Vor AfD-Parteitag: Linksextremisten veröffentlichen Reiseführer für Augsburg
Flyer: AUGSBURG für Krawalltouriste || Liegender: imago | Koall || Montage: VICE

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Extremismus

Vor AfD-Parteitag: Linksextremisten veröffentlichen Reiseführer für Augsburg

Nagelbretter und brennende Autoreifen: Wie die Antifa das Bundestreffen der Rechten verhindern will.

Idyllisch ist es in Augsburg, einer der ältesten Städte Deutschlands mit Dom, mittelalterlicher Stadtmauer und Goldschmiedebrunnen. An Nagelbretter, brennende Autoreifen und mit dem Hammer eingeschlagene Fensterscheiben denkt bei der knapp-300.000-Einwohner-Stadt kaum jemand. All das soll es aber geben, wenn die AfD am 30. Juni und 1. Juli in Augsburg ihren Bundesparteitag abhält. Zumindest ruft dazu ein Reiseführer auf, der mit "Riot Maker" überschrieben ist und sich an "Krawalltouristen" richtet.

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Veröffentlicht wurde er auf Indymedia, als Webseite und PDF zum Ausdrucken. Die Urheber geben sich nicht zu erkennen, aber man müsste schon in ganz dicke Rauchschwaden gehüllt sein, um sie nicht im linksextremen Milieu zu vermuten. Der Reiseführer ruft dazu auf, den AfD-Parteitag zu verhindern oder zumindest zu stören.


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In den einleitenden Textbeiträgen liefern die Autoren eine Analyse der deutschen Gegenwart: "Wir erleben in Deutschland derzeit eine deutliche Veränderung des politischen Klimas. Rechte Positionen sind nicht nur auf dem Vormarsch, sie haben in weiten Teilen der deutschen Mehrheitsgesellschaft bereits um sich gegriffen." Dazu gehörten Rassistische Klischees, antisemitische Stereotype, antifeministische Hetze. So weit kann auch jemand, der gerade nicht einen Pflasterstein in die Höhe reckt, noch mitkommen. Und sollte es vielleicht auch, wenn er mit offenen Augen durch die Welt geht.

Das Inhaltsverzeichnis des Reiseführers für Krawalltouristen

Es folgen mehr als 40 weitere Seiten und mindestens ebenso viele absichtliche Doppeldeutigkeiten, beispielsweise, wenn Hotels aufgelistet werden, in denen die AfD-Kader absteigen könnten. "So oder so lohnt es sich auf jeden Fall, das Hotel Drei Mohren einmal etwas näher zu 'besichtigen'." Anführungszeichen als nicht besonders subtile Drohung. Über die Anreise der Rechten aus ganz Deutschland heißt es: "Das ist ein weiter Weg, auf dem viel passieren kann."

Spätestens an dieser Stelle wird sich der geneigte Linke entscheiden müssen, ob er friedlich bleiben oder zu den Steineschmeißern wechseln will. Aber Achtung, warnt der Reiseführer: "Auch auf Steinen können Fingerabdrücke zurückbleiben. Deshalb solltet ihr schon während ihr die Steine sammelt, unbedingt Handschuhe tragen!" Der Reiseführer ruft also nicht nur mehr oder weniger direkt zu Gewalt auf, er gibt auch Tipps, wie man diese anschließend am besten verschleiert.

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Dazu listet der er als eine Art Online-Pranger auch Namen, Adressen und Telefonnummern von Dutzenden AfD-Abgeordneten auf. "Bedenkt bitte, dass auch unbeteiligte Personen im Haus wohnen können", schreiben die Autoren. Also bitte nicht das ganze Haus anzünden, sondern sich den Bösen einzeln reißen, soll das wohl heißen.

Dabei sind viele Punkte, die im Reiseführer kritisiert werden, durchaus wert, ausgeleuchtet zu werden. "Burschenschaften sind diejenigen, die schuld daran sind, dass das mit dem dem deutschen Patriotismus und der Vorstellung eines einheitlich deutschen Volkes angefangen hat. Darauf sind sie auch bis heute besonders stolz und berufen sich gerne auf ihre über hundert Jahre währende Geschichte." Auch wenn man die historische Einschätzung einmal beiseite lässt, wird in Deutschland viel zu wenig auf die oft offen rassistischen Machenschaften der Burschen geschaut. Aber was nützt das, wenn im Reiseführer später Sätze folgen wie: "Autoreifen brennen gut und räuchern die Umgebung ein?" Anleitungen für selbst gebaute Nagelbretter und Wurfgeschosse gibt's oben drauf.

Neben den üblichen Verdächtigen wie Polizei und Bundeswehr listen die Macher des Reiseführers auch die SPD als Feind auf, den es zu bekämpfen gilt. Der Feind ist alles, was nicht Linksaußen ist. "Es ist also die Gesinnung der Deutschen, die sich seit der Niederschlagung der NS-Herrschaft kaum ernsthaft gewandelt hat, die für den politischen Wandel unserer Zeit verantwortlich ist", schreiben die Autoren. Wer das auch glaubt, der schmeiße den ersten Stein.

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