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Pornhub, YouPorn und Co.

Dieser Rechtsanwalt will Gratis-Pornos, wie du sie kennst, abschaffen

Dabei arbeitet Uwe Kaltenberg selbst im Erotikbereich.
Porno
Foto: imago | Photocase

Doppelmoral kommt auf vielen Wegen. Manche Menschen leben vegan, koksen sich aber jedes Wochenende zu, ohne darüber nachzudenken, wie viel Blut an ihrem Koks klebt. Andere tragen T-Shirts auf denen "Sex Work is real Work" steht, keulen sich dann aber einen auf Gratis-Pornos. Problematisch an YouPorn, Pornhub und Co. sind jedoch nicht nur Urheberrechtsverletzungen und diskriminierende Namen für "interracial" Pornos, sondern auch der nicht greifende Jugendschutz.

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Letzteres ist das Thema von Uwe Kaltenberg. Der Hamburger Rechtsanwalt ist seit fast 30 Jahren Geschäftsführer des Bundesverbands Erotikhandel. Seit zehn Jahren versucht er in dessen Namen, Gratis-Pornoplattformen im Internet sperren zu lassen, da ihre Inhalte seiner Auffassung nach gegen den Jugendschutz verstoßen. Erotik-Shops hätten strenge Auflagen, was den Jugendschutz betrifft, während Inhalte im Internet ungefiltert und jederzeit zugänglich seien, argumentiert Kaltenberg – und das eben auch für Kinder und Jugendliche.

Wir wollten wissen, wieso er den Kampf auch nach zehn Jahren noch nicht verloren sieht.

Uwe Kaltenberg

Foto: privat

VICE: Seit wann kämpfst du gegen öffentlich zugängliche Pornoseiten?
Uwe Kaltenberg: Ich habe vor zehn Jahren zum ersten Mal Strafanzeigen bei den Staatsanwaltschaften erstattet. Die Verfahren wurden alle eingestellt, weil die Täter im Ausland sitzen. Ich habe die Bundesländer angeschrieben, das Familienministerium, das Justizministerium, die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), alle Landesmedienanstalten. Und bis heute nicht wirklich Resonanz bekommen.

Warum möchtest du Gratis-Pornoseiten verbieten?
Jugendliche dürfen keine Läden betreten, in denen Pornos verkauft werden. Genau das Gleiche gilt im Grunde auch für das Internet. Ein Porno-Streaming-Anbieter muss laut deutschem Recht sicherstellen, dass die Filme und Bilder nur von Erwachsenen konsumiert werden können. Schätzungsweise werden jedoch 95 Prozent aller pornographischen Inhalte im Internet im Ausland gehostet. Und ausländische Anbieter kontrolliert keiner.

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Warum liegt dir diese Sache so am Herzen?
Wir sind kein Jugendschutzverein, sondern primär ein Händlerverein. Wir möchten dafür sorgen, dass alle Wettbewerber auf dem deutschen Markt den gleichen Regeln unterliegen, und das geschieht eben nicht.

Wärst du zufrieden, wenn Nutzer in Zukunft ihr Alter verifizieren müssten?
So machen das ja auch die deutschen Anbieter. Auf manchen Seiten muss man aber nur anklicken, dass man 18 Jahre oder älter sei. Oder sogar gar nichts angeben. Dabei müsste der Anbieter seine Kundschaft eigentlich persönlich sehen. Und wenn alles stimmt, müsste er einen Code zum Einloggen herausgeben. Ein Postident-Verfahren würde auch reichen. Dabei stellt der Anbieter ein Formular zur Verfügung, mit dem der Kunde zur Post gehen kann. Dort beweist er, dass er volljährig ist, füllt das Formular aus und schickt es an den Anbieter zurück. Es reicht aber auf keinen Fall aus, nur anzuklicken, dass man 18 ist.

Worauf muss ich als Sexshop-Betreiber achten, damit ich keinen Ärger wegen des Jugendschutzgesetzes bekomme?
Von außen darf man nicht sehen, dass Pornographie angeboten wird. Damit kann der Handel auch gut leben. Die Zielgruppe sind ja keine Kinder oder Jugendliche, sondern Erwachsene. Uns interessiert das alles natürlich nicht, weil wir primär Jugendschützer sind, sondern weil wir ein Händlerverband sind. Aber das ändert die Sache ja nicht. Fakt ist, dass der Jugendschutz massiv beeinträchtigt wird und die zuständigen Stellen wissentlich nichts dagegen unternehmen.

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Welche Möglichkeiten gäbe es, Pornoseiten zu sperren?
Zum Beispiel eine Zugangssperre durch den Internet-Provider. Die Telekom hat uns aber schon gesagt, dass sie keine Pornoseiten sperren wird. Das ist auch OK, weil in Deutschland Provider nicht für die Inhalte haften müssen, die sie durchleiten. Die Post ist ja auch nicht verantwortlich, wenn sie verbotene Ware transportiert. Wenn sie aber davon wüsste, könnte sie den Transport aufhalten, wenn sie einen richterlichen Beschluss für eine Beschlagnahmung bekommt. Ähnlich ist das im Internet. Technisch nicht ganz einfach, aber durchaus möglich. Die Telekom würde aber nur reagieren, wenn sie von der KJM oder dem Verwaltungsgericht die Aufforderung dazu bekommt.

Deshalb haben wir Kontakt mit der KJM aufgenommen, die für die Überwachung des Jugendschutzes im Internet zuständig ist. Die sagt aber, dass sie zwar von dem Problem wisse, jedoch nichts dagegen machen könne. Das stimmt nicht. Es wäre rechtlich und technisch möglich, Zugangssperren über die Provider anzuordnen. Trotzdem machen sie es nicht. Eine Begründung dazu haben sie nicht genannt.

Eigentlich müssten aber betroffene Eltern von Minderjährigen klagen, damit der Jugenschutz greift. Die können mit den URLs, beispielsweise von YouPorn oder RedPorn zur KJM gehen und darum bitten, dass die Seiten gesperrt werden.

Was will der Bundesverband Erotikhandel in Zukunft tun, um Gratis-Pornos zu sperren?
Wir möchten Eltern das Problem durch Briefe an Schulen bewusst machen. Auf unserer Seite können sie ein Musterschreiben finden, mit dem sie sich an die KJM wenden können. Wenn Verantwortliche sagen, dass sie keine rechtliche Handhabe hätten, entspricht das entweder nicht der Wahrheit, oder die Gesetzgeber haben völlig versagt. Ich kann doch nicht eine Kommission beauftragen das Internet zu überwachen, denen aber keine juristische Handhabe geben, das auch durchzusetzen.

Warum ist auf dem Gebiet der Internetsperre deiner Meinung nach im letzten Jahrzehnt noch nichts passiert?
Ich glaube, das Thema soll totgeschwiegen werden. Die Sache ist ja in der Tat nicht ganz einfach zu handlen. Und ich glaube, wenige haben Lust, sich darum zu kümmern.

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