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Einer der Stars von „10 Dinge, die ich an Dir hasse“ hat eine Religion gegründet

Andrew Keegan hat eine New-Age-Kirche im kalifornischen Venice Beach eröffnet. Wir haben ihn besucht.

Alle Fotos: Amir Magal

Im Herzen von Venice Beach, Kalifornien, befindet sich eine Kirche—nur einen Block entfernt vom legendären Gold’s Gym Fitnessstudio und unweit der neuen Google-Büros. Das Gebäude repräsentiert die vielschichtige Religionsgeschichte dieser Nachbarschaft—früher einmal beherbergte es eine protestantische Gemeinde, bevor es in einen Hare Krishna-Tempel umgewandelt wurde und dann die Heimat eines New Age-Ablegers von christlichen Fundamentalisten wurde. Im Mai diesen Jahres ging das Grundstück dann in die Hände eines ganz besonderen Besitzers über. Der Hollywoodschauspieler Andrew Keegan—am bekanntesten für seine Rolle in dem 90er Jahre Streifen 10 Dinge, die ich an Dir hasse—mietete das Gebäude, um dort einen New Age-Tempel zu errichten und Raum für seine spirituelle Vereinigung namens Full Circle zu schaffen. Die Kirche verzeichnet eine steigende Anzahl an Mitgliedern, von denen einige ihr ganzes Leben dieser Gemeinde gewidmet haben.

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Videos: Brett Mazurek

Als ich die Kirche besuchte, wurde ich an der Tür von einem Mann begrüßt, der sich selber als Third Eye vorstellte. Er machte mich schnell mit Krishna bekannt, einem sprechenden Riesenpapagei—seines Zeichens das Haustier der Kommune. Third Eye erklärte mir, dass er Teil des „inneren Kreises“ sei, der aus acht Kernmitgliedern besteht, die alle dem Gründer Andrew Keegan unterstehen. Alle Mitglieder sind „erleuchtet“ und haben sich zusammengetan, um einen Wechsel zu bewirken. Auch wenn sie alle relativ gleichberechtigt miteinander arbeiten, ist Keegan der offizielle Anführer, der laut Third Eye „bei allen Dingen das letzte Wort“ hat.

Ich traf dann die anderen Mitglieder des inneren Kreises, die fest davon überzeugt waren, dass ich durch einen „Vortex“ hierhergeführt wurde, den Keegan durch seine Energie geschaffen hatte (das ist jetzt nicht unbedingt hundertprozentig korrekt). Ein weiteres Gruppenmitglied namens Stav stellte sich mir vor und gab an, mit Heath Ledger—Keegans 10 Dinge, die ich an Dir hasse Co-Star—in Perth, Australien, aufgewachsen zu sein. Ihm war es offensichtlich besonders wichtig, mir von dieser Verbindung zu berichten, während er dazu noch die Namen von berühmten Surfern, Victoria’s-Secret-Models, Sportstars und anderen Hollywood-Berühmtheiten runter ratterte, mit denen er ebenfalls „total dicke“ ist. Stav ist auch Mitglied des inneren Kreises und schämt sich offensichtlich nicht für seine Promi-Verehrung.

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Sie beschrieben ihre Bewegung als „erweiterten Spiritualismus“ oder den „höchsten, auf universalem Wissen basierenden Spiritualismus“. Als ich nachfragte, was genau das eigentlich bedeuten soll, erzählte Third Eye etwas von kosmischer Energie und Ayahuasca.

Später lud mich Third Eye dazu ein, einem besonderen Abend voller Musik in der Kirche beizuwohnen. Dort lernte ich auch Keegan und seine Freundin Leah kennen. Sie umarmte mich, während mir Keegan einen komplizierten Bro-Handschlag gab und mich dann an sich drückte. Es schienen alle Leute aus Venice Beach, die auch beim Burning Man-Festival waren, hier zusammengekommen zu sein und dabei ihre von der Wüste inspirierten Herr der Ringe-Klamotten zu tragen. Alle waren wegen dem New Age-Musiker Nahko Barker gekommen, aber der schaffte es leider nicht. Stattdessen wurden lokale Künstler gefragt, ob sie auftreten und Lieder über das Zerschneiden von Kreditkarten und das Bezahlen von Rechnungen mit Mantras zu singen. Das war nur eine der vielen Veranstaltungen, die Keegan in dieser Woche ausrichtete—die Palette reichte dabei von Konzerten und politischen Zusammenkünften von New Age-Selbsthilfegurus über Sit-Ins, bis hin zu Workshops zum Thema Darmspülung.

Wir gingen nach draußen, damit Keegan und Leah eine rauchen konnten. Dabei erzählten sie mir von ihrem Ziel: Jeder Mensch sollte dazu ermutigt werden, festgelegte Grenzen zu überschreiten und sein wahres Ich auszuleben. Der Schauspieler trug einen Pork Pie-Hut und einen indischen Schal, seine Freundin war in einen Kimono aus weißer Seide gehüllt.

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„Synchronität. Zeit. Darum geht es. Die Vergangenheit, irgend ein anderer Zeitpunkt … egal. Es ist ein Kreis, in dessen Mitte befindet sich das Jetzt. Darum geht es“, erklärte Keegan im Bezug auf Full Circle, den Namen der Kirche.

Ein paar Wochen später traf ich mich mit Keegan nach einem seiner Sonntagsgottesdienste. Bei der Meditation wurden Wasserkristalle eingesetzt, mit denen Teilnehmer ihre Energie bündelten, um den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu beenden. „Wir sind uns der Veränderung des Geistes und des Herzens wirklich sehr bewusst und jeder ist Teil dieser Liebesagenda“, erzählte mir Keegan nach der Zeremonie. „Wir wissen wissenschaftlich, spirituell und emotional gesehen, wie das alles funktioniert. Die Kristalle und unsere Herzen besitzen eine Macht—da ist eine Harmonisierung und eine Reaktion … das Ganze wird durch das Wasser übertragen.“

Wie bei vielen religiösen Bekehrten war auch bei Keegan ein traumatisches Erlebnis der Auslöser für seine spirituelle Wandlung. Der Schauspieler sagte, dass ihm am 11. März 2011 zum ersten Mal die Augen geöffnet wurden, nachdem er und zwei Freunde angeblich in Venice Beach von Gang-Mitgliedern angegriffen wurden. Sein Manager wurde mit einer Waffe bedroht und nach einer ausgewachsenen Schlägerei musste Keegan im Krankenhaus genäht werden. „Die Bedeutsamkeit des Ganzen liegt darin, dass es zur gleichen Zeit wie der Tsunami in Japan passiert ist“, sagte Keegan. Danach brachte er diesen Zwischenfall noch mit einigen weiteren außergewöhnlichen Begebenheiten in Verbindung. Er glaubt, dass diese eine große Rolle dabei spielten, als „Synchronität“ ihn seine wahre Berufung erkennen ließ.

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„Einmal habe ich eine Straßenlampe angeschaut und die ist dann explodiert. Das war ein komischer Zufall“, sagte er. „Bei einem Gottesdienst befand sich ein herzförmiger Rosenquarz-Kristall auf dem Altar und das Ganze geschah gleichzeitig. Das ist eine lange Geschichte, aber im Grunde ist der Kristall vom Altar gerollt und vor der Kamera gelandet. Das war echt verrückt.“ Keegan erklärte, dass das einige der Zwischenfälle waren, die ihm zu dem Schluss gebracht haben, dass „die Mission folgende ist: Die Geschichte darf keinen Krieg mehr enthalten, was an sich Frieden ist—aktivierter Frieden.“

Obwohl Third Eye und die anderen Mitglieder Keegan als Visionär und Anführer ansehen, ist die Gemeinde laut dem Schauspieler kein Kult. „Wenn wir zusammen sind, dann kann ich ganz ungezwungen reden. Wir schaffen in der Gruppe eine Resonanz aus Balance und Gleichheit“, erklärte Keegan. „Wenn du spürst, wie die Chakren miteinander harmonieren, dann werden automatisch Botschaften übermittelt. In diesem Prozess darf es keine spirituellen Egos geben.“ Seine Gefolgschaft bestätigt, dass jedem Kernmitglied in der Gemeinde „viel kreativer Spielraum“ gegeben wird, der Star bei den Entscheidungen jedoch immer das letzte Wort hat.

Keegans veränderte Ambitionen—von Berühmtheit zur Spiritualität—zeigen, wie die Promi-Kultur einer Religion gar nicht so unähnlich ist. Hollywood ist eine Industrie, in der sich alles um das Erschaffen von Gottheiten dreht—Akteure, die sowohl verehrt als auch verachtet werden. So wird dann Geld verdient und nach diesem Muster ist bisher auch jede Religion dieser Welt vorgegangen. Prominente verzaubern uns mit dem Heiligenschein-Leuchten ihrer Instagram-Accounts, sei es nun Kim Kardashians neuestes „Belfie“ oder das platonische Familienideal, das uns von Brangelina vorgelebt wird. Wenn sich Kanye West selbst als „Gott“ bezeichnet, dann hat das eine tiefere Bedeutung, denn in der modernen Welt sind Berühmtheiten Gott. Die Verehrung, die High School-Mädchen Keegan in seinen jüngeren Jahren entgegenbrachten, ist ganz offensichtlich eine Form von Vergötterung. Und so war seine Verwandlung vom Teenie-Schwarm zum spirituellen Guru keine wirkliche Überraschung, man hätte eigentlich damit rechnen müssen.

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Andrew Keegan in seiner bekanntesten Rolle.

Keegan ist allerdings nicht der erste Promi, der sich im Religionsgeschäft versucht. Seit dem Anbeginn von Hollywood ist Los Angeles das Zentrum von verschiedenen neuen religiösen Bewegungen gewesen. Mit der Magie Hollywoods verhalf Aimee Semple McPherson der Pfingstbewegung zu einem Popularitätsschub—zu den Mitgliedern zählten dann Charlie Chaplin, Milton Berle und Anthony Quinn (der im Kirchenchor auch Saxophon spielte). In jüngerer Zeit sind in Hollywood zwei Religion am Aufkommen gewesen: Scientology (die Religion der A-Promis) und die Kundalini-Bewegung, die von Yogi Bhajan ins Leben gerufen wurde, in Los Angeles am größten ist und unter anderem Demi Moore und Gerard Butler zu den Anhängern zählen kann.

Berühmte religiöse Vertreter wie Tom Cruise (ein Heiliger der Scientology-Bewegung), Jim Carey und David Lynch befürworten die von Maharishi Mahesh Yogi gelehrte Transzendentale Meditation und einige andere Prominente versuchen sich ebenfalls in pseudo-spirituellem Geschwätz (wie Gwyneth Paltrows „Conscious Uncoupling“).

Andrew Keegan kann jetzt ebenfalls auf diese Liste gesetzt werden. Allerdings sind seine spirituellen Ambitionen zur Zeit in Gefahr, da das Gebäude, in dem seine Kirche beheimatet ist, am 10. August versteigert wurde und somit der Mietvertrag geändert werden könnte. Er ist sich nicht sicher, ob er sich den Verbleib in der schnell gentrifizierten Gegend von Venice Beach leisten kann. Keegans aufstrebende Bewegung steht nun seiner schwersten Prüfung gegenüber, die einen Grundsatz seiner Philosophie in Frage stellt—durch die Gedankenkraft bleibt die Welt in Bewegung.