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So denkt ein Pyrofan über das zweite Silvester mit Böllerverbot

"Wir sind vor allem enttäuscht von der neuen Regierung", Benedikt, Böllerfan.
Feuerwerkskörper vor einem Feuerwerk, das das Wort Nein bildet. Der Verkauf von Silvesterfeuerwerk ist auch 2021 verboten. Im Interview erzählt ein Mann, welche Schwierigkeiten das mit sich bringt, warum er von der FDP enttäuscht ist und wie er Silvester
Benedikts Arsenal, doch der Staat sagt Nein | Collage: VICE || Foto vorne: Privat || Foto im Hintergrund: IMAGO / Christian Ohde

Als das Böllerverkaufsverbot 2020 kam, hatte Benedikt schon 1000 Euro für Feuerwerk ausgegeben. Sowieso betraf es ihn nicht, weil er eine Sondererlaubnis besitzt, die es ihm erlaubt, das Verbot zu ignorieren. Das Silvester wie er es feiern wollte, war trotzdem gestorben. Wir haben damals mit ihm gesprochen.

Er hoffte letztes Jahr noch, dass es dieses Jahr besser würde. Und dann kam es doch wieder genauso. Die Corona-Richtlinien verbieten wieder größere Menschenansammlungen, der Verkauf ist an Menschen ohne Sondererlaubnis nicht erlaubt und auch auf größeren Plätzen darf man vielerorts nicht böllern

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Wir haben Benedikt also wieder gefragt, wie er mit all dem umgeht.


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VICE: Wie ungeil ist es für dich, dass Feuerwerk auch dieses Jahr verboten ist?
Benedikt:
Mich betrifft es ja zum Glück nicht so richtig. Ich habe eine Erlaubnis, Feuerwerk zu kaufen – Verboten ist ja nur die Abgabe in Deutschland. Trotzdem halte ich mich zurück, einfach weil ich mir den Stress ersparen will.

Welchen Stress?
Wenn ich jetzt ganz normal auf der Straße Feuerwerk machen würde, hätte ich sehr bald mindestens zwei ältere Herren da, die mir erklären wollen, dass ich das nicht dürfe. 

Ist das letztes Jahr passiert?
Ich bin letztes Jahr extra rausgefahren zu einem Schießstand, der ein wenig außerhalb liegt. Der Förster war da. Ich habe ihn gefragt, ob es für ihn OK ist, wenn ich mein Zeug knalle. Er meinte "klar" und fuhr weg. Nach einer Stunde standen dann plötzlich Leute da, die mindestens einen Kilometer entfernt wohnten und meinten in aggressivem Ton, das Knallen störe ihre Tiere. Ich stand vor einem Schießstand!

Aber du durftest es doch?
Das haben die dann nicht verstanden. Ich habe extra bei der Polizei direkt nachgefragt, was ich jetzt wo abfeuern kann, und die Person, mit der ich gesprochen habe, wusste nicht, dass ich es überhaupt darf. Da ist also auch keine Hilfe zu erwarten, die meisten haben keine Ahnung.

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Mit dem regulären Streifenpolizist willst du ja nicht diskutieren müssen, wenn du auf der Straße zündest.
Wobei, wenn ich denen meine Erlaubnis zeige, verstehen die schnell, dass ich womöglich mehr im Thema bin als sie und geben nach.

Man könnte doch nach Polen fahren und sich da mit Feuerwerk eindecken oder?
Wenn man sich an die deutschen Gesetze hält, also nur zugelassenes Feuerwerk kauft, dann ist das in Ordnung. Ich habe schon von mehreren Leuten gehört, dass sie fünf Stunden nach Polen fahren und sich dann da noch mal acht Stunden in die Schlange stellen, um genau das zu tun.

Was macht das denn jetzt mit der Branche, dass schon zum zweiten Mal die Einnahmen wegbrechen?
Ich war bis letztes Jahr in so einer Art Ausbildung bei einem Pyrotechniker. Der hat dieses Jahr aufgegeben. Jetzt bin ich bei einem größeren Unternehmen. Das geht wohl noch, weil Leute wie ich weiterhin einkaufen dürfen. Aber wir machen uns natürlich Sorgen, dass das Silvesterfeuerwerk jetzt womöglich für immer verboten wird. Die Grünen haben ja schon vorgeschlagen, dass jede Kommune das für sich entscheiden können soll.

Seid ihr da in der Branche nicht auch wütend?
Wir sind vor allem enttäuscht von der neuen Regierung. Gerade von der FDP hatten wir uns mehr erhofft. Die hatten viele genau deswegen gewählt. Es herrscht auch Unverständnis, denn in den deutschen Nachbarländern, mit Ausnahme der Niederlande, ist es ja weiterhin erlaubt. Dann finde ich, dass die Politik sich auch nicht ganz fair verhalten hat.

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Inwiefern?
Erst einmal hat sie sich ewig Zeit gelassen, bis sie gesagt hat, dass Klagen gegen das Verbot überhaupt möglich sind. So haben unterschiedliche Vereine und Händler wie Pyroland in Eilanträgen Klage eingereicht. Die wurden dann aber alle abgewiesen. Wenn also auch die Justiz blockiert: Auf wen kann man sich dann noch verlassen?

In diesem Jahr ist das Argument ja wieder, dass Krankenhäuser entlastet werden sollen. Da ist doch was dran.
Die Branche hat sich natürlich gewappnet für solche Argumente, die erst einmal gut klingen. Nun gibt es aber eine Studie aus Bayern, die zeigt, dass es im Jahr 19/20 nur 25 Personen im ganzen Bundesland waren, die wegen Feuerwerksverletzungen ins Krankenhaus kamen. In München war es nur eine Person. 

Aber es gibt ja noch jede Menge anderer Argumente gegen Feuerwerk: den Müll, den Lärm, die Umweltverschmutzung. 
Darüber haben wir doch ziemlich genau vor einem Jahr schon gesprochen. Dazu haben die Vereine wie der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V., Der Feuerwerk Club und der Verband der Pyrotechnischen Industrie Fakten zusammengetragen, die die Argumente der Feuerwerksgegner widerlegen. Kann man alles nachlesen. Die meisten Unfälle an Silvester entstehen etwa durch übermäßigen Alkoholkonsum.

Aber du kannst den Leuten ja auch schlecht verbieten, an Silvester zu trinken.
Ja, da ist wahrscheinlich auch die Lobby stärker.

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Und Alkohol gehört für viele eher zu Silvester als Feuerwerk.
Aber auch Feuerwerk ist für viele wichtig. Der Feuerwerk Club hat eine Umfrage bei der Forsa in Auftrag gegeben, bei der herauskam, dass ein Großteil, 80 Prozent, gegen ein Verbot ist. Und das ist ja auch nachvollziehbar.

Warum?
Weil es Menschen verbindet. Man hat einen Grund, um Mitternacht vor die Tür zu gehen, alle haben etwas zu tun und etwas zu gucken. Denn Feuerwerk ist einfach schön. Man sieht seine Nachbarn, die man gerade jetzt während Corona vielleicht länger nicht gesehen hat und man fühlt sich einfach verbunden, weil alle zur selben Zeit das gleiche tun.

Wenn man einfach ein großes Feuerwerk machen würde, professionell organisiert für alle?
Ich denke, wenn eine riesige Menschenmenge an einem Ort zusammenkommt, trinkt und feiert, gibt es mehr Verletzungen, als wenn alle auf der Straße ihre Raketen in die Luft schießen. Vom Infektionsrisiko ganz zu schweigen.

Und wie feierst du nun dieses Jahr?
Ich werde wohl wieder auf die Felder gehen. Ich habe mir dieses Jahr einige Sachen gekauft, die ich gern sehen möchte. Und dann hoffe ich, dass ich keinen Ärger kriege.

Robert ist zwar nicht der größte Böller-Fan, der Knaller ist er trotzdem. Auf Twitter und Instagram entschuldigt er sich gerne für den dummen Witz. Folgt VICE auf Facebook, Instagram, YouTube und Snapchat.