FYI.

This story is over 5 years old.

Arbeit

Pornostars erzählen, woran sie beim Sex denken

"Die meisten meiner Szenen folgen dem gleichen Muster: Oralsex, drei Stellungen, Cumshot. Also singe ich Lieder im Kopf."
Pornostar Madison Missina in einer Szene
Madison Missina | Alle Fotos von @Dirt_Erotic

Jeden Tag das Gleiche: Ich hämmere auf meiner Tastatur rum, starre auf die Buchstaben auf meinem Monitor und meine Gedanken driften in weite Ferne. Konzentration ist ein Arschloch. Vor allem bei der Arbeit. Und hast du sie mal gefunden, schickt dir eine Kollegin ein Premium-Meme, das du dir aufgrund deines latenten ADHS natürlich sofort anschaust. So oder so ähnlich dürfte es vielen Menschen in ihren Jobs gehen, beim Studium oder bei den Hausaufgaben für die Berufsschule.

Anzeige

Aber was ist mit Pornostars? Auch sie arbeiten hart, keine Frage. Aber ihre Arbeit beinhaltet vor allem Sex. Haben sie vor lauter Baucheinziehen und Bettenakrobatik überhaupt Zeit, sich über andere Sachen einen Kopf zu machen – oder müssen sie das sogar, um sich etwas zu zügeln?

Um diese wichtigen Fragen zu klären, habe ich ein Pornoset der Produktionsfirma Light Southern besucht und mit Darstellerinnen und Darstellern gesprochen.

1541983599186-blake_LS

Blake Wilde: "Habe ich noch Bier zu Hause?"

VICE: Woran denkst du, wenn du eine Szene drehst?
Blake Wilde: In der Szene selbst denke ich immer: "Bin ich der Kamera gegenüber offen? Ist mein Körper in der richtigen Position? Sieht die Stellung gut vor der Kamera aus?" Wenn die Szene schon etwas fortgeschritten ist, geht es eher in Richtung: "Was esse ich später? Welche Pizza hole ich mir? Habe ich noch Bier zu Hause?"

Denkst du auch mal an etwas richtig Ungewöhnliches?
Ständig. Aber mir kommt viel schneller banales Zeug in den Kopf. Wenn eine Szene schon länger dauert, beginnst du irgendwann, die Minuten zu zählen. Du hast schon eine Reihe Stellungen gemacht und sie lange genug gehalten, damit der Regisseur ausreichend Einstellungen davon bekommen konnte. Also drifte ich meist irgendwann in Richtung Essen ab.

Macht die Arbeit dich dann noch an? Oder ist das ein Job, bei dem du abschalten kannst?
Ich habe nie zu denjenigen gehört, die einfach von der Kamera angeturnt sind. Es ist wie ein Bürojob. Du kannst definitiv deinen Spaß haben und jede Szene ist ein bisschen anders, aber die große sexuelle Begeisterung kommt während des Drehs nicht in mir auf. Mir gefällt einfach der Prozess.

Anzeige

Auch von VICE: So normal geht es in den vier Wänden von Sexarbeiterinnen zu


Madison Missina: "Ich singe in meinem Kopf Songs, durch die ich mich sexy fühle."

VICE: Wohin wandern deine Gedanken bei einer Sexszene?
Madison Missina: Ich habe vergangene Woche eine BDSM-Szene als Bottom gedreht. Dabei habe ich ich den sogenannten Subspace, eine Art Rausch, erreicht.

Was genau ist der Subspace?
Es ist ein entspannter zen-artiger Zustand, du fühlst dich komplett frei. Wenn du dich jemandem unterwirfst, übergibst du der anderen Person die ganze Kontrolle und musst dich um buchstäblich nichts in der Welt kümmern. Ich habe den Schmerz definitiv noch gespürt, aber der Schmerz wird in gewisser Weise angenehm.

Nachdem du im Subspace warst, erlebst du – vor allem bei besonders heftigen Praktiken – über die nächsten 24 Stunden ein High, gefolgt von einem Tief, dem sogenannten "Subdrop".

Was ist mit herkömmlicheren Szenen, woran denkst du da?
Die meisten meiner Szenen folgen dem gleichen Muster: Oralsex, drei Stellungen, Cumshot. Also singe ich Lieder im Kopf. Mein Lieblingssong ist "Black Velvet" von Alannah Myles.

Timing und Stimmung spielen dabei für mich eine wichtige Rolle. Die Leute hören so etwas nicht gerne, aber beim Dreh bin ich nur selten wirklich angeturnt. Also singe ich in meinem Kopf Songs, durch die ich mich sexy fühle. Sie eignen sich auch super, um meine Bewegungen zu timen. Ein gesungener Song bedeutet, dass ich die Stellung ändern kann – nach fünf kann ich die Szene abschließen.

Anzeige
1541983057235-group_JLP_LS-1

Jessie Lee Pierce (ganz rechts im Bett): "Macht dem das wirklich Spaß oder tut der nur so?"

VICE: Angenommen, du befindest dich gerade mitten in einer Sexszene: Wo bist du mit deinen Gedanken?
Jessie Lee Pierce: Ich denke natürlich an die Kamera, und abgesehen davon an die anderen Darsteller. Die werden dafür bezahlt, Sex mit mir zu haben, also frage ich mich Sachen wie: "Macht dem das gerade wirklich Spaß oder tut der nur so? Fühlt sie sich überhaupt von mir angezogen? Hat er heute Viagra genommen?"

Meine Gedanken können definitiv abdriften, aber bei der Arbeit achte ich schon sehr darauf, die Szene gut zu machen. Ich bin beim Dreh immer noch nervös. Aber als Darstellerin kannst du dich genau so gut zu sehr im Sex verlieren. Ich würde mal behaupten, dass Pornostars ziemlich gut im Bett sind. Das ist einfach so. Manchmal frage ich mich also: "Vögeln wir schon zu lange in dieser Position und sollten mal was anderes machen?"

Kannst du beim Dreh kommen?
Möglich ist es definitiv, aber auch schwerer als bei normalem Sex. Mit der Kamera ist auch ein gewisser Druck da. Mein Ziel ist es, meine Porno-Orgasmen möglichst authentisch zu machen – und meistens gelingt es mir auch. Zu behaupten, dass ich es immer schaffe, wäre aber übertrieben. Der Schlüssel liegt vor allem darin, sich zu entspannen. Für Typen ist der Druck noch größer, weil es am Ende einen Cumshot braucht.

Greifst du auf deine Fantasie zurück, wenn dir der Sex beim Dreh nicht so zusagt?
Ich bekomme die meisten meiner Orgasmen auf diese Weise. Ich kann dabei auch einfach an eine gute Pornoszene denken, die ich in letzter Zeit gesehen habe.

Anzeige

Sind Soloszenen mehr oder weniger Arbeit?
Solos sind viel mehr Arbeit, weil du alles alleine machen musst. Aber alleine zu drehen, ist auch etwas entspannter. Dabei können meine Gedanken schon mal wandern. "Wie geht es meiner Katze? Muss ich sie gleich füttern? Später muss ich noch zur Post." Richtig banale Sachen halt.

1541983849721-blake_jake_LS-1

Jake Shy: "Ich denke immer ans Sprayen."

VICE: Woran denkst du beim Dreh?
Jake Shy: Oft überlege ich: "Habe ich schon zu oft 'Oh Fuck' gesagt?" Das sage ich schon recht häufig. Ich denke wirklich immer daran, was ich als Nächstes tun werde. "Wann ist die nächste Szene? Was steht sonst noch die Woche an?" Um ehrlich zu sein, geht mir ständig irgendwas durch den Kopf. Ich denke immer ans Sprayen und daran, fürs Sprayen rauszugehen.

Mittendrin überlegst du also, wie gut sich die Wand beim Bahnhof zum Malen eignen würde?
Definitiv. Sprühen macht mir mehr Spaß als der Sex, es ist meine Leidenschaft. Ich bin ein Schöpfer. Der Sex in meinen Pornos ist gar nicht mein Lieblingsaspekt, er macht nur einen sehr kleinen Teil aus. Das Endprodukt finde ich viel spannender.

Macht der Sex dich trotzdem an?
Es macht einen nicht genauso an, wie Pornos zu gucken. Wenn ich nach unten schaue, denke ich mir nicht: "Die ist so heiß!" Wenn du das tun würdest, würdest du wahrscheinlich schneller kommen.

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.