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Kinderwunsch

Chefarzt hat bis zu 60 Frauen mit eigenem Sperma befruchtet

Er sagte, er wollte seine Gene mit der Welt teilen.

Symbolfoto: Das ist keines der betroffenen Kinder | Foto: James Willcox | Flickr | CC BY-SA 2.0

Sind das wirklich meine Eltern? Diese Frage hat sich spätestens in der Pubertät jeder mal gestellt. Ist da in der Klinik womöglich was falsch gelaufen?

In den Niederlanden fragen sich rund 60 Kinder das wohl zu Recht. Ein Chefarzt einer Kinderwunschklinik nahe Rotterdam soll Dutzende Frauen mit seinem eigenen Sperma befruchtet haben. Zwölf der Kinder und zehn Mütter erhoben gegen den Arzt Jan K. am vergangenen Freitag Anklage. Sie fordern einen DNA-Test.

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Der Beschuldigte leitete von 1980 bis 2009 das Bijdorp Medical Center, eine der größten Samenbanken der Niederlande, und bezeichnete sich selbst als "Pionier im Bereich der Befruchtung". Bis zu 60 Frauen soll K. sein eigenes Sperma eingesetzt haben. Doch schon damals kam einigen Patientinnen das Verhalten des Arztes seltsam vor. Während der Prozedur soll K. den Raum verlassen haben, um aus einem anderen Zimmer neuen "frischen Samen" zu holen, berichten Klägerinnen. Zweifel gab es auch nach der Geburt: Die Kinder der Klägerinnen sahen dem Spendervater überhaupt nicht ähnlich, die Augenfarbe stimmte mit keinem der Elternteile überein. Irgendwie erinnerte die Eltern das Aussehen ihrer Kinder an den Arzt.

Bei K. einfach direkt nachzufragen, ist leider nicht mehr möglich. Er starb letzten Monat im Alter von 89 Jahren, bevor der Fall vor Gericht kam.

Eine der Frauen, die Psychiaterin Monique Wassenaar, sagt, sie habe den Arzt noch vor seinem Tod mit dem Thema konfrontiert. Damals war ein Foto von ihr in einer Zeitung erschienen und ein anonymer Tippgeber hatte sie auf ihre Ähnlichkeit mit dem Chef der Fruchtbarkeitsklinik hingewiesen. War womöglich K. ihr biologischer Vater?

In einer Mail fragte sie nach und bekam ein stolzes Eingeständnis zurück. "Er sei bei guter Gesundheit und außerdem intelligent, da könnte er doch ein paar seiner Gene mit der Welt teilen", so die Klägerin zur britischen Zeitung The Telegraph. Er habe darin eine noble Geste gesehen, kein ethisches Verständnis und redete die Auswirkungen auf die Kinder klein. "Er sagte, 'Zeig mir deine Hände; ja du könntest ein Kind von mir sein'", erinnert sich die Frau laut New York Times an eine Begegnung mit dem Arzt. Wassenaar will mit einer DNA-Probe nun Gewissheit. Einen Test hatte K. verweigert.

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So geht es auch den anderen, die vor Gericht ziehen. "Die Frauen sagen, es fühlt sich an, als seien sie von K. vergewaltigt worden", so Tim Bueters, Anwalt der Kläger in der holländischen Zeitung Algemeen Dagblad. Seine Argumentation: "Es ist ein grundlegendes Recht zu wissen, wo man herkommt."

Lisette de Haan, die Anwältin von K.s Familie hält dagegen: "Es gibt nicht den leisesten Verdacht", der die Anschuldigungen der Frauen stützen könne. Außerdem bat sie darum, die Privatsphäre der Familie zu respektieren.

Das Gericht hat bereits einige persönliche Gegenstände des Arztes konfisziert, wie eine benutzte Zahnbürste und einen Nasenhaartrimmer, um so einen DNA-Test durchführen zu können. Das wäre die einfachste Variante. Es könnte allerdings auch passieren, dass das Gericht einen DNA-Test von K.s offiziellen, leiblichen Kindern verlangt oder sogar den Leichnam exhumieren lässt.

"Für mich als Mutter bringt das wenig", so eine weitere Klägerin nach der Anhörung. "Aber ich sehe, wie sehr das Leben meines Sohnes davon betroffen ist. Er war so wütend, als K. gestorben ist und die Wahrheit mit in sein Grab genommen hat." Sie hatte für ihre Tochter und ihren Sohn den gleichen Spender ausgesucht. So steht es auch in den Papieren. Doch ob die beiden wirklich Geschwister sind, wird erst ein Test zeigen.

Das Bijdorp Medical Center musste übrigens 2009 schließen. K. soll Klinikdaten, Analysen und Spenderbeschreibungen gefälscht und die maximale Anzahl von sechs Kindern pro Spender überschritten haben. Diese Höchstmarke hat wohl vor allem der Chefarzt selbst gesprengt.

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