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Blut, Scheiße, Erniedrigung: Wie eFukt seit 14 Jahren das Internet verstört

Wir haben mit dem Betreiber der Porno-Schocker-Seite eFukt über Einvernehmen, Moral und deren Grenzen gesprochen.
Ein Screenshot des "1 Guy 1 Cup"-Videos, in dem ein Mann sch ein Glas in den Anus schiebt, mit dem die Seite eFukt berühmt wurde. Seit 2006 veröffentlicht die Seite verstörende Pornovideos.
Screenshot: eFukt.com

2006 war ein besonderes Jahr für das Internet. Der erste Tweet wurde getweetet, Google kaufte YouTube, Facebook enthüllte seinen Newsfeed und am 1. April ging irgendwo, fernab vom Silicon Valley die Seite eFukt online.

Der Launch-Termin hätte nicht passender sein können. Schließlich ging es bei eFukt von Anfang an darum, Leute zu überraschen und zu schockieren. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Eine kleine Auswahl, aktueller Videos auf der Seite: Eine Frau mit beachtlicher Kontrolle über ihren Würgereflex, schiebt sich eine gut 50 Zentimeter lange Gummiwurst in den Rachen; ein Mann leckt die Eichel seines Penis, um eine Frau zu beeindrucken, die nicht unbeeindruckter dreinschauen könnte; ein Camgirl, das mit seinem Arsch "alles einsaugen kann, was keine Geburtsurkunde hat", demonstriert genau das.

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Die von einem gewissen "Deven" gegründete Seite wurde bald zur Anlaufstelle für Porno-Fails und eklige Videos mit variierenden Mengen von Körperausscheidungen. eFukt richtete sich an die gleichen Leute, die auf Rotten.com abhingen und moralisch fragwürdige Flash-Spiele auf Newgrounds zockten. Dann, am 4. Dezember 2008, wurde eFukt über Nacht mit einem Video berühmt – und vor allem berüchtigt: "1 Guy 1 Cup." In dem Clip hockt sich ein Mann langsam auf ein Glas, das schließlich in ihm zerbricht. Blut spritzt über den Boden, als er die Scherben aus seinem Anus entfernt.

Es war der inoffizielle Nachfolger zu "2 Girls 1 Cup". Das im Januar 2007 erschienene Video von zwei Frauen, die scheinbar Fäkalien austauschen und sich dann übereinander erbrechen, sorgte weltweit für Würgereflexe. Darüber hinaus half der Clip bei der Entstehung des "Reaction-Video"-Genres. Tausende posteten auf YouTube Videos von sich oder arglosen Freundinnen und Verwandten, die das Video anschauen.


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Im Dezember 2008 war das Internet offensichtlich bereit für einen Nachschlag. "Ich erinnere mich, wie mir ein Kumpel an der Uni das Video gezeigt hat. Zuerst dachte ich, ich hätte so etwas schon gesehen, bis das Glas in dem Typen zerbrach", sagt Charlotte, ein ehemaliger eFukt-Fan. "Das Video führte dazu, dass ich mich stundenlang durch die Clips auf der Seite klickte."

Seitdem hat sich natürlich einiges getan. Websites, die zur gleichen Zeit wie eFukt den Höhepunkt ihrer Popularität erlebten, sind entweder verschwunden oder komplett überarbeitet: Rotten.com wurde 2012 zum letzten Mal aktualisiert, eBaum's World sieht heute so aus, als hätte ein Amateur-Webdesigner versucht, Buzzfeed nachzubauen, aber auf halber Strecke entnervt aufgegeben. eFukt hingegen ist immer noch da und postet die gleichen Inhalte wie eh und je.

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Heute wird eFukt von einem gewissen "Duran" geleitet. Er übernahm die Seite 2014, nachdem er Deven in einem Filmemacherforum kennengelernt hatte. "Deven und ich haben unsere eigenen Projekte gemacht, aber ziemlich viel über Filmtechniken und Theorien geredet", schreibt er in einer E-Mail. "Eines Tages entschied Deven, dass ich am besten dafür geeignet sei, den Posten des eFukt-Betreibers zu übernehmen."

Duran, der sich selbst als "wahnhaften, unsozialen Künstler" bezeichnet, "der im Internet groß geworden ist und über passable Adobe-Kenntnisse verfügt", erklärt, dass eFukt ursprünglich als "WorldStarHipHop für Weiße" konzipiert war. Auf der Seite sollte es Clips von Schlägereien und allgemeine Dummheiten geben. "Als klar war, dass es eine extrem hohe Nachfrage nach abgefahrenen Pornoclips gibt, konzentrierte sich die Seite auf virale Porno- und Humorclips", sagt Duran.

Für viele war eFukt der erste Einblick in eine Welt, in der Menschen sich beim Sex ankacken – also wortwörtlich. Damals gab es noch kein Überangebot kostenloser Pornoseiten. Xtube war ein paar Wochen vor eFukt online gegangen, Pornhub sollte erst ein gutes Jahr später folgen.

"Man sagt, dass Internet habe die Pornografie demokratisiert", sagt Clarissa Smith, Professorin für Sexualkultur an der University of Sunderland und Mitbegründerin der Fachzeitschrift Porn Studies. Diese Demokratisierung beinhaltete nicht nur, wer Pornos gucken kann, sondern auch, wer sie drehen und verbreiten kann. Im Zuge des Booms tiefschwarzen Internethumors Mitte der 2000er tauchte eine neue Welle pornografischer Inhalte auf Seiten wie 4chan, Reddit und Newgrounds auf: sogenannte "Gonzo-Pornografie".

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Im Gegensatz zu den teuer produzierten Studioproduktionen, die den Pornomarkt der 1990er dominierten, lieferte das Subgenre einen Platz ganz nah am Geschehen: Ein Skript gab es in der Regel nicht, das Format war ungeschönt und es fühlte sich oft mehr wie ein Ausdauertest an, mit einer stetigen Steigerung der Aggression und extremer Sexakte.

Laut Smith haben die zuständigen Kontrollinstanzen seitdem keinen Anstieg von Gewalt in begutachteten Pornofilmen festgestellt. Das liegt aber vor allem daran, dass ihnen diese Filme gar nicht erst vorgelegt werden. Sie werden direkt im Internet hochgeladen. Ohne die Einschränkungen von Behörden ist die Darstellung von Sex in den Filmen immer extremer geworden.

"BDSM-Themen sind in Pornos normaler geworden und Dinge wie Doppelpenetrationen und Gangbangs sind heute quasi allgegenwärtig, früher galten sie noch als unerhört", sagt Smith.

Selbst eFukt, eine Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, abgefuckte Videos zu zeigen, bleibt davon nicht unberührt. Duran sagt, er erhalte jetzt "Kritik für Videos, die zu abgefuckt sind – fast so viele wie Beschwerden, dass die Videos nicht abgefuckt genug sind".

Nicht, dass ihm die Kritik wirklich etwas ausmachen würde. Durch das, was er auf der Seite postet, hoffe er, "die biologische und neurologische Programmierung der Zuschauer auszunutzen", wie er erklärt. Kurz gesagt: Er will die Leute mit ekligem Zeug schockieren. Duran sagt, er überlasse es seinem Publikum, selbst zu entscheiden, wo die Grenze ist: "Manchmal möchte ich Menschen zum Lachen bringen, manchmal möchte ich eine Geschichte erzählen, manchmal möchte ich einfach nur schockieren."

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Das Problem ist allerdings, dass es auf eFukt reichlich Videos gibt, die sehr offensichtliche Grenzen zu überschreiten scheinen. Die Frauen scheinen sich oft sehr unwohl zu fühlen. Dazu sehen viele Videos aus, als seien sie privat mit dem Handy gefilmt worden und nicht dazu gedacht, im Internet hochgeladen und verbreitet zu werden.

"EFukt hat keine Meinung zu irgendetwas. Es ist eine Website, keine Person", schreibt Duran, als ich ihn darauf anspreche. "Meine persönliche Meinung ist: Vergewaltigung ist verwerflich und Einvernehmen notwendig. Wenn ein Mädchen einwilligt, sich gegen Geld anspucken und schlagen zu lassen, das dann aber hasst und weint, dann ist das immer noch einvernehmlich."

Wie allerdings der aktuelle GirlsDoPorn-Fall gezeigt hat, heißt eine Zustimmung, gefilmt zu werden, noch lange nicht, dass die Person auch zustimmt, dass das Material verbreitet wird. Die GirlsDoPorn-Macher posteten Anzeigen bei Craigslist, über die sie junge Frauen rekrutierten. Diesen boten sie zwischen 2.000 und 6.000 US-Dollar, um vor der Kamera eine halbe Stunde lang Sex zu haben. Sie versprachen, dass die Aufnahmen nur von den privaten Käufern oder Videotheken im Ausland zu sehen sein werden. Am Ende dauerten die Drehs manchmal bis zu sieben Stunden, die Bezahlung lag unter dem vereinbarten Betrag und die Videos wurden über eine kostenpflichtige Seite vertrieben.

Die Macher der Seite wurden wegen Menschenhandels angeklagt. Ein Hauptbeschuldigter befindet sich in Untersuchungshaft, ein anderer ist weiterhin auf der Flucht.

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Wie bei jeder anderen kostenlosen Pornoseite auch kann es extrem schwierig sein, den einvernehmlichen harten Sex – Szenen, in denen die Darstellerin überzeugend ihr Unwohlsein spielt – von echten Übergriffen zu unterscheiden. Professorin Smith sagt: "Die Darstellenden wollen die Zuschauer davon überzeugen, dass das, was sie sehen, authentisch ist. Ich finde es deswegen schwer zu entscheiden, ob eine Szene auf eFukt einvernehmlich ist. Eine Darstellerin oder ein Darsteller soll etwas vielleicht nicht einvernehmlich aussehen lassen – je nachdem, wie talentiert die Person ist, kann das am Ende sehr echt aussehen."

Und dann ist da noch die Sache mit Revenge-Porn, also sexuell explizites Material, das ohne Einwilligung der Dargestellten verbreitet wird. Durans Antwort kommt schnell: "Ich halte mich von so etwas fern. Nichts auf eFukt ist Revenge-Porn."

Die Geschichte der Seite scheint ihm recht zu geben: Die einzigen Videos, die eFukt in seinen 14 Jahren löschen musste, hatten offenbar mit Urheberrechtsverletzungen zu tun. Die Seite wurde nie für Revenge Porn verklagt.

Was bleibt, ist der Vorwurf, dem jede Pornoseite im Internet ausgesetzt ist: eFukt hostet Videos, die verstörend auf Menschen wirken können. Natürlich ist genau das der Sinn der Seite. "Ich denke, eFukt arbeitet viel mit Elementen der Überraschung – vielleicht auch damit, an seltsame Orte geführt zu werden, ohne dabei komplett die Kontrolle über die Inhalte zu haben", sagt Smith.

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Und das war immer schon der Reiz der Seite. Die moralische Ambiguität lockt die Menschen an und bringt sie dazu, Videos mit ihren Freunden zu teilen. "Moral ist nicht echt – genau wie Humor. Sie ist zu 100 Prozent subjektiv und meinungsgebunden", sagt Duran, als ich das Thema anspreche. "Ich spiele mit den Vorstellungen von richtig und falsch, aber ich glaube nicht an diese Dualität."

Duran und alle anderen, mit denen ich über die Seite spreche, können sich allerdings auf eine Sache einigen: Auf eFukt gibt es keine Pornos, sondern lediglich eine Karikatur dessen, was aus Pornos geworden ist. Es sind die absurden Höhepunkte eines durch und durch absurden Mediums.

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