Grüne Bakterien auf schwarzem Hintergrund, vier junge Menschen erzählen, welche Erfahrungen sie Chlamydien, Gonorrhö und Herpes gemacht haben.
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Sex

Menschen erzählen von ihren schlimmsten Geschlechtskrankheiten

"Vor zwei Wochen etwa habe ich da unten etwas entdeckt. Etwas, das sich bewegt." – Piet

Ich hatte einmal Chlamydien von meinem Ex. Ein paar Tage, nachdem wir ungeschützten Sex gehabt hatten, rief er mich an und sagte, dass er eine sexuell übertragbare Infektion habe. Also eine STI. Am nächsten Tag gab er mir die Tabletten, die er vom Arzt bekommen hatte. "Ich sag denen einfach, dass ich sie verloren habe. Dann geben sie mir neue." 

Ich fand das sehr lieb, aber ließ mich dann doch testen. Wer weiß, vielleicht hatte er mich gar nicht angesteckt und ich brauchte diese Pillen nicht. Tja, der Test war leider positiv. Ich hatte Chlamydien. "Auch in Ihrem Anus", fügte die Ärztin hinzu. 

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Ich musste laut lachen, aber nicht etwa aus Scham, weil ich Analsex gehabt hatte, sondern weil ich noch nie von einer analen STI gehört hatte. Ich bekam dann auch andere Tabletten als die, die mein Ex mir gegeben hatte. Gut, dass ich mich habe testen lassen, sonst würde ich vielleicht heute noch mit Chlamydien im Arsch rumlaufen. 

Chlamydien, Gonorrhö und andere Geschlechtskrankheiten sind weltweit wieder auf dem Vormarsch, auch im deutschsprachigen Raum. Da HIV dank moderner Behandlungs- und Vorbeugungsmöglichkeiten auf einige Menschen nicht mehr ganz so bedrohlich wirkt, haben sie wieder öfter ungeschützten Sex. Außerdem verlaufen viele Geschlechtskrankheiten symptomlos, wodurch man sie unwissentlich weiterverbreitet. Und selbst die, die von der eigenen Erkrankung erfahren, erzählen es nicht immer ihren vergangenen Sexualpartnerinnen und -partnern. Aus Scham. Dabei lassen sich die meisten STIs gut behandeln.

Deswegen habe ich ein paar junge Menschen nach ihren Erfahrungen mit Geschlechtskrankheiten gefragt. Wie haben sie sich angesteckt? Welche Lehren haben sie daraus gezogen? Verständlicherweise wollten alle anonym bleiben.


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Elisabeth: "Ich hatte ekligen, stinkenden Ausfluss, Schmerzen beim Pinkeln und bekam Bläschen auf meiner Vulva"

"Letzte Sommer habe ich mir beim Lowlands-Festival in den Niederlanden eine Geschlechtskrankheit eingefangen. In der ersten Festivalnacht war ich unfassbar dicht und hatte Sex mit einem Typen, den ich gerade erst kennengelernt hatte. Weil wir kein Kondom benutzt hatten, musste ich am nächsten Tag die Pille danach nehmen.

Etwas später merkte ich, dass ich Herpes hatte. Ich hatte ekligen, stinkenden Ausfluss, Schmerzen beim Pinkeln und bekam Bläschen auf meiner Vulva. Es war extrem unangenehm, aber ich habe auch schon viel schlimmere Geschichten über Genitalherpes gehört.

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Ich fühlte mich auch richtig schlecht wegen der Nacht. Mein Körper war ziemlich mitgenommen vom Herpes und der Pille danach. Ich bekam eine Weile meine Periode nicht. Außerdem fand ich es unheimlich, dass ich gar nicht wusste, mit wem ich Sex gehabt hatte. Wir hatten keine Nummern ausgetauscht und ich habe ihn nie wieder gesehen.

Seitdem hat sich mein Verhältnis zu Alkohol geändert. Ich will nicht mehr in einen Zustand kommen, in dem ich keine echte Kontrolle mehr über mich habe. Außerdem habe ich angefangen, mir mehr Gedanken über Safer Sex zu machen.

Herpes ist eine dieser Geschlechtskrankheiten, die du dein Leben lang mit dir rumschleppst. Es gibt kein Mittel dagegen. Zum Glück ist es nicht immer ansteckend. Ich muss also nicht für immer Kondome benutzen. Aber wenn mein Immunsystem angeschlagen ist, kann der Herpes wieder auftauchen.

Letztens habe ich einen süßen Typen kennengelernt. Danach schmerzte meine Vulva etwas und ich bekam sofort Panik. Zum Glück war es kein Herpes. Aber die Vorstellung, meine Sexualpartner potenziell mit etwas anzustecken, das sie für immer mit sich rumtragen werden, ist einfach sehr unangenehm.

Seit dieser Erfahrung gehe ich auch bewusster mit meiner sexuellen Gesundheit um. Ich nehme sie ernst und lasse mich regelmäßig testen. Außerdem spreche ich offen mit meinen Freundinnen und Sexualpartnern darüber." – Elisabeth, 24

Piet: "Als ich zum Klo bin, um nachzuschauen, war meine Unterhose voll mit gelbem Zeug"

"Aktuell habe ich Filzläuse. Es juckt höllisch und ich kratze mich ständig. Vor zwei Wochen etwa habe ich da unten etwas entdeckt. Etwas, das sich bewegt. Ich habe es mir von der Haut gezupft und näher angeschaut. "Was zur Hölle?", dachte ich mir nur. "Das ist eine verdammte Laus!" Widerlich.

Ich habe keine Ahnung, wo ich mir die eingefangen habe. Ungeschützten Sex hatte ich mit einigen Leuten. Ich habe auch generell schon einige Erfahrungen mit Geschlechtskrankheiten. Neben den Filzläusen hatte ich einmal Chlamydien und zweimal Tripper, also Gonorrhö.

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Vor zwei Jahren spürte ich während der Arbeit etwas Klebriges in meiner Unterhose. Als ich zum Klo bin, um nachzuschauen, war meine Unterhose voll mit gelbem Zeug. Ich hatte Gonorrhö und musste Antibiotika nehmen. Richtig beschissen.

Danach sagte ich zu mir selbst: "Ich werde jetzt nur noch geschützten Sex haben, mein Körper ist ein Tempel." Ein paar Wochen später habe ich dann wieder ohne Kondom gevögelt.

Ein Jahr später war ich im Urlaub und fühlte mich grippig. Ich saß auf meinem Bett und sah Eiter aus meinem Schwanz kommen. Ein Arzt gab mir eine Injektion in den Hintern. Ich wurde super krank und schwor mir, ab jetzt wirklich keinen ungeschützten Sex mehr zu haben. Aber selbst nach dem Erlebnis vergaß ich meine guten Vorsätze schnell wieder.

Wenn du eine Geschlechtskrankheit hast, solltest du deinen Sexualpartner informieren. Ich tue das nicht. Ich weiß, dass das schlimm ist, aber es ist mir einfach zu peinlich. Mein Umgang mit meinem Körper ist fahrlässig und dumm. Mein Körper ist ein Tempel der Verdammnis, wenn du so willst. Rational gesehen weiß ich, dass geschützter Sex superwichtig ist, aber ich kriege es einfach nicht hin. Wenn ich ehrlich bin, ist der Grund dafür, dass ich ohne Kondom einfach geiler werde. Ja, es ist bescheuert" – Piet, 32

Mimi: "Der Test war positiv, für meine Vagina und für mein Nippelpiercing"

"Ende 2022 bekam ich eine Nachricht von einem Typen, mit dem ich geschlafen hatte. Er habe nach unserem Sex Gonorrhö bekommen und ich solle mich testen lassen. Als die Ärztin mir das Ergebnis mitteilte, sagte sie: "Sie sind positiv, sowohl für Gonorrhö als auch Chlamydien." Ich war schockiert. Ich hatte bis dahin nicht gewusst, dass man zwei Geschlechtskrankheiten gleichzeitig haben konnte. Und warum hatte der Typ nur eine und ich zwei?

Die letzte Person, mit der ich vor ihm Sex hatte, war mein Ex. Wir hatten Schluss gemacht, weil er mit einer anderen rumgemacht hatte. Er hatte mir noch gesagt, dass er keinen Sex mit ihr gehabt hatte. Aber die Geschlechtskrankheit konnte nur von ihm kommen, weil ich sonst mit niemandem geschlafen hatte. Erwischt!

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Nach der Trennung hatte ich noch mal Sex mit ihm und schickte ihm eine Nachricht, um ihn wegen meiner Infektionen zu warnen. Sein Test auf Chlamydien war positiv. Ich hatte mir also zwei verschiedene Geschlechtskrankheiten von zwei verschiedenen Typen eingefangen.

Körperlich war es nicht allzu schlimm. Abgesehen von meinem Nippelpiercing, das wirklich heftig entzündet war. Es tat so weh, dass ich mich nicht nach vorne beugen konnte. Also hat die Ärztin auch dort einen Abstrich gemacht. Wie sich herausstellte, war der Test für meine Vagina und mein Nippelpiercing positiv.

Gegen die Chlamydien bekam ich Pillen, von denen mir schlecht wurde. Ich hatte sie auf leeren Magen genommen. Gegen Gonorrhö bekam ich eine Spritze in die Pobacke. Außer einem kleinen Muskelkater war da aber alles gut.

Seitdem benutze ich meistens Kondome mit Menschen, die ich nicht kenne. Das hatte ich bis dahin nicht gemacht. Zum Glück kann ich heute über die ganze Geschichte lachen." – Mimi, 20

Dauphine: "Hätte ich nicht noch mal nachgefragt, würde ich vielleicht heute noch mit Chlamydien rumlaufen"

"Meine Story ist ein bisschen kompliziert. Im Sommer 2020 machte ich mit meinem Freund Schluss, meinem ersten Freund überhaupt. Ein paar Monate später hatte ich eine kurze Beziehung mit Rik. Das waren die einzigen beiden Typen, mit denen ich bis dahin geschlafen hatte. Dann lernte ich auf Tinder Bas kennen. Mit ihm hatte ich meinen ersten One-Night-Stand. Später schickte er mir eine Nachricht, dass ich mich auf Geschlechtskrankheiten testen lassen sollte. Er habe Symptome.

Das war doch einfach unmöglich. Ich hatte zwei monogame Beziehungen gehabt und nur einmal Gelegenheitssex – und jetzt das? In Panik bin ich zu meiner Hausärztin.

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Das Testergebnis war negativ. Ich war erleichtert, aber hatte auch ein komisches Bauchgefühl. Also rief ich noch mal bei meiner Hausärztin an. "Oh, ihr Urintest ist noch gar nicht zurück", sagte sie. Wie sich herausstellte, hatten sie einen Fehler gemacht.

Am nächsten Morgen kam der Anruf: Ich hatte Chlamydien. Hätte ich nicht noch mal nachgefragt, würde ich vielleicht heute noch damit rumlaufen – inklusive der Konsequenzen [Anm. d. Red.: langfristig können Chlamydien u. a. zu Unfruchtbarkeit führen]. 

Ich weiß immer noch nicht, von wem ich die Geschlechtskrankheit habe, aber ich finde, ich habe das Recht, es zu erfahren. Auch wenn die ganze Sache mit zwei Tabletten erledigt war, fand ich es unangenehm und umständlich. Seitdem lasse ich mich regelmäßig testen. Und das rate ich auch allen anderen: Lasst euch testen, auch wenn ihr nur wenige Sexualpartner hattet." – Dauphine, 26

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