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Diese Studie zeigt, wo du in deinem Haus bei einem Atomangriff am sichersten bist

Flure und Fenster sind nicht so gut.
Technische Darstellung eines Gebäudeinneren nach einem Atomschlag, Forscher haben berechnet, welche Zimmer besonders sicher sind.
Bild: University of Nicosia, Cyprus

Eine Zeitlang waren Atombomben angenehm aus der Mode gekommen. Klar, hier und da gab es noch ein paar Tests und ein paar Nachzüglerstaaten versuchten angestrengt, Uran und Plutonium anzureichern. Aber seit den 1990ern gehörte ein möglicher Atomschlag längst nicht mehr in unsere Sorgen-Top-Ten, nicht mal mehr in unsere Sorgen-Top-100. Aber bekannterweise kehren ja alle Moden irgendwann zurück – und nach den Schlaghosen sind es jetzt unnötigerweise Atombomben. Schuld daran sind Wladimir Putin und sein Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Zentrum steht dabei Russlands neue Interkontinentalrakete RS-28 "Sarmat", von der NATO liebevoll "Satan 2" genannt.

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"Satan 2" soll nicht nur extrem schnell sein, sondern auch über 15 Nuklearsprengköpfe transportieren können, sagen die Russen. Ob das wirklich stimmt, ist eine andere Frage. Im April 2022 wurde die Rakete zum ersten Mal getestet und westliche Militärexperten gaben sich demonstrativ unbeeindruckt. Nichtsdestotrotz wäre ein Angriff mit so einer Atomrakete verheerend. Und weil das Thema gerade wieder aktuell ist, haben zwei Forscher der zyprischen Universität Nikosia mithilfe von Computermodellen die Folgen von Nuklearschlägen auf den menschlichen Körper und die Gebäude untersucht, in denen sie Schutz suchen.


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Der Wirkungsradius einer Atomexplosion wird in drei Bereiche unterteilt: die Severe Damage Zone, die Moderate Damage Zone, und die Light Damage Zone. In der ersten, im direkten Umfeld der Explosion, bleiben weder Menschen noch Gebäude stehen. In der letzten werden zwar viele Menschen verletzt und Scheiben gehen zu Bruch, aber es besteht eher keine Lebensgefahr. Am interessantesten war deswegen für die Studie, die im Januar in der Fachzeitschrift Physics of Fluids erschien, die Moderate Danger Zone, denn hier hängen die Überlebenschancen von verschiedenen Faktoren ab. Von der Strahlung abgesehen bleiben hier stabilere Gebäude stehen und die Menschen in ihnen können überleben – wenn sie sich denn am richtigen Ort aufhalten.

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Interessanterweise geht die größte Gefahr laut der Studie von den Gebäuden selbst aus, die durch ihre Beschaffenheit zu nuklearen Windtunneln werden können.

"Die größte Gefahr für das Überleben von Menschen in Räumlichkeiten sind die starken Winde, die durch Öffnungen wie Fenster ins Gebäude eindringen", heißt es in der Studie. Dazu komme die Druckwelle, die von Wänden und anderen Hindernissen abgelenkt und reflektiert wird. Laut den Forschern kann diese Leitwirkung die Kraft der nuklearen Winde verstärken und das Verletzungsrisiko erhöhen.

"Wenn Menschen in der Ferne die Explosion sehen, müssen sie sofort Schutz suchen", sagt Dimitris Drikakis, Dozent an der Universität Nikosia und einer der Autoren der Studie. "Wenn sie am Fenster stehen, sollten sie ins Gebäudeinnere rennen und Schutz in einem Raum ohne Öffnungen suchen – oder in einer geschützten Ecke eines Zimmers oder Flures."

Laut der Studie beschleunigen Flure und Türen für einen kurzen Augenblick den nach einer Atomexplosion durch das Gebäude ziehenden Wind. Auch wenn dieser nur eine halbe Sekunde andauert, ist er stark genug, um einen ernsthaft zu verletzen.

Für ihre Simulation wählten die Forscher einen 750 Kilotonnen starken Sprengkopf. Zwar gibt es im US-amerikanischen und im russischen Arsenal Sprengköpfe, die wesentlich größer sind, aber die Forscher orientierten sich an der neuen "Satan 2"-Rakete. Zum Vergleich: Die Atombomben, die die USA über Hiroshima und Nagasaki abwarfen, hatten eine Sprengkraft von rund 20 Kilotonnen.

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Die Detonation eines 750 Kilotonnen-Sprengkopfs würde jedenfalls alles in einem Radius von rund vier Kilometern komplett zerstören. Die Moderate Damage Zone würde sich über eine Distanz von rund 50 Kilometern erstrecken.

"Die Wucht des Drucks, der eine stehende Person in Räumlichkeiten trifft, kann sie vom Boden reißen und gegen die Wand schleudern", heißt es in der Studie. Es gebe aber Bereiche, in denen die Luftgeschwindigkeit und die damit einhergehenden Kräfte reduziert seien – also die Ecken und Räume, in denen man vor dem nuklearen Durchzug geschützt ist.

Die Idee für die Studie sei ihnen durch die Medienberichterstattung im Zuge des Ukrainekriegs und Russlands Drohungen gekommen, sagt Drikakis. "Darüber hinaus gab es bislang noch keine Untersuchungen zu den Auswirkungen der Windkräfte auf Menschen in Gebäuden in der Moderate Damage Zone, wo man in Gebäuden, die nicht durch die Explosion eingestürzt sind, noch Überlebenschancen hat."

Mit ihrer Studie wollten sie vor allem auf die verheerenden Folgen von Atomexplosionen aufmerksam machen und damit verhindern, dass sie jemals eingesetzt werden, sagt Dimitris Drikakis. "Die Studie hilft dabei, die enormen Kräfte einer Nuklearexplosion zu verstehen, die auch selbst in einem stabilen Gebäude in der Moderate Danger Zone noch wirken."

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