nur ungefähr 16 Gramm Eiweiß am Tag—davon kann viel aus Milchprodukten, Bohnen und Hülsenfrüchten kommen. Viele Obst- und Gemüsesorten sind reich an Eisen und Calcium findet man in Milch. Die einzigen Kinder, die wirklich gefährdet sind, sind die pingeligen Esser, die dazu auch noch Vegetarier sind.

„Wenn du ein wählerisches Kind bist, das keine Bohnen, keinen Tofu und keine Nüsse mag, dann isst du wahrscheinlich zu viele Kohlenhydrate. Wir wissen, dass die vegetarische Ernährungsweise gesünder ist. Aber wenn man zu viel raffinierte Kohlenhydrate und Stärke isst, um magere Hühnchenbrust und Bohnen zu ersetzen, dann ist das nicht gesund und kann zu Übergewicht führen", erklärt Hirvi. Wenn dein Kind Vegetarier ist, dann solltest du die Zügel vielleicht etwas anziehen. „Als Veganer brauchst du ein Vitamin B12-Nahrungsergänzungsmittel, denn diesen Nährstoff findest du nur in tierischen Nahrungsmitteln und er ist auch eine gute Eisenquelle", lautet der Vorschlag von Hirvi.

Wenn nun der Großteil der Probleme von vegetarischen oder veganen Kindern daher rührt, dass sich die Eltern nicht genügend darüber informieren, was ihre Kinder zum Überleben brauchen, sie ihre Kinder dazu zwingen, Sachen zu essen, die sie nicht wollen, oder sie ihren Kindern kein Vitamin B12 geben, dann ist es meiner Meinung nach an der Zeit, die Ernährungsweise in Ruhe zu lassen und den Blick eher auf die unfähigen Eltern zu richten. Wenn du dich dazu entscheidest, dein Kind vegetarisch oder vegan zu ernähren, dann solltest du besser vorher zumindest ein Buch darüber lesen oder einen Ernährungswissenschaftler konsultieren, Hauptsache du machst deine verdammten Hausaufgaben und stellst sicher, dass dein Kind all die Nährstoffe bekommt, die es braucht, um gesund zu bleiben.

Oberstes Foto: Jessica Lucia | Flickr | CC BY 2.0