Popkultur

Herzlich Willkommen zur VICE-Version des Eurovision Song Contests

Zwölf Lieder – von rumänischem Trap über schwedischen Garage-Rock bis zu griechischem Folk: In unserer ESC-Alternative treten alle gegeneinander an.
Links der Host Oobah Butler, rechts die beiden russischen Rapper CMH und Instasamka, die in der VICE-Version des Eurovision Song Contest an den Start gehen

2014 bezeichnete ein russischer Politiker den Eurovision Song Contest wegen der Teilnahme von Conchita Wurst abfällig als "Schwulenparade". Dabei war die Teilnahme und letztendlich auch der Sieg von Wurst die beste Werbung für den besten Musikwettbewerb der Welt. Leider musste der Wettbewerb wegen der Coronavirus-Pandemie dieses Jahr abgesagt werden. Aber keine Angst: Wir haben die vergangenen Wochen damit verbracht, sowohl das Internet als auch das rumänische TikTok-Universum zu durchforsten, um für euch eine eigene Song-Competition auf die Beine zu stellen.

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Wir wollen den derzeit besten Song Europas finden. Unsere Jury: ihr! Also schnappt euch ein Bier, dreht die Lautstärke auf und macht Platz zum Tanzen. Es wird unterhaltsam und weird!

Hier haben wir zwölf Beiträge aus ganz Europa aufgelistet. Hört euch einmal durch und gebt hier oder ganz unten eine Stimme für euren Favoriten ab. Aber denkt daran: Für euer eigenes Land dürft ihr, wie beim echten ESC, nicht voten:

Den Gewinner verkünden wir am Donnerstag, den 11. Juni, um 21 Uhr live bei facebook.com/vice.

ITALIEN

M¥SS KETA ist der gerade der am hellsten funkelnde Stern am italienischen Pop-Himmel. Wegen ihrer Maske könnte man die Sängerin auch als Ein-Frau-Slipknot bezeichnen. Ansonsten hat sie nichts mit Slipknot gemeinsam, denn anstelle eines Clowns, der mit einem Baseball-Schläger auf eine Metalltonne eindrischt, gibt es bei M¥SS KETA elektronisch eingefärbte Musik, die die Spoken-Word-Vocals perfekt untermalt.

Zwar hat M¥SS KETA schon einige Hits produziert, die direkt ins Ohr gehen, aber einer davon sticht für uns besonders heraus: "Pazzeska", ein erotisch-angehauchter Kracher mit Einflüssen aus dem Nahen Osten, rap-artigen Beats und einem Musikvideo, in dem Mortadella – also die Königin aller italienischen Wurstsorten – abgefeiert wird.

NIEDERLANDE

Wir behaupten hier einfach mal, dass Joost der beste 22-jährige Typ aus Leeuwarden ist, der von YouTube zur Musik gekommen ist. Der wandelnde Bühnenzerstörer wollte diesen Sommer eigentlich auf mehreren Festivals in den Niederlanden und in Belgien spielen, aber das Coronavirus hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Na ja, dann wird er eben erst nächstes Jahr einer der bekanntesten Künstler des Landes.

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Vor der Pandemie hat Joost eine Hymne für den Sommer geschrieben: "Summervibes 2019". Die hören wir uns jetzt einfach an und träumen davon, was hätte sein können.

GROSSBRITANNIEN

Für Großbritannien gehen Pete & Bas an den Start, das wohl älteste Grime-Duo der Welt. Die beiden Rentner aus dem Süden Londons sehen so aus, als ob sie in ihrer Jugend anderen Leuten die Zähne mit Ziegelsteinen ausgeschlagen hätten. Es passt also, dass sie für einige der härtesten Rap-Tracks verantwortlich sind, die es in den letzten Jahren auf YouTube zu sehen gab.

In ihrem Lied für unseren Wettbewerb geht es darum, wie die beiden früher in einem zerbeulten Peugeot durch die Gegend fuhren, jetzt dank ihrer hart verdienten Kohle aber in Range Rovers sitzen.

SPANIEN

Dass Virgen María immer komplett nackt auftritt, ist längst kein Geheimnis mehr. Dabei kann die Avantgarde-Musikerin doch noch viel mehr: Bei ihren Shows legt sie ihre Schüchternheit und Angst komplett ab und verwandelt sich in eine kompromisslose Künstlerin, die komplizierte Yoga-Stellungen einnimmt, an der Stange tanzt und dabei noch ihre einzigartige Mischung aus Elektro-, Reggaeton- und Hardcore-Klängen auflegt. Klingt ziemlich wirr, ergibt aber ein sinnvolles Ganzes.

"Lit" – der Song, den wir für diesen Contest ausgewählt haben – wird garantiert auch in dir den Wunsch aufkommen lassen, in der Öffentlichkeit alle Hüllen fallen zu lassen.

BELGIEN

Charlotte Adigéry's "Paténipat" ist jetzt schon ein Dance-Klassiker. Die kreolische Eselsbrücke, auf der der Song basiert, bedeutet übersetzt so viel wie "Der Gecko hatte keine Beine". Genauso wie der beinlose Gecko wurde auch die belgische Club-Szene umgehauen, als "Paténipat" 2018 auf dem Label Soulwax rauskam.

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Das Lied hat alles, was man sich von einem Dance-Kracher nur wünschen kann: ein solider Beat, hypnotische Wiederholungen und Lyrics, die alle mitsingen können (wenn man Haitianisch spricht).

ÖSTERREICH

Mal politische Ansagen, mal Liebeslieder aus queerer, postmigrantischer Perspektive: Die Rapperin Ebow gibt marginalisierten Menschen eine Stimme und produziert gleichzeitig die freshesten Tracks für warme Sommerabende, durchzechte Nächte in HipHop-Clubs und antirassistische Demos.

Ihr wohl wichtigster Track ist "K4L", sie rappt darin über den Zorn, der in ihr steckt – und über den Zorn ihrer Oma, ihrer Mama, ihrer Tanten. Derzeit arbeitet Ebow an einer neuen EP. Wenn die so gut wird wie ihre letzte, ist die musikalische Begleitung für diesen Sommer gesichert – Corona-Lockdown hin oder her.

DEUTSCHLAND

Wir sind fast ein bisschen spät dran, denn die Alli Neumann hat Deutschland schon fest im Griff – spätestens seit sie mit Trettmann & Kitschkrieg zusammen "Zeit steht" gesungen hat. Allis Song "Monster" klingt ein bisschen so wie Falco Anfang der 90er, genauso selbstbewusst, nur blonder. Das, was sie macht, ist Leben in Form von Beats: ehrlich, schön, ein bisschen rauchig.

RUMÄNIEN

BRUJA hat sich in der rumänischen Trap-Szene bereits einen "No Bullshit"-Ruf erarbeitet. Ihr Song "IA LOC" untermauert das eindrucksvoll. In dem Lied geht es darum, alle Hater auszublenden und darum zu kämpfen, was dir im Leben wichtig ist – egal, ob du deinen künstlerischen Aspirationen folgen willst oder ein paar Typen zusammenhauen musst, weil sie deinem Freund blöd gekommen sind.

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FRANKREICH

Du hast wahrscheinlich noch nie etwas vom französischen Musikgenre "Pool Rap" gehört. Ist gar nicht schlimm, denn Lala &ce hat das Ganze sowieso komplett umgekrempelt. Ihr erstes offizielles Mixtape – Le Son d’après aus dem Jahr 2019 – ist vollgepackt mit entspannten Tracks für unentspannte Zeiten, aufgenommen von einer jungen Frau, die in ihrer eigenen, sinnlichen Sprache andere Frauen besingt.

SCHWEDEN

Åsa Söderqvist alias ShitKid ist der derzeit angesagteste Anti-Popstar Schwedens. Mit dem versteinerten Gesichtsausdruck eines Teenage-Terminators hält sie ihre Gitarre wie ein Maschinengewehr und ihr Maschinengewehr wie eine Gitarre. "What have we done with the romance?", fragt sie mit ihrer todernsten Stimme, begleitet von wummerndem Garage-Rock. Hoffen wir mal, dass das eine rhetorische Frage ist.

GRIECHENLAND

Als Smaragda Alexandri alias Sma Rag Da in die Pubertät kam, konnte sie bereits mehrere Instrumente spielen – darunter Schlagzeug und Klavier. Außerdem kannte sie sich mit europäischer und byzantinischer Musik schon bestens aus. Deshalb neigt Alexandri auch dazu, Genregrenzen einzureißen und einfach ihr eigenes Ding zu machen.

Bei ihrem Song "Tsopanakos Imouna" schmückt sie ein traditionelles griechisches Lied mit ihren modernen Einflüssen aus. Und wenn du das dazugehörige Musikvideo gesehen hast, willst du sofort in die Berge von Epirus im Nordwesten Griechenlands reisen.

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RUSSLAND

Dieses Zusammenspiel der jungen russischen Rapper CMH und Instasamka hat seit der Veröffentlichung im Februar schon über zwei Millionen YouTube-Views angesammelt. Das ist auch kein Wunder, denn "AУЕ" ist ein knallender Rap-Pop-Hybrid mit Biss. CMH und Instasamka laufen zur Höchstform auf, hüpfen in einer Gefängniszelle hin und her und und rappen davon, was für Gangster sie sind, dass sie im Knast sitzen, und wie sie nach ihre Freilassung weiter Gangster sein werden. Im Grunde ist das Ganze wie Die Antwoord, bloß mit einem russischen Twist.

Votet jetzt für euren Favoriten. Die Abstimmung endet am Sonntag, den 31. Mai, um Mitternacht.

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