Ein Junge hüpft im Holocaust-Mahnmal von Stele zu Stele.
Foto: imago | Hohlfeld

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erinnerungskultur

Freu dich, AfD: Viele junge Deutsche haben keine Ahnung vom Holocaust

Ist es nicht das, was Björn Höcke wollte?

Björn Höcke hebt die Stimme, denn er ist jetzt wirklich sauer: "Diese dämliche Bewältigungspolitik, die lähmt uns heute noch!", ruft er. "Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad!" Und der Saal bricht in Applaus und Jubel aus.

In der berüchtigten Rede, die Höcke im Januar 2017 vor der Jungen Alternative in Dresden hielt, beklagt sich der AfD-Politiker minutenlang darüber, dass "unsere Schüler" nicht genug über all die Genies lernen würden, die die deutsche Geschichte hervorgebracht hat. Stattdessen gehe es immer nur darum, diese Geschichte "mies und lächerlich" zu machen. Was er meint: Es wird immer noch viel zu viel über den Holocaust geredet, die deutschen Schüler wissen zu wenig über den Rest der deutschen Geschichte.

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Wir können Höcke jetzt beruhigen: Wir wissen zwar nicht, was junge Deutsche sonst noch so über die Geschichte des Landes wissen. Aber immerhin wissen wir jetzt eins: Vom Holocaust haben viel zu viele von ihnen jedenfalls auch keine Ahnung.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die CNN in ganz Europa in Auftrag gegeben hatte. Auf die Frage, wie viel sie über den Holocaust wüssten, antworteten rund 40 Prozent der befragten 18- bis 34-Jährigen, sie wüssten "nur ein wenig" oder hätten "noch nie davon gehört".


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Zum Vergleich: Die Deutschen liegen damit weit über dem europäischen Durchschnitt von Ahnungslosen (33 Prozent). Was in Anbetracht der Tatsache, dass es die Deutschen waren, die sich die ganze Sache ausgedacht und dann auch durchgeführt haben, ein bisschen … peinlich ist. Um nicht zu sagen, ziemlich beschämend.

Auch sonst liefert die Studie ein paar unangenehme Einblicke: Mehr als ein Viertel der befragten Europäer glauben immer noch, Juden hätten zu viel Einfluss auf die Geschäfts- und Finanzwelt. Dafür, dass sie aus dem tiefsten Mittelalter kommt, hält sich diese Wahnvorstellung also ganz gut.

Wenn man nicht wie Björn Höcke davon überzeugt ist, dass wir eine "erinnerungspolitische Wende" brauchen, dann sind das ziemlich schlechte Nachrichten. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, bezeichnete die Ergebnisse gegenüber der taz als "erschreckend". Ähnlich sieht es die Holocaust-Gedenkstätte "Yad Vashem" in Jerusalem. Die Studie mache deutlich, dass "viele tief verwurzelte, hasserfüllte antisemitische Ausdrücke in der europäischen Bevölkerung 75 Jahre nach dem Holocaust weiterbestehen".

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