Wenn ich feiern gehe, schieße ich mich meistens ab. Mein Kater ist also immer brutal. Trotzdem wache ich spätestens um acht Uhr morgens auf, selbst wenn ich erst um vier nach Hause gekommen bin. Nur weil ich aber früh aufwache, heißt das noch nicht, dass ich nicht einfach noch drei Stunden im Bett liegen bleibe.Mir passiert es oft, dass ich morgens verkatert aufwache und total blind bin. Ich sehe nix. Reuevoll denke ich in Fötusstellungan die letzte Nacht. Sobald mein Sehvermögen wieder zurückkommt, versuche ich, positiv zu denken und verbleibe noch gut zehn Minuten so. Dann greife ich nach meinem Handy. Zuerst checke ich Facebook und Co. und meine Fotos, denn mein Erinnerungsvermögen ist nicht das beste und meistens habe ich einen heftigen Filmriss. Dann noch die Nachrichten von Freunden. Eine befreundete Barkeeperin, mit der ich am Abend zuvor Billard gespielt und was getrunken habe, schrieb mir am Morgen danach, dass ich sauwitzig bin. Als ich sie fragte warum, meinte sie: „Erinnerst du dich nicht? Du lagst ohne Shirt auf dem Billardtisch und hast dir die Brustwarzen gerieben!" So etwas zu lesen und sein Handy am Morgen danach durchzugehen ist ein bisschen so, als ob man die Nacht noch einmal durch fremde Augen erlebt. Irgendwie surreal, wie eine außerkörperliche Erfahrung.
Anzeige
Ich arbeite in der Branche, also reicht es mir nie, Dinge einfach nur zu wissen. Ich wollte die Logik dahinter verstehen und die Fakten kennen, weshalb ich mich auch genauer mit unserem Immunsystem und den Ursachen für einen Kater beschäftigt habe.
Alkohol wirkt diuretisch, dadurch verliert der Körper Wasser. Außerdem hemmt es die Hypophyse, die eigentlich Vasopressin produziert, das den Wasserhaushalt im Körper steuert. Ohne Vasopressin verliert der Körper Wasser und wenn nichts mehr übrig ist, wird auf den letzten Ort mit Wasser zurückgegriffen: dein Gehirn. Sobald es das Wasser aus deinem Gehirn abzapft, zieht sich das Gewebe zusammen, dadurch entsteht der Kopfschmerz. Bei jedem Katerkopfschmerz beruhige ich mich irgendwie, in dem ich mir sage: „Ah, alles klar, ich bin einfach dehydriert. Deshalb habe ich Kopfschmerzen." Und irgendwie ist der Gedanke cool, dass sich dein Gehirn in deinem Schädel zusammenzieht.In diesem Zustand gibt nur eines wieder meinem Leben Sinn: mein ultimatives Anti-Kater-Sandwich. Es ist nicht nur einfach was zu essen—es hat eine Doppelwirkung. Die Zubereitung dauert länger, das killt meinen Kater und ich denke nicht mehr über die quälenden Schmerzen nach. Mit diesem Sandwich habe ich sozusagen auch in den schlechtesten Zeiten einen Grund zu leben; es hilft mir, einfach weiterzumachen.Die Zutaten für das Sandwich besorge ich am Abend vorher, das ist eines meiner zwei Rituale vor dem Trinken—ich werde am nächsten Morgen schließlich definitiv nicht einkaufen gehen. Bevor ich feiern gehe, putze ich außerdem meine Wohnung, das ist das zweite Ritual. Ich will ja nicht total verkatert in einem verdreckten Zimmer aufwachen. Das ist ekelhaft.Außerdem will man ja auch niemanden in einen Schweinestall abschleppen, dann wird nämlich aus der Nummer nix.Anthony Bohlinger ist preisgekrönter Barkeeper und arbeitet gerade bei Maison Premiere und Seamstress in New York.Aufgezeichnet von Tae Yoon. Dieses Interview wurde aus Platz- und Verständnisgründen redigiert.